Artikel in der Zeitschrift (Hobby? Barfuß! 2)

Andy @, Monday, 22.07.2002, 12:24 (vor 8103 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz,

dies gilt auch als Antwort auf Dein anderes Posting in diesem Thread:
Ich stimme mit Dir ueberein, dass die Werbung und damit die Bekleidungsindustrie natuerlich alles versucht, uns so "angezogen wie moeglich" zu machen. Ich finde das aber auch nicht weiter falsch - wir muessen taeglich mit Werbung fuer die verschiedensten Dinge umgehen und erwachsen zwischen dem waehlen, was noetig, nice-to-have und unsinnig ist.
Mit dem Einflussfaktor "Werbung" wie auch mit anderen Einflussfaktoren (Gruppen-/Gesellschaftszwang usw.) umgehen zu lernen, beginnt allerdings in der Erziehung der Kinder. Hier sehe ich das eigentliche Problem. Welche Eltern leben heute noch Ihren Kindern vor, Werbung kritisch zu beurteilen, die Meinung von Freunden, Feinden, Lehrern und wem auch immer zu hinterfragen und sich ein eigenes Bild zu machen, eine eigene Entscheidung zu treffen und mit deren Konsequenz zu leben. Natuerlich kann ein Vater im Armani-Anzug seinen Sohn schwer davon abbringen, Tag und Nacht die neuesten Nike-Schuhe spazieren zu tragen. Woher sollen Kinder, Jugendliche und spaeter Erwachsene also auch das Selbstbewusstsein nehmen, mal barfuss zu gehen, wenn es kaum ein anderer tut.
Die Werbung nutzt nur die Moeglichkeiten, die wir ihr bieten. Wuerden wir alle barfuss laufen, gaebe es keine Schuhwerbung, sondern Werbung fuer Fusscremes, -baeder, -kettchen und alles, was damit zu tun hat.
Ich glaube nicht, dass die Werbung wirklich Nachfrage generiert (zumindest nur zu einem kleinen Prozentsatz) - eher versucht sie die bereits bestehenden Beduerfnisse zu verstaerken und dann zu kanalisieren - naemlich auf die Produkte des Herstellers, fuer den sie arbeitet.
Wir alle (und zunehmend unsere Kinder) sind nur leider zu unmuendig, kritisch zu urteilen und zu entscheiden.
Um wieder naeher in Richtung Barfusslaufen zu kommen: Ein typisch maennlicher Gedankengang heutzutage ist:
- Hmm - Barfusslaufen waere sicher ein tolles Gefuehl
- Aber so, wie meine Fuesse aussehen, kann ich sie unmoeglich zeigen
- Ich sollte sie besser pflegen
- Wie hoerte ich neulich: Pedikuere, Fusscremes und -baeder sind Sache von Frauen oder Schwulen - kein Mann kuemmert sich um soetwas
- Was denkt also meine Frau, wenn ich mit sowas anfange?
- Was denken meine Freunde, wenn ich sowas anfange?
- Was denken alle?

Ich weiss, dass nicht alles so denken. Aber es ist das, was ich z.B. lange Zeit immer mal wieder gedacht habe und bei Freunden von mir ist es noch genauso. Jetzt mit 35!!! habe ich langsam den Mut, mich ueber solche Gesellschaftszwaenge hinwegzusetzen. Und es ist bei jedem Schritt mehr wieder eine Ueberwindung.
Lorenz: Dein Posting war sehr interessant und hat mich sehr zum Nachdenken angeregt - danke.
Mein Fazit zur Zeit ist aber: Es ist nicht die Werbung, es ist nicht die Gesellschaft - es ist einzig und allein unsere (vielleicht von der Erziehung mitgegebene) Faehigkeit, kritisch zu sein und selbststaendig, erwachsen zu beurteilen und Entscheidungen zu treffen.
Die Einflussfaktoren werden in irgendeiner Form immer da sein - unseren Umgang damit haben wir selbst in der Hand ...

Viele Gruesse an alle, die bishierher durchgehalten haben ;-)

der Andy

Hallo Georg,
Es ist schon mal sehr erfreulich, wenn jemand an der richtigen Stelle die Stimme der Vernunft erhebt!

Denn Sinn stiften diese Übungen doch letztlich nur, wenn sie nicht einmalige Aktionen bleiben, sondern wiederholt durchgeführt, aus unserer Sicht am besten natürlich sogar zur selbstverständlichen Gewohnheit würden.........

Ich denke, dass die Sportartikel-Lobby beständigen Einfluss auf die Ausbildung der Sportlehrer und Übungsleiter ausübt, damit sie den Jugendlichen die neuesten Ausrüstungsvarianten aufschwätzen. Toll, dass kompetente Autoren trotzdem die Möglichkeit bekommen, in der Fachpresse über den Nutzen barfüßiger Sportpraxis zu schreiben. Denn so manches, was den Sportler weiterbringt, gibt es nicht zu kaufen!!
Ciao, Lorenz


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