Sicht einer Trainerin (Hobby? Barfuß! 2)

Andrea @, Tuesday, 03.09.2002, 12:57 (vor 8060 Tagen)

Hallo, zusammen,
Mit einer etwa 17 jährigen Erfahrung als Trainerin in einem Hamburger Sportverein mit integ-riertem Fitnessstudio mache ich immer wieder eine Beobachtung, die mich massiv an den Kollegen anderer Studios zweifeln lässt. So gehört es in jedem guten Studio zum Einstands-paket, dass jeder Neuling erst mal gründlich untersucht und eingestuft wird. Entsprechen-dend den persönlichen Zielen und den körperlichen Gegebenheiten wie Ausdauer, Vorer-krankungen und Inharmonien einzelner Muskelregionen wird dann ein persönlicher Trai-ningsplan erstellt.
Erst vor kurzem kam eine neue Teilnehmerin zu uns, die in ihrem früheren Fitnessstudio gerne barfuß trainiert hätte, dieses aber nicht durfte. Worauf ich die Betonung legen möchte: Sie hat seit Jahren unter Aufsicht von Trainingspersonal 2-3 mal die Woche gesportet. Da sollte man eigentlich von einem rund rum gut abgestimmten Muskelaufbau und einer ent-sprechenden Bewegungsfreiheit der Gliedmaßen ausgehen. Und dann sehe ich bei der Ein-stufung das, was ich so oft feststellen muß. Auf die Füße achtet kaum einer. Welchen Trai-ner kümmert es, wenn die Kunden mit Platt-, Senk- , Spreizfüssen kommen, ein eingebro-chenes Fußgewölbe haben oder durch falsches Schuhwerk, wie diese Dame, total verküm-merte Fußmuskeln und verkürzte Sehnen haben. "Schuh drum und fertig" scheint die Devise zu sein.
So hat die erwähnte Dame nun u.a. auch ein spezielles Training zu absolvieren, dass es ihr in vielleicht 6-12 Monaten erlaubt, auch ohne ganz dicke, weiche Wollsocken auf normal har-ten Untergründen barfuß zu laufen und dabei keine Schmerzen zu haben. Da es aber für den Fußmuskelaufbau und die Sehnenstreckung keine Geräte im eigentlichen Sinne gibt, habe ich immer reichlich zu tun, die Übungen in Einzelarbeit mit den "ja es sind eigentlich schon Patienten" durchzuziehen. Anfangs ist oft nicht mehr als eine kräftige Fußmassage mit leich-ter Dehnung im Anschluß möglich. Später gegen Ende des Fußtrainings muß ich dann oft schon ganz schön gegenhalten, wenn der Fuß z.B. gekippt oder seitlich aus dem Fußgelenk gedreht wird. Meine Leute sind dann immer ganz verwundert welche Bewegungen und mit welcher Kraft auch vom Fuß aus möglich sind. Dabei ist es völlig klar, wenn man sich verge-genwärtigt auf welch unwegsamem Gelände beispielsweise barfüßige Afrikaner/innen sicher und ohne Umknicken, Bänderrisse und voller Ausdauer bewegen. - Für viele hierzulande ist das was absolut neues.
Die erwähnte Dame wird jetzt jedenfalls noch viel Arbeit mit mir vor sich haben, ist aber z. Zt. noch ganz begeistert. Ich kann nur hoffen, dass auch andere Trainer/innen hier mehr lernen und dem Thema Fuß wenigstens etwas Beachtung schenken.

Andrea

Re:spekt, Respekt

Dirk OWL, Tuesday, 03.09.2002, 19:45 (vor 8060 Tagen) @ Andrea

Hallo Andrea,

Von Dir können sich die Trainer aber eine dicke Scheibe abschneiden. Dass die meisten Leute nicht im entferntesten erahnen welche enorm wichtige Rolle unsere Füsse in unserem Leben spielen war mir schon klar, aber dass es doch viele Leute Deines Faches gibt die sich nicht dafür interessieren, stimmt mich nachdenklich.
Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass die Füsse eine tragende Rolle in unserer alltäglichen Fortbewegug spielen. Für mich ganz besonders, weil ich gern auf den Tastsinn der Füsse zurückgreife. Al MS-Betroffener habe ich einer permanente Gangunsicherheit, weil die Sensomotorik in den Extremitäten zu wünschen übrig lässt. Das Gehirn kann die exakte räumliche Position der Füsse nich mehr genau blind berechnen. Durch den Tastsinn in den Fusssohlen kann ich aber dieses Defizit ausgleichen. Kurzum, barfuss kann ich definitiv besser und sicherer laufen als mit Schuhen. So bin ich auf Umwegen zum Dauerbarfussläufer geworden. Mein Physiotherapeut findet das grossartig ... ich natürlich auch, denn mit nackten Füssen weiss ich immer genau wo ich stehe. Wenn ich z.B. eine Treppe mit Schuhen begehen sollte, wäre das für mich sehr risikoreich, da ich dann sehr oft den Tritt nicht finden kann und anfange zu stolpern ... unschön auf einer Treppe und gefährlich noch dazu.

Hast Du schon einmal über eine Weiterbildung zum Physiotherapeuten nachgedacht? So, wie Du Dich gibst, könnte ich mir das sehr gut vorstellen.

Viele Grüsse, auch an die Füsse

P.S.
Durch das permanente Barfusslaufen hat sich mein eingestürztes Mittelfussgewölbe etwas regeneriert. Ich denke jedenfalls, dass es so ist, denn meine Plattfüsse sind heute nicht mehr so platt, wie vor einem Jahr. Natürlich lasse ich mich auch eines Besseren belehren, wenn ich daneben liegen sollte. Die Schuhe hätte ich vielleicht schon viel früher an den Nagel hängen sollen, aber irgendwelche gesellschaftlichen Normen haben mich immer davon abgehalten.

Re:spekt, Respekt

Andrea @, Wednesday, 04.09.2002, 12:13 (vor 8059 Tagen) @ Dirk OWL

Hallo,
Der Vorschlag, eine Ausbildung zur Physiotherapie zu machen, liegt vielleicht nahe, würde aber mein derzeitiges Leben doch sehr aus den liebgewonnenen Pfaden bringen. Ich habe einen guten Bekannten, der eine Praxis für Krankengymnastik hat und mit dem ich oft zu-sammensitze, wenn ich mal wieder nicht weiter weiß. Klar dass ich als Trainerin nie ausler-nen werde. - aber: Ich mache meinen Trainerjob in der Freizeit. Ich bekomme grade mal eine Aufwandsentschädigung und die steht zum Zeitaufwand in keinem Verhältnis. Nicht zuletzt mache ich das in einem Verein und nicht in einem kommerziellen Studio. Ich möchte auch, dass es dabei bleibt und finde den Gedanken ein Hobby zum Beruf zu machen nur wenig reizvoll. Schließlich geht es mir ja auch darum mich selber fit zu halten und nach frei-em Belieben zu trainieren. Dabei dann auch noch einige Vereinsmitglieder fit zu machen ist kein Problem und macht sogar Freude.

PS: Ein eingebrochenes Fußgewölbe bleibt auch eingebrochen. Und auch Plattfüße werden im allgemeinen eher stärker (können auch gefördert werden) durch barfußlaufen. Aber die Fußmuskulatur gleicht viele Fehlbeanspruchungen aus und der barfuß-spezifischen Muskelablauf und die Gehbewegungen eines trainierten Fußes sind natürlich anders, sicherer und z.B. weniger "watschelig" als beim typischen, mal barfüßigen Schuhträger. - Finde Deinen Weg, die Füße zur Gefühlsunterstützung einzusetzen, übrigens sehr interessant. Habe noch nie an diesen nützlichen Zusammenhang gedacht, auch wenn ich einem MS-Herren bei uns etwas betreue, solange er noch kommen kann.

Andrea

Re:spekt, Respekt

Dirk OWL, Friday, 06.09.2002, 14:27 (vor 8057 Tagen) @ Andrea

Hi Andrea,
Vielen Dank für Deine netten Zeilen.
Ich glaube, in meinem Posting habe ich bedauerlicherweise ein klein wenig Käse geschrieben.

PS: Ein eingebrochenes Fußgewölbe bleibt auch eingebrochen.

Jooo, ich hätte eher schreiben sollen "erschlafft" also dem Ganzen liegt keine Verletzung zugrunde. Einfach nur erschlaffte Muskeln, die jetzt durch's barfuss Laufen wieder ein wenig zum Leben erwacht sind und wohl dadurch das Gewölbe auch wieder etwas stützen.

