Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen (Hobby? Barfuß! 2)

Mercator, Thursday, 30.05.2002, 07:29 (vor 8156 Tagen)

Liebe Leute,

als mehr oder weniger stiller Teilhaber verfolge ich seit ein paar Wochen Eure Berichte über Erfahrungen mit dem Barfußlaufen. Zusammengefaßt zeichnen sich folgende Erkenntnisse ab:

1.) Leute, die es tun, finden es geil, und die meisten davon würden gerne mehr davon wollen, trauen sich aber häufig nicht, es zu dürfen.

2.) Leute, die es blöd finden, haben definitiv keine stichhaltigen Argumente, bringen es aber trotzdem immer wieder fertig, die meisten Leute aus Punkt 1.) zu verunsichern.

Weil ich mich selbst ziemlich zum K***** finde, wenn ich mich - wie beim Thema Barfußlaufen - von Leuten aus Punkt 2.) verunsichern lasse, bin ick mal in mir jejangen, und mir sind da ein paar Ideen gekommen, die allesamt nicht wirklich neu sind, mit denen ich Euch im Folgenden aber dichtsülzen werde, wenn Ihr nicht sofort auf den "Zurück"-Button im Browserfenster klickt.

Erste Idee: Barfußlaufen contra Triebverzicht

ich weiß nicht mehr, welcher berühmte Mensch vor langer Zeit feststellte, dass ein wichtiges Merkmal des bürgerlichen Selbstverständnisses der Verzicht auf das (unmittelbare) Ausleben der Triebe (nicht nur des Sexualtriebs) ist. Sowohl die Adligen als auch die Sklaven, die Prolls, die Bauern konnten da wesentlich lockerer zur Sache gehen. Wenn wir barfuß laufen ist das ganz deutlich sichtbar, und es ist ganz deutlich etwas, was wir vor allem deshalb tun, weil es uns Spass macht. Kommt jetzt nicht mit dem Gesundheitsargument: Ich habe in diesem Forum bei Niemandem den Eindruck, dass medizinische Aspekte als Motiv fürs Barfußlaufen im Vordergrund stehen. Wir finden’s erstmal geil!

Und dann hat Barfußlaufen auch noch etwas mit Nacktheit zu tun, indem wir etwas entblößen, was nach bürgerlichen Moralvorstellungen bedeckt gehört. Und schließlich outen wir uns als Leute, denen sinnliche Wahrnehmungen qua Hautkontakt Spaß machen.

Nackt? Hautkontakt? Hallo? Das zielt doch ganz klar in eine Richtung: SEX! oder zumindest Wohlgefühl.Und Alles, was damit zu tun hat, tut man nicht öffentlich. Und - schwupps - haben wir Barfüßer einen Pfeiler bürgerlichen Selbstverständnisses in Frage gestellt. Lest doch mal einige Postings durch S. Freuds Brille, dann werdet Ihr wissen, was ich meine.

Lest besonders aufmerksam die Berichte über die Negativreaktionen, denn daraus stammt meine

zweite Idee:

Stellt Euch vor, das hier wäre ein Forum für Leute, die - sagen wir - gerne tote Ratten auf den Grill schmeissen, um sie anschließend zu verspeisen. Dann würden hier andere Berichte stehen: "Ich heisse Fritz, und gestern ist wieder keiner meiner Kollegen zur Grillparty gekommen, obwohl ich ganz viele eingeladen habe..." "Hallo ich bin die Petra, und meine Schulfreundinnen meiden mich, seit ich in der Pause meinen Rattenburger esse...." Jaja, wieder ein blödes Beispiel, aber was ich sagen will ist dies: Wären wir Rattenesser statt Barfüßer, dann würden die Anderen, so sie uns bei Ausübung unseres Hobbys denn zuschauten, nur stumpf ins Essen brechen, und der Fall wäre erledigt.

Als Barfüßer treffen wir sie viel empfindlicher, denn wir führen Ihnen etwas vor, wovon ich behaupte, dass sie es selber gerne täten, es sich aber selbst verbieten.

(Achtung: In dieser Argumentation liegt die Gefahr eines Zirkelschlusses a la Freud: "Hey, Du bist schwul!" "Bin ich nicht!" "Bist Du wohl!" "Spinnst Du? Ich bin nicht schwul!" "Deine agressive Reaktion zeigt, dass Du `s bist, es Dir aber verbietest bla bla...")

