Barfußbeispiel in der Kunst (Hobby? Barfuß! 2)

Schorsch, Sunday, 01.09.2002, 10:36 (vor 8062 Tagen)

In der christlichen Kunst ist Barfüssigkeit keine Seltenheit. Schon sehr viel seltener sind dagegen eindeutige "Spuren" der Fortbewegung auf nackten Sohlen. Das betrifft nicht nur Engel, denen man aufgrund ihrer überirdischen Herkunft und ihres eigentlich körperlosen Wesens noch abnehmen mag, mit der Erde nicht in Kontakt gekommen zu sein. Sehr viel häufiger sind Heilige barfuß dargestellt, denen man allerdings oftmals eher auf als unter die Füße sehen kann. In letzterem Fall stellt der Betrachter solcher Gemälde erstaunt fest, dass die Betreffenden offenbar gerade aus dem Bad gestiegen und bis zu der Stelle, an der sie sich gerade befinden, geflogen sind.

Ein schönes Beispiel schmutziger Sohlen ist auf der "Madonna dei pellegrini" (auch "Madonna di Loreto" genannt) von Caravaggio aus dem Jahr 1605 zu finden. Vor einer Madonna mit dem Jesusknaben auf dem Arm, die in einer Nische steht, kniet ein bäuerlich einfach wirkendes Pilgerpaar, links ein bärtiger Mann, daneben eine Frau mit ausgemergelter Wangenpartie. Der Betrachter hat einen freien Blick auf die schmutzigen Sohlen des Mannes, besonders dessen rechten Fuß, der voll ausgeleuchtet ist, während der linke etwas im Schatten liegt. Diesen Füßen sieht man an, dass sie einen weiten Weg bis zu ihrem Pilgerziel über staubige und schlammige Straßen hinter sich haben. Caravaggio, der für seine realistische Darstellungsweise berühmt ist, vermittelt in diesem Bild nicht den Eindruck, dieser Mann sei nur zum Zwecke der Pilgerschaft barfuß unterwegs gewesen. Dessen Füße sind kräftig ausgeprägt und erwecken im Gesamtzusammenhang der schlicht-ärmlichen Kleidung den Eindruck, dass er meistens ohne Schuhe zurecht kommt oder kommen muß. Die weibliche Pilgerin rechts daneben ist so angeschnitten, dass von ihr nur Oberkörper und Gesicht zu sehen sind bzw. man sich die übrigen Körperteile als "außerhalb" des Bildes denken muß. Von Caravaggios "Madonna dei pellegrini" wird berichtet, dass sie sich gerade bei den normalen Leuten großer Beliebtheit und Verehrung erfreute. Dazu mag die schonungslos-realistische Darstellung - für die Caravaggios Gemälde insgesamt bis heute gerühmt werden - der beiden Pilger aus dem Volk mit beigetragen haben.

Kennt jemand andere, vielleicht sogar ältere Beispiele barfüßiger Menschen aus der Kunst, deren Sohlen man es tatsächlich ansieht, oder hat jemand in diesem Sommer selbst eine barfüßige Pilgerreise unternommen?

Barfußgrüße von

Schorsch

Caravaggio

unci @, Sunday, 01.09.2002, 11:07 (vor 8062 Tagen) @ Schorsch

[image] [image]

> Sehr viel häufiger sind Heilige barfuß dargestellt, denen man allerdings oftmals eher auf als unter die Füße sehen kann. In letzterem Fall stellt der Betrachter solcher Gemälde erstaunt fest, dass die Betreffenden offenbar gerade aus dem Bad gestiegen und bis zu der Stelle, an der sie sich gerade befinden, geflogen sind.

Heilige sind rein, magisch, unbefleckt. Sie schmutzig darzustellen, wäre wohl als Sakrileg empfunden worden.

> Ein schönes Beispiel schmutziger Sohlen ist auf der "Madonna dei pellegrini" (auch "Madonna di Loreto" genannt) von Caravaggio aus dem Jahr 1605 zu finden.

Siehe das Bild hier, für alle, die das Bild nicht kennen.

> Von Caravaggios "Madonna dei pellegrini" wird berichtet, dass sie sich gerade bei den normalen Leuten großer Beliebtheit und Verehrung erfreute.

Von der Idealisierung bis zum Realismus - auch bei der Darstellung der "einfachen Leute" - war es für die Kunst ein langer Weg.

gruß, unci

Barfußbeispiel in der Kunst

Samuel ⌂, Sunday, 01.09.2002, 17:35 (vor 8062 Tagen) @ Schorsch

Hallo Schorsch!