Und auch Plattfüße werden im allgemeinen eher stärker (können auch gefördert werden) durch barfußlaufen.

Das habe ich noch nicht bemerkt. Naja, platter als damals ging auch eigentlich nicht mehr ;))

Aber die Fußmuskulatur gleicht viele Fehlbeanspruchungen aus und der barfuß-spezifischen Muskelablauf und die Gehbewegungen eines trainierten Fußes sind natürlich anders, sicherer und z.B. weniger "watschelig" als beim typischen, mal barfüßigen Schuhträger.
Genau das wollte ich eigentlich in meinem Posting zum Ausdruck bringen, dass ich vermute, die Plattfüsse hätten sich durch die häufige und freie Bewegung der etwas trainierten Fussmuskeln auch ein wenig zurückgebildet. Kann natürlich sein, dass ich hier völlig falsch liege, aber das habe ich mir ja auch nur zusammengereimt. Fest steht nur, dass mein Mittelfussgewölbe wieder beginnt, Formen anzunehmen. Und das Einzige, was ich gegenüber früher anders mache, ist viel Barfusslaufen.

- Finde Deinen Weg, die Füße zur Gefühlsunterstützung einzusetzen, übrigens sehr interessant. Habe noch nie an diesen nützlichen Zusammenhang gedacht, auch wenn ich einem MS-Herren bei uns etwas betreue, solange er noch kommen kann.

Andrea

Wenn Du irgendwelche Fragen in Richtung MS hast, wäre ich Dir gern behilflich. Mittlerweile habe ich mir ein umfangreiches Wissen in Sachen Neurologie erarbeitet und engagiere mich auch stark in einem MS-Forum, sodass ich eigentlich keine offenen Fragen mehr kenne.

Uneingeschränkte Füsse
Dirk

Re:spekt, Respekt

Andrea @, Friday, 06.09.2002, 15:15 (vor 8057 Tagen) @ Dirk OWL

Wenn Du irgendwelche Fragen in Richtung MS hast, wäre ich Dir gern behilflich. Mittlerweile habe ich mir ein umfangreiches Wissen in Sachen Neurologie erarbeitet und engagiere mich auch stark in einem MS-Forum, sodass ich eigentlich keine offenen Fragen mehr kenne.
Uneingeschränkte Füsse
Dirk

Ich werde bei Bedarf gerne auf Dich zurückgreifen. Ist es möglich, daß Du mir Deine e-mail Adresse zukommen läßt? Ich habe sonst Sorge, Dich nicht mehr als Ansprechpartner zu finden.

andrea.hoffma@gmx.de

Grüßchen Andrea

... und die Sicht eines Trainers

Hans-Martin, Tuesday, 03.09.2002, 19:46 (vor 8060 Tagen) @ Andrea

Hallo Andrea,

ein sehr interessanter Beitrag. Wie die Stammposter des Forums wissen, bin ich Ju-Jutsu Trainer und habe da auch einige Erfahrungen gemacht.

Kinder und Jugendliche, die ihr Training - ausschließlich barfuß - beginnen, haben regelmäßig ein großes Problem mit Schrittdrehungen. Fast alle schaffen es nicht, über den Ballen zu drehen. Das gesamte Gewicht lastet auf der Ferse, so daß mich deren Bewegungen an das militärische "auf dem Absatz kehrt machen" erinnern. Selbst wiederholtes Vorführen und üben lassen verbessert die aus meiner Sicht durch Tragen von Schuhen, die kein Gefühl vermitteln, entstandenen Fehlbewegungen nicht.

Ein weiteres Problem ist das Heben der Zehen, das nötig ist, um bei Fußtritten Verletzungen zu vermeiden.

Vor einiger Zeit gab es einen im Forum einen Hinweis, daß im Berliner Lehrplan Barfußsport ausdrücklich prkatiziert werden soll. Hier in Brandenburg, zumindest im westlichen Teil, in dem ich tätig bin, ist Barfußsport out. Mit etwas mehr Interesse der Lehrer wäre das sicher nicht der Fall.

Zwei der älteren Kinder des Vereins wollten barfuß am Schulsport teilnehmen. Mit Hinweis auf die Verletzungsgefahr in der Halle (alter Holzfußboden) wurde es verboten. Einige Zeit ging ins Land, eine neue Halle mit sehr barfußfreundlichem Boden wurde errichtet, und so wurde das Verbot mit einem ebenso neuen Argument begründet: Fußpilz!

Viele haben hier schon dazu geschrieben, daß dies eher ein Problem für Schuhträger als für Barfußgeher ist, die Lehrerin, die das konkrete Verbot ausgesprochen hat, dürfte sich kaum die Mühe gemacht haben, über ihre Argumentation nachzudenken. Wenn Sport den Körper trainieren soll, und wenn die Füße ein Teil des Körpers sind, müssen auch diese trainiert werden.

Wir brauchen uns über erstaunte Blicke wegen unserer schuhlosen Füße nicht zu wundern, wenn in der Schule in Verbindung mit dem expliziten Verbot, barfuß Sport zu treiben, der Verzicht auf Schuhe in den Bereich des Verbotenen gedrängt wird. Ist erst einmal in die Köpfe eingedrungen, daß man Schuhe eben zu tragen hat, ist es sehr schwer, ein normales Verhältnis zum Einsatz der Füße, damit auch zum Körper als ganzem, herzustellen.

Es grüßt barfuß

Hans-Martin

... und die Sicht eines "Barfuß-Animateurs"

Lorenz ⌂, Tuesday, 03.09.2002, 22:55 (vor 8060 Tagen) @ Hans-Martin

[image] [image]

Hallo Andrea, hallo Hans-Martin,

Kinder und Jugendliche, die ihr Training - ausschließlich barfuß - beginnen, haben regelmäßig ein großes Problem mit Schrittdrehungen. Fast alle schaffen es nicht, über den Ballen zu drehen. Das gesamte Gewicht lastet auf der Ferse, so daß mich deren Bewegungen an das militärische "auf dem Absatz kehrt machen" erinnern. Selbst wiederholtes Vorführen und üben lassen verbessert die aus meiner Sicht durch Tragen von Schuhen, die kein Gefühl vermitteln, entstandenen Fehlbewegungen nicht.

Wenn ich Barfußwanderaktionen veranstalte, kommen auch Leute, die sehr wenig Übung im "Leben auf freiem Fuß" haben. Da hat es sich gut bewährt, mit einigen einfachen Greif- und Geschicklichkeitsspielen die Koordinationsfähigkeit aufzuwecken. Ich denke, das würde auch an den Anfang einer Übungsstunde für Kampfsport, Fitness, Gymnastik etc. passen. Erfreulicherweise haben auch Erwachsene Spaß an solchen "Kindereien".

Die konkreten Vorschläge findet ihr auf meiner

[image] Fußspielseite

... auf dem Absatz drehen

Mathias, Friday, 06.09.2002, 00:34 (vor 8058 Tagen) @ Hans-Martin

Problem mit Schrittdrehungen. Fast alle schaffen es nicht, über den Ballen zu drehen. Das gesamte Gewicht lastet auf der Ferse, so daß mich deren Bewegungen an das militärische "auf dem Absatz kehrt machen" erinnern. Selbst wiederholtes Vorführen und üben lassen verbessert die aus meiner Sicht durch Tragen von Schuhen, die kein Gefühl vermitteln, entstandenen Fehlbewegungen nicht.

Ich glaube wer regelmässig barfuss lgeht, hat eine glattere Fusssohle, und kann sich so auf dem Absatz drehen.

Sicht einer Trainerin

MarkusII, Tuesday, 03.09.2002, 22:53 (vor 8060 Tagen) @ Andrea

Hallo Andrea, hallo Hans-Martin,

ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr mich diese Diskussion unter Fachleuten freut!

Sie wird mit 100%iger Sicherheit Eingang ins "Best Of" finden, in dem in der Vergangenheit ganz offensichtlich schon Zeitschriften zum Thema "Barfuß" recherchiert haben (z.B. auch die "Süddeutsche").

Viele Grüße,

MarkusII

Sicht der Medien

Lorenz ⌂, Tuesday, 03.09.2002, 23:02 (vor 8060 Tagen) @ MarkusII

ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr mich diese Diskussion unter Fachleuten freut!
Sie wird mit 100%iger Sicherheit Eingang ins "Best Of" finden, in dem in der Vergangenheit ganz offensichtlich schon Zeitschriften zum Thema "Barfuß" recherchiert haben (z.B. auch die "Süddeutsche").

