Nochmal Neuwerk (Hobby? Barfuß! 2)

Rainer (HH), Wednesday, 12.06.2002, 11:07 (vor 8143 Tagen)

Seit Jahren verbringen meine Frau und ich regelmäßig im Mai ein paar Tage am Wattenmeer zwischen Cuxhaven und Bremerhaven, genauer in Cappel-Neufeld. Dort befindet sich ein Campingplatz im Vordeichgebiet. Dieser wird betrieben von einem FKK-Verein, hat aber auch einen Textilteil. Da ich Leuchtturmfan bin, wollte ich schon lange nach Neuwerk und dort im Leuchtturm übernachten. Seitdem dort allerdings zwei Tatort-Folgen gedreht worden sind, ist es sehr schwierig (und teuer) dort im Turm ein Zimmer zu bekommen. Dieses Jahr hat es nun endlich geklappt.
Wir fuhren am Pfingstsonntag mit unserem Wohnwagen nach Cappel-Neufeld. Dort verbrachten wir zwei ruhige Tage mit lesen und Wattwandern. Am Mittwoch starteten wir dann nachmittags, zwei Stunden vor Niedrigwasser, ab Cuxhaven-Sahlenburg zu unserer Wanderung nach Neuwerk. Meine Frau und ich hatten jeder nur einen kleinen Tagesrucksack dabei. Ich hatte überlegt, ob ich überhaupt Schuhe mitnehme, entschied mich dann jedoch in meiner Feigheit, vorsichtshalber meine Tevas mit einzupacken.
Der Wattenweg nach Neuwerk ist zum Wattlaufen nicht sehr schön, das Watt vor Cappel-Neufeld eignet sich wesentlich besser dazu. Stellenweise ist er sehr hart. Sobald man versucht vom markierten Weg abzuweichen, landet man unweigerlich in den Muscheln. Außerdem nerven die Kutschenkarawanen. Wir wurden bestaunt wie Ausserirdische ("Sieh mal, die gehen zu Fuß!", "Das ist aber noch ganz schön weit!").
Nach ca. 2 Std. kamen wir dann glücklich drüben an. Zum Schluss hatten wir uns ziemlich beeilt, da in der Ferne ein Gewitter aufzog, das wollte ich nicht draußen im Watt erleben. Die Wattwagen, vollgeladen mit Bierbäuchen starteten zum Glück gerade wieder zurück zum Festland. Die berühmte Fußwaschanlage haben wir zwar auch benutzt (sorry Jörg (Hanna)), aber zumindest ich zog danach keine Schuhe an. Wir gingen dann erstmal zur Turmschänke und taten etwas gegen unseren Durst. Anschließend meldeten wir uns bei der Turmpächterin Frau Göttsche an und bezogen unser Zimmer. Wir waren von der Innenausstattung und der Atmosphäre des über 700 Jahre alten Turms restlos begeistert.
Am Abend gingen wir zum "Anker", um etwas zu essen. Ich war der Meinung, dazu sollte ich meine Tevas anziehen (meine Frau sowieso, aber die hat schon fast resigniert). Der Weg dorthin ist höchstens 500m lang. Auf dem Rückweg merkte ich dann, dass ich mir eine Scheuerstelle am Fuß von einem Riemen der Tevas zugezogen hatte. Beim abschließenden Bier in der Turmschänke zog ich deshalb die Schuhe aus. Für den Rest der Woche blieb ich barfuss, ich hatte ja nun vor mir selbst eine gute "Entschuldigung" dafür.
Wir blieben zwei Nächte im Turm. Tagsüber machten wir Spaziergänge um die Insel. Die Wege bestehen entweder aus Gras (Deichkrone), aus feinem Schotter oder Asphalt. Spätestens am zweiten Tag hat man jeden auf der Insel das dritte Mal getroffen und kommt dann wie selbstverständlich ins Gespräch. Die Ruhe auf der Insel war total entspannend. Nur wenn die Wattwagenkarawane (ca. 40 Wagen!) einmal am Tag für eine Stunde einfällt, ist es mit der Ruhe vorbei. Zu dieser Zeit sollte man lieber ins Vorland fliehen.
Meine fehlenden Schuhe wurden von den meisten ignoriert oder lächelnd zur Kenntnis genommen ('der ist wohl etwas wunderlich'). Auch die Wirtin der Turmschänke und Frau Göttsche verloren kein Wort darüber. Nur zwei, etwas aufgedonnerte Paare guckten ziemlich erstaunt / pikiert, als ich abends barfuss in die Turmschänke kam. Es stellte sich dann heraus, dass auch sie im Turm wohnten und so trafen wir uns beim Frühstück wieder. Als ich auch dort barfuss auftauchte, konnten sie sich eine abfällige Bemerkung nicht verkneifen. Hat mich zu dem Zeitpunkt aber schon nicht mehr gestört. Leute, die für eine Übernachtung, jeder 2 Koffer mitschleppen, kann ich nicht so richtig ernst nehmen.
Am Freitag fuhren wir dann mit dem Schiff nach Cuxhaven zurück. Bis Sonntag blieben wir noch in Cappel-Neufeld und machten kleine Wanderungen im Watt und nach Dorum zum Kutterhafen. Dann ging es zurück nach Hause und Montag zog ich dann meine Schuhe wieder an, da ich leider wieder zur Arbeit musste.
Fazit: Mein alter Traum Neuwerk hat mich nicht enttäuscht, man sollte aber über Nacht bleiben und das möglichst im Turm (wenn man sich das leisten kann). Schuhe kann man getrost zu Hause lassen. Da wir schon am Freitag vor Pfingsten zu unserem Wohnwagen gefahren waren, habe ich 9 Tage ohne Schuhe verbracht, mit zwei Ausnahmen: einmal zum Einkaufen und einmal zum Essen (s.o.) habe ich meine Tevas angezogen. Beim Essen war es überflüssig, beim Einkaufen und in der Stadt fühle ich mich wohler damit.

Grüße an alle
Rainer


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion