Halloween (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Saturday, 02.11.2002, 20:20 (vor 8000 Tagen) @ Andreas S.

Hi Andreas,

ich finde, daß TeWe und UlliDo recht haben. Man muß fremde Bräuche nicht übernehmen, schon gar nicht, wenn sie aus dem dekadenten Amerika stammen. Was an Dekadenz gut oder unschädlich sein soll, weiß ich im übrigen nicht. Dekadenz ist in jedem Falle schädlich und stammt von lat. decadere = runterfallen; gemeint ist ein kultureller Absturz.

Was zum kulturellen Absturz gehört, ist doch auch Ansichtssache.
Ein Absturz kann doch auch recht belebend sein und für Erneuerung stehen, wie vieles was aus Amerika gekommen ist.

Ich kann nicht sehen, was Amerika uns Gutes gebracht haben soll. Amerika hat viele materiellen und beinahe noch mehr geistig- kulturelle Werte in Deutschland und weiten Teilen der Welt zerstört und strebt die uneingeschränkte Hegemonie über die ganze Erde an. Staaten und Kulturen, die sich gegen diese Tendenzen zur Wehr setzen und ihre eigenen Traditionen und Werte aktiv verteidigen (Irak, Iran, Nordkorea, früher auch Rußland), werden kurzerhand zu "Mächten des Bösen" erklärt, die es zu vernichten gilt, um auch dort ein Regime einzusetzen, das Amerika willfährig ist und die eigene Kultur (der heute Irak ist die Wiege menschlicher Kultur überhaupt) zugunsten der amerikanischen (Un-)"Werte" zu demontieren. Die große indische Schriftstellerin Arundhati Roy schrieb in diesem Zusammenhange von der "McDonaldisierung der Weltkultur". Um zum Thema dieses Forums zurückzukommen: Es wurden schon viele Beiträge über die bei uns in Deutschland (noch) unvorstellbare Barfußfeindlichkeit in Amerika geschrieben (wobei ich freilich zugestehe, daß es auch in Amerika in dieser wie in anderen Fragen einsichtige Menschen gibt, die aber jeweils eine verschwindend geringe Minderheit bilden, wie Perlen im Misthaufen).

Deine Meinung zum Karneval teile ich ebenfalls nicht. Du stammst halt von der Wesermündung, wo ich um nichts in der Welt leben möchte, weil die Menschen dort seit jeher ein saures, mürrisches, verstocktes und verschlossenes Gemüt haben.

Wieder ein Vorurteil. Vielleicht ist der Humor "englischer" (huch, schon wieder was englisches, bitte um Vergebung)und nicht so platt.
Jedenfalls brauchen wir nicht zu jedem Witz einen Tusch, damit wir wissen, wann wir lachen müssen.
Deshalb ist der Karneval Dir ja auch fremd, zumal er wirklich nicht in Eure Gegend paßt. Bei uns im Rheinland wird seit jeher Karneval gefeiert, und ich meine, daß es kein spießiges, sondern im Gegenteil ein sehr spaßiges, fröhliches und auch närrisches Fest ist, wo fünfe grade sind und alles kunterbunt und fröhlich, eben närrisch zugeht.
Diese kunterbunte, närrische usw. wird dann auch in fremde Länder und Urlaubsziele importiert und trägt so zum schlechten Ruf der deutschen Urlauber bei.
Diese Narren habe ich schon oft am Flughafen in Düsseldorf erleben müssen. Das Verhalten der Narren dort sprach Bände.
Für mich als Rheinländer gehört es zum heimischen Brauchtum, und daran möchte ich gern festhalten. Mit importierten Festen wie Halloween kann ich nichts anfangen.
Da wir mürrisch und verstockt sind, kommen wir eben nicht auf eigene Ideen und importieren alles.
Daher auch die hanseatische Weltoffenheit, die allerdings abnimmt, je weiter man in südlichere Gefilde vorstößt und am Weißwurstäquator ganz endet.

Nun ja, mein letztes Posting fiel ein wenig schroff aus, aber wenn es um den Sinn und Zweck des närrischen Treibens als solches geht, versteht ein Rheinländer keinen Spaß und reagiert entsprechend temperamentvoll! Daß mir das "hanseatische Gemüt" mit dem "englischen" Humor mir ziemlich fremd vorkommt, hängt unter anderem auch damit zusammen, daß der Westen und Süden Deutschlands ältere kulturelle Traditionen haben, die auf römische Ursprünge zurückgehen und dem Norden fehlen, und auch später anders als der Norden Deutschlands vor allem aus Frankreich und Italien kulturelle Impulse empfangen haben. Mir kamen die Menschen im Norden immer sehr unterkühlt und verschlossen vor und ich war stets froh, wenn ich von dort aus wieder die Heimreise antreten konnte. In Bayern fühle ich mich dagegen sehr wohl - die bayrischen Bräuche und Traditionen sind zwar in mancherlei Hinsicht anders als die rheinischen, aber die Bayern sind in der Regel auf ihre Geschichte und ihr Brauchtum stolz und ihr oft sehr herzliches und temperamentvolles Wesen kommt mir sehr entgegen! Im Süden gefällt es mir fast ebenso gut wie in meiner Heimat!

Barfuß,
Markus U.


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