Trotz der Gefahr eines Zirkelschlusses bleibe ich dabei: Wir Barfüßer machen manche Leute nervös, weil wir ihnen zeigen, dass ihre Wünsche realisierbar wären, wenn sie erst ihr Denken und anschließend ihr Verhalten ändern würden. Langgehegte Verhaltensmuster zu ändern ist aber ein Preis, den viele nicht zahlen wollen. (Fällt mir selbst ja mitunter auch schwer.) Da ist es für Nicht-Barfüßler viel einfacher, das Barfußlaufen im Allgemeinen und anwesende Barfußläufer im Besonderen für bekloppt zu erklären, ohne sich dazu in die Niederungen der sachlichen Diskussion zu begeben.

Unbeabsichtigt halten wir den Leuten einen Spiegel vor, und das macht viele Menschen sauer.

Diese zweite Idee enthält - wie gesagt - die Schwäche eines möglichen Zirkelschlusses. Aber sie würde erklären, warum die Negativreaktionen, über die Ihr hier berichtet, immer dem gleichen (hirnlosen) Schema entsprechen.

Dritte Idee:

Es ist schon ein paar Jahre her, da gab`s im TV eine Dokumentation über einen Stamm von Urwaldbewohnern (Ich hoffe, das ist politisch korrekt formuliert.), ich weiß nicht mehr genau wo und wer, aber was hängengeblieben ist, ist ein Verhalten, das ich für unser Thema übertragbar halte: Die Leute wohnen in einer Gegend, in der es ständig ziemlich warm ist. Folglich laufen sie nicht nur dauernd barfuß, sondern auch sonst ziemlich leicht bekleidet umher: Ein Band um die Hüften, das einen Lappen trägt, dem es mehr oder weniger mißlingt die Genitalien zu verdecken. Praktisch, locker, luftig. (Ich wünschte ernsthaft, ich könnte im Sommer auch mal sowas tragen, ohne auf der Stelle meinen Job zu verlieren. Und wir nennen die unterentwickelt...) Das Film- und Forscherteam war überrascht über das Verhalten jener Menschen, lachend wie zur Begrüßung diesen Lappen anzuheben und somit den ungehinderten Blick auf die Genitalien freizugeben. Sehr spät dämmerte es den Europäern, dass dieses Verhalten beleidigend gemeint war. Die Botschaft lautete nämlich: "Richtigen Menschen gegenüber entblöße ich mich nicht völlig. Dir gegenüber schon, denn da Du kein richtiger Mensch bist, ist es mir egal, was Du denkst / siehst / fühlst."

Um Himmels willen, nein, unsere Barfüßerei soll niemanden beleidigen, und wer sich beleidigt fühlt, ist selber Schuld. Aber. Nonkonformes Verhalten (wie Barfußgehen, schwul/lesbisches Verhalten öffentlich machen etc.) schließt auch immer die Botschaft ein, dass uns das eventuelle Kopfschütteln, das mögliche Unverständnis zumindest soweit egal ist, als dass es uns nicht dazu bringt, unser Verhalten deshalb zu ändern.

Und jetzt kommt die eigentliche Idee: Stellt Euch mal vor, dass in den Köpfen der Nicht-Barfüßer der vorletzte Satz holzschnittartig verkürzt ankommt, nämlich so: "Denen ist es egal, was ich denke / fühle. Die tun`s trotzdem!"

Bevor Ihr aufschreit "So ist das doch nicht gemeint" überlegt bitte, welche Tipps hier den Barfüßigen gegeben werden, wenn sie in diesem Forum berichten, sie seien mit dummen Sprüchen konfrontiert worden: Ignorieren und / oder schlagfertig abschmettern!

Das ist gut so! Jedenfalls fällt mir zur Zeit auch nüscht Besseres ein.

Bei den Nicht-Barfüßigen kommt das aber ganz anders an: Die fühlen sich verletzt, weil ihr Unterbewußtsein nur den Satz "Denen ist egal, was ich fühle." realisiert und folglich abwehrend reagiert. Wenn sie dann auch noch blöderweise eine Äußerung vom Stapel lassen und wir, die Barfüßigen, auch noch intelligenter reagieren - und wir reagieren grundsätzlich intelligenter, weil wir Argumente haben und die nicht - dann ist der Bock fett und der Konflikt programmiert. Denn wir signalisieren nicht nur, dass uns deren Gefühle egal sind, sondern wir beweisen stante pede (stehenden Fußes - eine göttliche Metapher in diesem Zusammenhang) auch noch, dass wir intelektuell und überhaupt überlegen sind.

Sollte diese dritte Idee entgegen meiner Hoffnungen inhaltlich zutreffen, lautet unsere zusammengefaßte Botschaft: "Ich bin Dir weit überlegen. Es ist mir egal, was Du fühlst."

In Nicht-Barfüßers Kleinhirn wird daraus die Information "Arrogantes Ar.......".

Jaja, diese Analyse geht sehr, sehr weit und ist höchst spekulativ, aber ich habe mir nochmal jays Postings zum Kollegen aus der Buchhaltung angeschaut, und ich finde schlicht keine anderen Motive für dessen Verhalten.

Herrje! An dieser Stelle habt Ihr wahrscheinlich schon Alle auf den "Zurück"-Button Eures Browser-Fensters geklickt. Aber trotzdem will ich zum Schluß noch meinen ganz persönlichen Tipp zum expansiven Barfußlaufen verraten.

Sagt einfach "Ich hab` `ne Klatsche. Ich mag das so." (Betonung jeweils auf dem "ich")

Damit stellt Ihr klar, dass Ihr weder an bürgerlichen Normen rütteln wollt, noch selbständiges Denken, noch Verhaltensänderungen initiieren wollt. Ihr stellt auch klar, dass Ihr nicht glaubt, dass die Anderen falsch liegen und / oder doof und / oder intolerant sind.

Ihr werdet feststellen, dass so eine kleine Macke wie das Barfußlaufen plötzlich akzeptiert wird.

Denn die Menschen sind gewohnt, von kompletten Idioten umgeben zu sein.

Wenn da jemand bewußt nur eine kleine Privatmacke pflegt, ist das geradezu erholsam.

Horrido!

Mercator

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

Rainer (HH), Thursday, 30.05.2002, 09:44 (vor 8156 Tagen) @ Mercator

Hallo Mercator,
ich habe den "Zurück-Button" erst zum Schluß gedrückt. Hut ab (oder Schuh aus), sowas Gutes würde mir frühmorgens nicht einfallen.
Gruß
Rainer

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

Florian_S @, Thursday, 30.05.2002, 11:55 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

Sagt einfach "Ich hab` `ne Klatsche. Ich mag das so." (Betonung jeweils auf dem "ich")
Damit stellt Ihr klar, dass Ihr weder an bürgerlichen Normen rütteln wollt, noch selbständiges Denken, noch Verhaltensänderungen initiieren wollt. Ihr stellt auch klar, dass Ihr nicht glaubt, dass die Anderen falsch liegen und / oder doof und / oder intolerant sind.
Ihr werdet feststellen, dass so eine kleine Macke wie das Barfußlaufen plötzlich akzeptiert wird.
Denn die Menschen sind gewohnt, von kompletten Idioten umgeben zu sein.
Wenn da jemand bewußt nur eine kleine Privatmacke pflegt, ist das geradezu erholsam.

Hi!

Also ich glaube genau das trifft auf mich zu. Die Leute denken ich hab ne kleine Macke und gut iss. Ich glaube ich strahl das auch so aus, ich werde nämlich kaum negativ angesprochen. Aber jedem die seine Idee damit umzugehen.

Florian

Freud

TeWe, Thursday, 30.05.2002, 13:39 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

(Achtung: In dieser Argumentation liegt die Gefahr eines Zirkelschlusses a la Freud: "Hey, Du bist schwul!" "Bin ich nicht!" "Bist Du wohl!" "Spinnst Du? Ich bin nicht schwul!" "Deine agressive Reaktion zeigt, dass Du `s bist, es Dir aber verbietest bla bla...")

Ach ja, die Geschichte mit dem Traum: "Ich hab von jemandem geträumt. Keine Ahnung, wer das war, aber die Mutter war es nicht!" - "Also war es die Mutter ..."

Applaus!

Sascha (NRW) @, Thursday, 30.05.2002, 16:37 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

Auch ich habe interessiert deinen kompletten Text durchgelesen - und kann nur sagen (auch als Jemand, der sich mit Psychologie auseinadergesetzt hat) : herzlichen Glückwunsch - deine Thesen bringen es exakt auf den Punkt - ich sehe es genauso und machmir im Grunde einen Heidenspass daraus andrerleuts Weltbilder zu sprengen

(mit riesiger "Klatsche")

Sascha :-)

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

Xanadu ⌂ @, Thursday, 30.05.2002, 16:47 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

So ich mach etz ma TOFU *g* damit nich runterscrollen muss :-)

Interessanter Artikel, allerdings hat mein Linux OfflineReader sich diesmal einen abgetan, die Forenmessages runterzuladen :-)))

Ja ist schon was dran, wobei ich auch lieber die Meinung der anderen ignoriere, auch wenn ich anderen damit suggeriere, etwas "besseres" zu sein. Wenn andere das denken ist das absolut deren Problem. Ich laufe einfach barfuss weil es Spass macht, ja und weil es GESUND ist. Ich fühle mich fitter dadurch und die Frühjahrsmüdigkeit hat mich nicht so gepackt wie früher.

Ok Cu de Jürgen
DMS290 Xanadu

Liebe Leute,
als mehr oder weniger stiller Teilhaber verfolge ich seit ein paar Wochen Eure Berichte über Erfahrungen mit dem Barfußlaufen. Zusammengefaßt zeichnen sich folgende Erkenntnisse ab:
1.) Leute, die es tun, finden es geil, und die meisten davon würden gerne mehr davon wollen, trauen sich aber häufig nicht, es zu dürfen.
2.) Leute, die es blöd finden, haben definitiv keine stichhaltigen Argumente, bringen es aber trotzdem immer wieder fertig, die meisten Leute aus Punkt 1.) zu verunsichern.
Weil ich mich selbst ziemlich zum K***** finde, wenn ich mich - wie beim Thema Barfußlaufen - von Leuten aus Punkt 2.) verunsichern lasse, bin ick mal in mir jejangen, und mir sind da ein paar Ideen gekommen, die allesamt nicht wirklich neu sind, mit denen ich Euch im Folgenden aber dichtsülzen werde, wenn Ihr nicht sofort auf den ?Zurück?-Button im Browserfenster klickt.
Erste Idee: Barfußlaufen contra Triebverzicht
ich weiß nicht mehr, welcher berühmte Mensch vor langer Zeit feststellte, dass ein wichtiges Merkmal des bürgerlichen Selbstverständnisses der Verzicht auf das (unmittelbare) Ausleben der Triebe (nicht nur des Sexualtriebs) ist. Sowohl die Adligen als auch die Sklaven, die Prolls, die Bauern konnten da wesentlich lockerer zur Sache gehen. Wenn wir barfuß laufen ist das ganz deutlich sichtbar, und es ist ganz deutlich etwas, was wir vor allem deshalb tun, weil es uns Spass macht. Kommt jetzt nicht mit dem Gesundheitsargument: Ich habe in diesem Forum bei Niemandem den Eindruck, dass medizinische Aspekte als Motiv fürs Barfußlaufen im Vordergrund stehen. Wir finden?s erstmal geil!
Und dann hat Barfußlaufen auch noch etwas mit Nacktheit zu tun, indem wir etwas entblößen, was nach bürgerlichen Moralvorstellungen bedeckt gehört. Und schließlich outen wir uns als Leute, denen sinnliche Wahrnehmungen qua Hautkontakt Spaß machen.
Nackt? Hautkontakt? Hallo? Das zielt doch ganz klar in eine Richtung: SEX! oder zumindest Wohlgefühl.Und Alles, was damit zu tun hat, tut man nicht öffentlich. Und - schwupps - haben wir Barfüßer einen Pfeiler bürgerlichen Selbstverständnisses in Frage gestellt. Lest doch mal einige Postings durch S. Freuds Brille, dann werdet Ihr wissen, was ich meine.
Lest besonders aufmerksam die Berichte über die Negativreaktionen, denn daraus stammt meine
zweite Idee:
Stellt Euch vor, das hier wäre ein Forum für Leute, die - sagen wir - gerne tote Ratten auf den Grill schmeissen, um sie anschließend zu verspeisen. Dann würden hier andere Berichte stehen: ?Ich heisse Fritz, und gestern ist wieder keiner meiner Kollegen zur Grillparty gekommen, obwohl ich ganz viele eingeladen habe...? ?Hallo ich bin die Petra, und meine Schulfreundinnen meiden mich, seit ich in der Pause meinen Rattenburger esse....? Jaja, wieder ein blödes Beispiel, aber was ich sagen will ist dies: Wären wir Rattenesser statt Barfüßer, dann würden die Anderen, so sie uns bei Ausübung unseres Hobbys denn zuschauten, nur stumpf ins Essen brechen, und der Fall wäre erledigt.
Als Barfüßer treffen wir sie viel empfindlicher, denn wir führen Ihnen etwas vor, wovon ich behaupte, dass sie es selber gerne täten, es sich aber selbst verbieten.
(Achtung: In dieser Argumentation liegt die Gefahr eines Zirkelschlusses a la Freud: ?Hey, Du bist schwul!? ?Bin ich nicht!? ?Bist Du wohl!? ?Spinnst Du? Ich bin nicht schwul!? ?Deine agressive Reaktion zeigt, dass Du `s bist, es Dir aber verbietest bla bla...?)
Trotz der Gefahr eines Zirkelschlusses bleibe ich dabei: Wir Barfüßer machen manche Leute nervös, weil wir ihnen zeigen, dass ihre Wünsche realisierbar wären, wenn sie erst ihr Denken und anschließend ihr Verhalten ändern würden. Langgehegte Verhaltensmuster zu ändern ist aber ein Preis, den viele nicht zahlen wollen. (Fällt mir selbst ja mitunter auch schwer.) Da ist es für Nicht-Barfüßler viel einfacher, das Barfußlaufen im Allgemeinen und anwesende Barfußläufer im Besonderen für bekloppt zu erklären, ohne sich dazu in die Niederungen der sachlichen Diskussion zu begeben.
Unbeabsichtigt halten wir den Leuten einen Spiegel vor, und das macht viele Menschen sauer.
Diese zweite Idee enthält - wie gesagt - die Schwäche eines möglichen Zirkelschlusses. Aber sie würde erklären, warum die Negativreaktionen, über die Ihr hier berichtet, immer dem gleichen (hirnlosen) Schema entsprechen.
Dritte Idee:
Es ist schon ein paar Jahre her, da gab`s im TV eine Dokumentation über einen Stamm von Urwaldbewohnern (Ich hoffe, das ist politisch korrekt formuliert.), ich weiß nicht mehr genau wo und wer, aber was hängengeblieben ist, ist ein Verhalten, das ich für unser Thema übertragbar halte: Die Leute wohnen in einer Gegend, in der es ständig ziemlich warm ist. Folglich laufen sie nicht nur dauernd barfuß, sondern auch sonst ziemlich leicht bekleidet umher: Ein Band um die Hüften, das einen Lappen trägt, dem es mehr oder weniger mißlingt die Genitalien zu verdecken. Praktisch, locker, luftig. (Ich wünschte ernsthaft, ich könnte im Sommer auch mal sowas tragen, ohne auf der Stelle meinen Job zu verlieren. Und wir nennen die unterentwickelt...) Das Film- und Forscherteam war überrascht über das Verhalten jener Menschen, lachend wie zur Begrüßung diesen Lappen anzuheben und somit den ungehinderten Blick auf die Genitalien freizugeben. Sehr spät dämmerte es den Europäern, dass dieses Verhalten beleidigend gemeint war. Die Botschaft lautete nämlich: ?Richtigen Menschen gegenüber entblöße ich mich nicht völlig. Dir gegenüber schon, denn da Du kein richtiger Mensch bist, ist es mir egal, was Du denkst / siehst / fühlst.?
Um Himmels willen, nein, unsere Barfüßerei soll niemanden beleidigen, und wer sich beleidigt fühlt, ist selber Schuld. Aber. Nonkonformes Verhalten (wie Barfußgehen, schwul/lesbisches Verhalten öffentlich machen etc.) schließt auch immer die Botschaft ein, dass uns das eventuelle Kopfschütteln, das mögliche Unverständnis zumindest soweit egal ist, als dass es uns nicht dazu bringt, unser Verhalten deshalb zu ändern.
Und jetzt kommt die eigentliche Idee: Stellt Euch mal vor, dass in den Köpfen der Nicht-Barfüßer der vorletzte Satz holzschnittartig verkürzt ankommt, nämlich so: ?Denen ist es egal, was ich denke / fühle. Die tun`s trotzdem!?
Bevor Ihr aufschreit ?So ist das doch nicht gemeint? überlegt bitte, welche Tipps hier den Barfüßigen gegeben werden, wenn sie in diesem Forum berichten, sie seien mit dummen Sprüchen konfrontiert worden: Ignorieren und / oder schlagfertig abschmettern!
Das ist gut so! Jedenfalls fällt mir zur Zeit auch nüscht Besseres ein.
Bei den Nicht-Barfüßigen kommt das aber ganz anders an: Die fühlen sich verletzt, weil ihr Unterbewußtsein nur den Satz ?Denen ist egal, was ich fühle.? realisiert und folglich abwehrend reagiert. Wenn sie dann auch noch blöderweise eine Äußerung vom Stapel lassen und wir, die Barfüßigen, auch noch intelligenter reagieren - und wir reagieren grundsätzlich intelligenter, weil wir Argumente haben und die nicht - dann ist der Bock fett und der Konflikt programmiert. Denn wir signalisieren nicht nur, dass uns deren Gefühle egal sind, sondern wir beweisen stante pede (stehenden Fußes - eine göttliche Metapher in diesem Zusammenhang) auch noch, dass wir intelektuell und überhaupt überlegen sind.
Sollte diese dritte Idee entgegen meiner Hoffnungen inhaltlich zutreffen, lautet unsere zusammengefaßte Botschaft: ?Ich bin Dir weit überlegen. Es ist mir egal, was Du fühlst.?
In Nicht-Barfüßers Kleinhirn wird daraus die Information ?Arrogantes Ar.......?.
Jaja, diese Analyse geht sehr, sehr weit und ist höchst spekulativ, aber ich habe mir nochmal jays Postings zum Kollegen aus der Buchhaltung angeschaut, und ich finde schlicht keine anderen Motive für dessen Verhalten.
Herrje! An dieser Stelle habt Ihr wahrscheinlich schon Alle auf den ?Zurück?-Button Eures Browser-Fensters geklickt. Aber trotzdem will ich zum Schluß noch meinen ganz persönlichen Tipp zum expansiven Barfußlaufen verraten.
Sagt einfach ?Ich hab` `ne Klatsche. Ich mag das so.? (Betonung jeweils auf dem ?ich?)
Damit stellt Ihr klar, dass Ihr weder an bürgerlichen Normen rütteln wollt, noch selbständiges Denken, noch Verhaltensänderungen initiieren wollt. Ihr stellt auch klar, dass Ihr nicht glaubt, dass die Anderen falsch liegen und / oder doof und / oder intolerant sind.
Ihr werdet feststellen, dass so eine kleine Macke wie das Barfußlaufen plötzlich akzeptiert wird.
Denn die Menschen sind gewohnt, von kompletten Idioten umgeben zu sein.
Wenn da jemand bewußt nur eine kleine Privatmacke pflegt, ist das geradezu erholsam.
Horrido!
Mercator

[image] Mein schöner Sport

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

Michael(KO), Thursday, 30.05.2002, 17:20 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

hallo mercator,

nachdem ich nun nicht (um ehrlich zu sein: ein zweiter anlauf wahr nötig) den zurück-button gedrückt habe, zuerst einmal gratulation zu deinen gedankenspielen. man muss zwar nicht mit allen gedanken übereinstimmen, deshalb hier mein (persönlicher) "gegenentwurf":

1.) Leute, die es tun, finden es geil, und die meisten davon würden gerne mehr davon wollen, trauen sich aber häufig nicht, es zu dürfen.

dem kann ich im prinzip zustimmen, zu den einschränkungen bitte etwas geduld (will heißen: siehe unten)

2.) Leute, die es blöd finden, haben definitiv keine stichhaltigen Argumente, bringen es aber trotzdem immer wieder fertig, die meisten Leute aus Punkt 1.) zu verunsichern.

volle zustimmung

Erste Idee: Barfußlaufen contra Triebverzicht

betrachte es auch mal von der seite: der mensch ist erwiesenermaßen ohne schuhe auf die welt gekommen (das soll auch heute noch so sein, auch wenn die schuhlose zeit wohl kaum noch den kreisssaal überdauert). die erfindung des schuhs als teil der bekleidung als schutz vor kälte ist sicherlich sinnvoll. leider gab und gibt es zeiten, in denen nicht jeder an den wirtschaftlichen errungenschaften teilnehmen kann/konnte - in den meisten fällen aus finanziellen gründen. hieraus entwickelt sich das nicht erreichbare zu einem statussymbol, welches wenn dann doch einmal errungen, nicht so schnell wieder abgegeben werden will. mit dem schuh dürfte es ähnlich gelaufen sein, wobei er sich schon vom statussymbol (sich in unseren breiten (finanziell) keine schuhe leisten zu können, ist eine randerscheinung) zu einem allgemeinen, nicht mehr hinterfragten gegenstand entwickelt hat (das auto z.b. ist vielleicht auf dem weg dorthin, aber hier gibt es noch gesellschaftsschichten, die es sich nicht leisten können, dennoch werden autoverweigerer in der gesellschaft ebenfalls als "kauzig" betrachtet).

Wir finden’s erstmal geil!

nunja, wenn du, so wie ich täglich eine stunde (barfuß, die gründe folgen noch) von und (teilweise) zur arbeit gehst, relativiert sich das "erstmal" auf die ersten paar schritte. glaube mir: es eine stunde am stück geil zu finden und das täglich, das gefühl kenne ich nicht...

Und dann hat Barfußlaufen auch noch etwas mit Nacktheit zu tun, indem wir etwas entblößen, was nach bürgerlichen Moralvorstellungen bedeckt gehört.

das mag stimmen, hat jedoch auch etwas mit durch zu hinterfragenden "bürgerlichen moralvorstellungen" zu tun

Und schließlich outen wir uns als Leute, denen sinnliche Wahrnehmungen qua Hautkontakt Spaß machen.

...naja...

Nackt? Hautkontakt? Hallo? Das zielt doch ganz klar in eine Richtung: SEX! oder zumindest Wohlgefühl.Und Alles, was damit zu tun hat, tut man nicht öffentlich.

immer diese vorstellung: gegenargument: nackt und hautkontakt geht bei normaler vor"gehens"weise tatsächlich nur mit den füßen, nackt ohne hautkontakt sind meine und die mehrzahl aller hände auch, ohne dass hier sexuelle gedanken im raum stehen. wenn denn der (nackte) fuß tatsächlich in hohem maße sexuelle gedanken motivieren würde, so stünde dies in direktem gegensatz zur sichtbaren praxis: ich habe im letzten jahr hier in koblenz nicht eine(n) barfüßigen geher(in) und nur einen barfüigen radfahrer gesichtet. wenn jemand das leben auf freiem fuß lebt, gibt es wohl auch noch bzw. nur andere als sexuelle gründe.

der gesundheitsaspekt, den du leicht hinterfragst, existiert bei mir auf jeden fall. wie bereits geschildert, gehe ich nahezu täglich etwa eine stunde (der weg von der arbeit, da hinwärts noch genügend öpnv verfügbar ist). anfangs habe ich (natürlich?) diesen weg beschuht zurückgelegt, mit der konsequenz von blasen und vor allem der tatsache, dass ich meine füße am ziel gespürt habe. ein vorteil des barfüßigen gehens ist, dass ich die füße auch nach einer stunde nicht (unangenehm) spüre, weiterhin sind mir blasen seitdem ein fremdwort. ich habe über die jahre sozusagen in einer "zurück-zur-natur"-entwicklung festgestellt, was der mir geschenkte körper ohne technische hilfsmittel zu leisten in der lage ist. seitdem ich (zumindest im sommer) komplett barfüßig lebe, habe ich auch nur dann kalte füße, wenn die außentemepraturen dieses erwarten lassen. dies zeigt mir doch, dass es gesundheitliche gründe gibt, die für das barfuß-gehen sprechen und die sind nachhaltiger als kurzfristige "sexuelle" gründe (barfuß durch eine matschpfütze -> geiles gefühl)

Als Barfüßer treffen wir sie viel empfindlicher, denn wir führen Ihnen etwas vor, wovon ich behaupte, dass sie es selber gerne täten, es sich aber selbst verbieten.

auch wenn ich hier sicherlich das eine oder andere widerwort erhalte: ich behaupte mal einfach, dass dem so nicht ist. wir leben in einer der freiesten und freizügigsten gesellschaftsformen der neuzeit. wenn es hier eine deutlich größere zahl menschen gäbe, die "es selber gerne täten", so würden sie es tun, es sei denn, sie hätten nicht realisiert, dass sie nur eine chance im leben haben.

Langgehegte Verhaltensmuster zu ändern ist aber ein Preis, den viele nicht zahlen wollen.

das wird es sein: die mehrheit kommt gar nicht auf den gedanken. wobei der preis ja ein sehr kleiner wäre, aber das ist ein anderes thema...