Es ist ganz offensichtlich so, dass die Medienleute in den Diskussionsforen nach Themen suchen. Z.B. kam die Fernsehreportage über den Penzberger Barfußpfad zustande, weil eine Redakteurin auf die Hobby-Barfuß-Seite gekommen war. Ich finde, das ist Grund genug, für eine gutes Niveau unserer Diskussion zu sorgen! Denn wenn hier nur Schrott und Streit geboten wird, kommen solche öffentlichkeitswirksamen Aktionen sicher nicht zustande.

Freie Füße, Lorenz

[image] Hier geht's zum Barfußpfadführer

....und die Sicht eines Tischtennisnachwuchstrainers

Ron, Wednesday, 04.09.2002, 09:40 (vor 8059 Tagen) @ Andrea

Hallo, zusammen,
Mit einer etwa 17 jährigen Erfahrung als Trainerin in einem Hamburger Sportverein mit integ-riertem Fitnessstudio mache ich immer wieder eine Beobachtung, die mich massiv an den Kollegen anderer Studios zweifeln lässt. So gehört es in jedem guten Studio zum Einstands-paket, dass jeder Neuling erst mal gründlich untersucht und eingestuft wird. Entsprechen-dend den persönlichen Zielen und den körperlichen Gegebenheiten wie Ausdauer, Vorer-krankungen und Inharmonien einzelner Muskelregionen wird dann ein persönlicher Trai-ningsplan erstellt.
Erst vor kurzem kam eine neue Teilnehmerin zu uns, die in ihrem früheren Fitnessstudio gerne barfuß trainiert hätte, dieses aber nicht durfte. Worauf ich die Betonung legen möchte: Sie hat seit Jahren unter Aufsicht von Trainingspersonal 2-3 mal die Woche gesportet. Da sollte man eigentlich von einem rund rum gut abgestimmten Muskelaufbau und einer ent-sprechenden Bewegungsfreiheit der Gliedmaßen ausgehen. Und dann sehe ich bei der Ein-stufung das, was ich so oft feststellen muß. Auf die Füße achtet kaum einer. Welchen Trai-ner kümmert es, wenn die Kunden mit Platt-, Senk- , Spreizfüssen kommen, ein eingebro-chenes Fußgewölbe haben oder durch falsches Schuhwerk, wie diese Dame, total verküm-merte Fußmuskeln und verkürzte Sehnen haben. "Schuh drum und fertig" scheint die Devise zu sein.
So hat die erwähnte Dame nun u.a. auch ein spezielles Training zu absolvieren, dass es ihr in vielleicht 6-12 Monaten erlaubt, auch ohne ganz dicke, weiche Wollsocken auf normal har-ten Untergründen barfuß zu laufen und dabei keine Schmerzen zu haben. Da es aber für den Fußmuskelaufbau und die Sehnenstreckung keine Geräte im eigentlichen Sinne gibt, habe ich immer reichlich zu tun, die Übungen in Einzelarbeit mit den "ja es sind eigentlich schon Patienten" durchzuziehen. Anfangs ist oft nicht mehr als eine kräftige Fußmassage mit leich-ter Dehnung im Anschluß möglich. Später gegen Ende des Fußtrainings muß ich dann oft schon ganz schön gegenhalten, wenn der Fuß z.B. gekippt oder seitlich aus dem Fußgelenk gedreht wird. Meine Leute sind dann immer ganz verwundert welche Bewegungen und mit welcher Kraft auch vom Fuß aus möglich sind. Dabei ist es völlig klar, wenn man sich verge-genwärtigt auf welch unwegsamem Gelände beispielsweise barfüßige Afrikaner/innen sicher und ohne Umknicken, Bänderrisse und voller Ausdauer bewegen. - Für viele hierzulande ist das was absolut neues.
Die erwähnte Dame wird jetzt jedenfalls noch viel Arbeit mit mir vor sich haben, ist aber z. Zt. noch ganz begeistert. Ich kann nur hoffen, dass auch andere Trainer/innen hier mehr lernen und dem Thema Fuß wenigstens etwas Beachtung schenken.
Andrea

Hallo Andrea!