Kennt jemand andere, vielleicht sogar ältere Beispiele barfüßiger Menschen aus der Kunst, deren Sohlen man es tatsächlich ansieht,

Murillos Gassenbuben sind logischerweise fast durchweg barfuß und auch sehr realistisch zerlumpt und beschmutzt. Als Illustration eines Kneipp-Textes habe ich auf meiner Homepage die "Trauben- und Melonenesser" abgebildet. Ich weiß gerade nicht, wie der korrekte Pfad zum Bild selbst lautet, aber wenn ihr beim untenstehenden Link das Buch "So sollt ihr leben" anklickt kommt ihr gleich dahin.

oder hat jemand in diesem Sommer selbst eine barfüßige Pilgerreise unternommen?

Ich bin wieder zwei Etappen auf dem Jakobsweg gelaufen (Immendingen - Engen - Singen) und bei dem herrlichen Sommerwetter habe ich die Sandalen oft ausgezogen. Leider waren einige Wege so stark geschottert, daß mich mein 12kg-Rucksack doch unangenehm auf die Steinchen drückte und der dunkle Asphalt war streckenweise sogar zu heiß zum Laufen. Eine interessante Beobachtung war dabei, dass ich bis Mitte des ersten Tages fast nur in Schuhen war und dann ein Ziehen im Fußgewölbe bekam. Ich zog daraufhin die Sandalen aus und lief langsam und bewußt weiter, was sehr geholfen hat. Am nächsten Tag (17km) bin ich dann gleich so losgelaufen, hatte keine Probleme und musste nur aufpassen, dass ich, wenn ich wieder mal Schuhe tragen mußte, nicht wieder ins "Latschen" kam.

Viele Füße
Samuel

[image] Das Bild

Murillo

unci @, Sunday, 01.09.2002, 17:59 (vor 8062 Tagen) @ Samuel

[image] [image]

> Murillos Gassenbuben sind logischerweise fast durchweg barfuß und auch sehr realistisch zerlumpt und beschmutzt.

Auch dazu hier eine Illustration. (Wenn es das Bild ist, das du meintest.)

Barfußbeispiel unter Kunstliebhabern

Tiziana, Sunday, 01.09.2002, 19:18 (vor 8062 Tagen) @ Schorsch

In der christlichen Kunst ist Barfüssigkeit keine Seltenheit. Schon sehr viel seltener sind dagegen eindeutige "Spuren" der Fortbewegung auf nackten Sohlen.

Dagegen ist das Barfusslaufen unter den Kunstliebhabern eine sehr grosse Seltenheit.

Am letzten Sonntag habe ich mir die Exposaten in 13 von den über 20 Sälen der Münchner Neuen Pinakothek angeschaut. Echt grossartige Kollektion!
Ich hätte mir gerne die ganzen Gemälde angeschaut, wenn ich wegen meiner Barfüssigkeit nicht verwiesen worden wäre, und zwar mit der Begründung, dass ....... der Schweiss der nackten Füsse für die Beschichtung des Parkettbelages schädlich wäre!

Ganz freundlich habe ich erwidert, dass diese Begründung absurd ist, dass die Schuhsohlen und -absätze den Parkettboden viel mehr beschädigen als die nackten Füsse, trotzdem musste ich das Museum verlassen.
Logischerweise habe ich den Vorfall im Beschwerdebuch am Eingang der Gallerie sehr ausführlich beschrieben.

Die Neue Pinakothek ist ohnehin einen Besuch wert, aber für uns nur am Sonntag: Da ist der Eintritt frei. Es wäre nämlich schade, das Eintrittsgeld zu versauen, wenn man den Besuch frühzeitig abbrechen muss.

Entschuldigt bite, dass ich meinen Urlaubsbericht mit diesem Vorfall beginne, aber ich wollte ihn euch nicht vorenthalten. (Das habe ich auch im Beschwerdebuch geschrieben!)

Sonst war aber mein Aufenthalt in Deutschland wie immer wunderschön, vielbringend und unbeschuht.
Ich werde sicher mehr davon erzählen, und zwar in den nächsten Tagen.

Liebe Grüsse an alle.
Tiziana

Barfußbeispiel unter Kunstliebhabern

Thomas v.d. A., Monday, 02.09.2002, 12:04 (vor 8061 Tagen) @ Tiziana

In der christlichen Kunst ist Barfüssigkeit keine Seltenheit. Schon sehr viel seltener sind dagegen eindeutige "Spuren" der Fortbewegung auf nackten Sohlen.

Dagegen ist das Barfusslaufen unter den Kunstliebhabern eine sehr grosse Seltenheit.
Am letzten Sonntag habe ich mir die Exposaten in 13 von den über 20 Sälen der Münchner Neuen Pinakothek angeschaut. Echt grossartige Kollektion!
Ich hätte mir gerne die ganzen Gemälde angeschaut, wenn ich wegen meiner Barfüssigkeit nicht verwiesen worden wäre, und zwar mit der Begründung, dass ....... der Schweiss der nackten Füsse für die Beschichtung des Parkettbelages schädlich wäre!
Ganz freundlich habe ich erwidert, dass diese Begründung absurd ist, dass die Schuhsohlen und -absätze den Parkettboden viel mehr beschädigen als die nackten Füsse, trotzdem musste ich das Museum verlassen.
Logischerweise habe ich den Vorfall im Beschwerdebuch am Eingang der Gallerie sehr ausführlich beschrieben.
Die Neue Pinakothek ist ohnehin einen Besuch wert, aber für uns nur am Sonntag: Da ist der Eintritt frei. Es wäre nämlich schade, das Eintrittsgeld zu versauen, wenn man den Besuch frühzeitig abbrechen muss.
Entschuldigt bite, dass ich meinen Urlaubsbericht mit diesem Vorfall beginne, aber ich wollte ihn euch nicht vorenthalten. (Das habe ich auch im Beschwerdebuch geschrieben!)
Sonst war aber mein Aufenthalt in Deutschland wie immer wunderschön, vielbringend und unbeschuht.
Ich werde sicher mehr davon erzählen, und zwar in den nächsten Tagen.
Liebe Grüsse an alle.
Tiziana

Hallo, Tiziana! Schön, dass du wieder da bist! Ich habe weiter oben etwas ausführlicher von meinen letzten Erlebnissen geschrieben.
Viele Grüße von der strumpf- und oft auch noch schuhlosen Ostalb.
Thomas v.d.A.

Na Bravo...kleinkariert...neue Kunstrichtung?

Dirk OWL, Monday, 02.09.2002, 13:05 (vor 8061 Tagen) @ Tiziana

Liebe Tiziana,

erstmal, ... schön, dass Du wieder daheim und im Forum bist.

So wie es ausschaut hast Du einen neuen Kunststil entdeckt. Nicht uni, schwarz/weiss oder pastell, sondern kleinkariert.

Zumindest war das Ordungspersonal inder Münchner Pinacothek genau so.
Man muss schon einigermassen kleinkariert sein, wenn man behauptet, dass der Fuss-Schweiss Parkettböden beschädigen könne. Dazu müsste man Schweiss in einer wahren Sintflut erzeugen können. Solche Schweissausbrüche könnte man bestenfalls barfuss in billigen Plastik-Turnschuhen oder in Gummistiefeln erzeugen aber nie im Leben barfuss senza scarpe (ohne Schuhe)und selbst dann müsste man diesen erzeugten Schweiss aus den Schuhen entleeren und über den Fussboden verteilen ;)) .
Dich zum Gehen aufzufordern steht eigentlich entweder nur für eine massive Bildungslücke oder oder für eine totale Überforderung mit der Situation, dass jemand einen solchen Ort ohne Schuhwerk besucht.... das gehört sich doch nicht ;) ... überlege Dir doch mal, was es für Folgen haben könnte, wenn jeder mit nackten Füssen diese "heiligen Hallen" betreten würde ... wieviel Schweiss da zusammenkäme, das würde sich ja schon fast zu einer Flutkatastrophe entwickeln :))). Und wenn man es Dir erlaubt hätte, dann hätte man es allen erlauben müssen barfuss das Parkett zu betreten ... Oh Gott....wie furchtbar...das wäre ja schon fast die nächste Sintflut gewesen. ;))

Bitte nimm mir meine sehr sarkastische Art und Weise der Beurteilung nicht übel, aber das kommt einfach so über mich, wenn ich von solchen Erlebnissen erfahre.
Aber mit Distanz betrachtet ist die Begründung der Personals einfach schlicht und ergreifend bullshit. Ich vermute, dass die einfach keine nackten Füsse sehen wollten, weil die eventuell einen Imageverlust hätte bedeuten können. Ich hätte nicht gedacht, dass man in Bayern so altmodisch ist.

Wie dem auch sei, es gibt erfreulicher Weise nicht so viele von dieser Sorte. Die Wortmeldungen in diesem Forum geben immer wieder Anlass zur Hoffnung auf eine tolerantere Zukunft.

Dafür mag ich auch dieses Forum.

Schöne Grüsse und freie Füsse
Dirk

Barfußbeispiel unter Kunstliebhabern

Dominik R., Thursday, 05.09.2002, 12:09 (vor 8058 Tagen) @ Tiziana

In der christlichen Kunst ist Barfüssigkeit keine Seltenheit. Schon sehr viel seltener sind dagegen eindeutige "Spuren" der Fortbewegung auf nackten Sohlen.

Dagegen ist das Barfusslaufen unter den Kunstliebhabern eine sehr grosse Seltenheit.
Am letzten Sonntag habe ich mir die Exposaten in 13 von den über 20 Sälen der Münchner Neuen Pinakothek angeschaut. Echt grossartige Kollektion!
Ich hätte mir gerne die ganzen Gemälde angeschaut, wenn ich wegen meiner Barfüssigkeit nicht verwiesen worden wäre, und zwar mit der Begründung, dass ....... der Schweiss der nackten Füsse für die Beschichtung des Parkettbelages schädlich wäre!
Ganz freundlich habe ich erwidert, dass diese Begründung absurd ist, dass die Schuhsohlen und -absätze den Parkettboden viel mehr beschädigen als die nackten Füsse, trotzdem musste ich das Museum verlassen.
Logischerweise habe ich den Vorfall im Beschwerdebuch am Eingang der Gallerie sehr ausführlich beschrieben.
Die Neue Pinakothek ist ohnehin einen Besuch wert, aber für uns nur am Sonntag: Da ist der Eintritt frei. Es wäre nämlich schade, das Eintrittsgeld zu versauen, wenn man den Besuch frühzeitig abbrechen muss.
Entschuldigt bite, dass ich meinen Urlaubsbericht mit diesem Vorfall beginne, aber ich wollte ihn euch nicht vorenthalten. (Das habe ich auch im Beschwerdebuch geschrieben!)
Sonst war aber mein Aufenthalt in Deutschland wie immer wunderschön, vielbringend und unbeschuht.
Ich werde sicher mehr davon erzählen, und zwar in den nächsten Tagen.
Liebe Grüsse an alle.
Tiziana

Hi Tiziana,
da hast Du aber extremes Pech gehabt. München ist die Stadt die normalerweise sehr barfussfreundlich ist.
Ich persönlich habe dort noch nie schlechte Erfahrungen gemacht.
(In Ausstellungen habe ich sowas sowieso noch nie erlebt).
Am Montag war ich in München im Backstage (auf dem Free & Easy Festival) und es war überhaupt kein Problem. Der Ordner hat lediglich meinen Rucksack kontrolliert.
Dein Beispiel zeigt, das wir aber noch viel mehr für das Recht aufs Barfuss laufen machen müssen.
(Ich hätte gadacht so ein Verbot gibt es nur in den USA).

Mit freundlichen Füssen
Dominik R.

Barfußbeispiel unter Kunstliebhabern

Tiziana, Thursday, 05.09.2002, 14:34 (vor 8058 Tagen) @ Dominik R.

München ist die Stadt die normalerweise sehr barfussfreundlich ist.

Stimmt. Ich hatte sonst überhaupt keine Probleme.

Am Montag war ich in München im Backstage (auf dem Free & Easy Festival) und es war überhaupt kein Problem. Der Ordner hat lediglich meinen Rucksack kontrolliert.

Das war auch bei mir der Fall am Eingang der Pinakothek. Komisch fand ich übrigens, dass erst der sechste Ordner, an dem ich vorbeigelaufen war, meine Barfüssigkeit gemerkt und mich auf den Verbot hingewiesen hat.
Natürlich handelt es sich um eine willkürliche absurde Machtausübung von jemand, der mit dem linken (beschuhten) Fuss aufgestanden war.

Dein Beispiel zeigt, das wir aber noch viel mehr für das Recht aufs Barfuss laufen machen müssen.

Ich hätte vor, einen freundlichen Brief an den Direktor der Pinakothek zu schreiben. Was haltet ihr davon?

(Ich hätte gadacht so ein Verbot gibt es nur in den USA).

So ist es sicher auch, wobei meine Barfüssigkeit von einer kalifornianischen Mitschülerin in Passau total akzeptiert und von einer zweiten Amerikanerin, die neben mir im Zug sass, mit einem "Great!" kommentiert wurde.

Ciao
Tiziana

RSS-Feed dieser Diskussion