Ich bin Tischtennisnachwuchstrainer in der Steiermark. Es gehört zu meinen Trainingsmethoden, dass alle Kinder und Jugendliche (Alter 10 - 17 Jahre) barfuß trainieren. Leider sind wir der einzige Verein in der Steiermark, in dem es erlaubt ist und sogar dringenst angeraten wird, dass Kinder barfuß trainieren.

Mir fällt auf, genauso wie es Hans-Martin als Kampfsporttrainer festgestellt hat, dass ein Großteil der Kinder grundsätzlich beim Stehen aber auch in der Bewegung die Fersen belasten. Dies wirkt sich beim Tischtennis fatal aus, weil dadurch beim Schlag der Ball "in die Wolken gejagt" wird.

In den unteren Klassen spielen unsere Kinder auch in der Meisterschaft barfuß. Leider sind wir dabei aber auf die Toleranz der Gegner angewiesen, denn im Tischtennisregelbuch sind Socken und Schuhe verpflichtend vorgeschrieben.
Allerdings könnte es vielleicht demnächst zu einer Änderung kommen, die indirekt von unseren Verein angeregt wurde. Folgendes hat sich nämlich ergeben: Nachdem barfuß bei Turnieren kein Problem ist (wahrscheinlich weil jeder Teilnehmer den veranstalteten Verein Nenngeld bezahlt)haben 6 Nachwuchsspieler und ich am vergangenen Sonntag barfuß bei einem Turnier in Graz teilgenommen. Wie fast jedesmal waren wir die einzigen, die barfuß spielten. Die Nachwuchtrainerin (eine Dame um die 60 Jahre) des veranstaltenden Vereines war so begeistert davon, dass wir barfuß spielen, dass sie es auch gleich ausprobierte und war davon fasziniert. Wie der Zufall so spielt ist diese Trainerin im Ausschuß für Regelkunde im steirischen Tischtennisverband. In der Ausschußsitzung am 5.9.2002 wird sie den Antrag stellen auf Streichung der Schuh- und Sockenpflicht im Regelbuch und dies mit sportlichen (bessere Beweglichkeit, Schnelligkeit, spätere Ermüdung...) und mit gesundheitlichen (mehr als 70% der österreichischen Kinder im Schulalter haben Problemfüsse) Aspekten begründen. Es bleibt also Abzuwarten.

Die Jungs und ich werden natürlich auch bei den nächsten beiden Turnieren am Sonntag und am 15.9. wieder barfuß spielen.

Barfuß am Turnunterricht teilzunehmen ist in Österreich kein Problem. Zumindest von 4 meiner Schützlinge weiß ich bei das sie barfuß turnen.

lg

Ron

....und die Sicht eines Tischtennisnachwuchstrainers

TeWe, Wednesday, 04.09.2002, 12:32 (vor 8059 Tagen) @ Ron

Halte uns bitte über eine evtl. Regeländerung auf dem Laufenden. Es würde mich interessieren, ob diese Regelung tatsächlich gestrichen wird.

Im Volleyball-Regelwerk z. B. steht explizit, daß der Schiedrichter es Spielern erlauben kann, barfuß zu spielen.

....und die Sicht eines Tischtennisnachwuchstrainers

steveh, Friday, 06.09.2002, 00:43 (vor 8058 Tagen) @ TeWe

Halte uns bitte über eine evtl. Regeländerung auf dem Laufenden. Es würde mich interessieren, ob diese Regelung tatsächlich gestrichen wird.
Im Volleyball-Regelwerk z. B. steht explizit, daß der Schiedrichter es Spielern erlauben kann, barfuß zu spielen.

Als ich noch im Gymnasium war, haben viele Schülerinnen und Schüler unserer Klasse Volleyball sowohl draussen als auch in der Halle immer barfuss gespielt.

....und die Sicht eines Tischtennisnachwuchstrainers

TeWe, Saturday, 07.09.2002, 02:36 (vor 8057 Tagen) @ steveh

Als ich noch im Gymnasium war, haben viele Schülerinnen und Schüler unserer Klasse Volleyball sowohl draussen als auch in der Halle immer barfuss gespielt.

Tja, also ich war diese Woche der einzige im Volleyball-Kurs, der barfuß war.

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