Da ist es für Nicht-Barfüßler viel einfacher, das Barfußlaufen im Allgemeinen und anwesende Barfußläufer im Besonderen für bekloppt zu erklären, ohne sich dazu in die Niederungen der sachlichen Diskussion zu begeben.
Unbeabsichtigt halten wir den Leuten einen Spiegel vor, und das macht viele Menschen sauer.

das ist leider richtig

Sagt einfach "Ich hab` `ne Klatsche. Ich mag das so." (Betonung jeweils auf dem "ich")

auch 'ne alternative *gg*

gruß

michael

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

Andreas S. @, Thursday, 30.05.2002, 19:14 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

Hallo,
Deine These bringt es exakt auf den Punkt. Auch ich laufe nicht aus Gesundheitsgründen barfuß, sondern weil es mir Spaß macht und ich Schuhe hasse. (Jedenfalls wenn es über 10°C warm ist).
Ansonsten müßte ich ja auf alles verzichten was Spaß macht, denn das ist meistens ungesund :-).
Ich bin auch derjenige, der sich im Stillen amüsiert, wenn sich die Leute umdrehen, weil man barfuß läuft.
Es ist, wie Du sagst. Sie trauen sich selbst nicht und lachen dann unkontrolliert.
Ich habe mich schon so manches mal gefragt, warum die Leute lachen, wenn sie mich im Auto durch die Stadt fahren sehen.
Man muß dazu sagen, daß ich alles außergewöhnliche liebe und mir im letzten Jahr einen alten vergammelten Straßenkreuzer gekauft habe. So'n richtiges Bluesmobil. Die Leute sehen den Wagen und lachen. Warum ? Lächerlich sieht er nicht aus. Nur ziemlich ungewöhnlich für's Golf-gewöhnte Volk.
Sie lachen nicht im negativen Sinn, wie z.B. beim Auslachen, sondern, wil sie es gut finden, daß einer so "durchgeknallt" ist und etwas "unvernünftiges" macht. "Ja, ist ja toll so'n Wagen. Hätte ich auch gern. Aberwas verbraucht er denn ?"
Meine Antwort: "Wenn ich feiern gehe, überlege ich auch nicht, was der Abend kostet und wieviel Bier durchgeht (der Verbrauch ist auch nicht ohne) sondern will meinen SPaß"
Und Spaß macht mir auch das Barfußlaufen.
Ich habe bisher immer zwei hervortretende Reaktionen hervorgerufen:
Schiefe Blicke von sog. "Spießern", also Hausmütterchen mit Dauerwelle und Gartenzwerg, oder Sympathie ( man zeigt das von seinem Körper, was andere verzweifelt verbergen wollen und wirkt dadurch menschlicher. Der Wiedererkennungswert steigt.
Gerade Frauen scheinen es ziemlich "anziehend" zu finden wenn man barfuß einen Laden betritt. Ich hab' da schon gute Erfahrungen gesammelt.
Barfuß laufen wirkt auch ansteckend wie ich oft feststellte.
Und...warum soll man seine Füße verbergen ?
Wenn mir das Gesicht anderer nicht paßt verlange ich ja auch nicht, daß sie sich nen Sack über den Kopf ziehen.

Gruß und Fuß

Andreas S.

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

jey, Friday, 31.05.2002, 13:18 (vor 8154 Tagen) @ Andreas S.

Gerade Frauen scheinen es ziemlich "anziehend" zu finden wenn man barfuß einen Laden betritt. Ich hab' da schon gute Erfahrungen gesammelt.

Hallo Andreas,

kann ich bestätigen. War jetzt in einem Jeans-Laden. Als die Verkäuferin mir eine Jeans aus dem unteren Regal zog, musste ihr Blick unweigerlich auf meine nackten Füße fallen, ebenso bei der Anprobe. Ich hatte auch den Eindruck, dass es ihr gefiel. Aber Jeans und barfuß gehören meiner Meinung nach sowieso zusammen. Dazu gibt es in den nächsten Tagen noch ein posting mit Bild, wenn ich weiß, wie es geht.

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

Andreas S., Saturday, 01.06.2002, 07:52 (vor 8154 Tagen) @ jey

Gerade Frauen scheinen es ziemlich "anziehend" zu finden wenn man barfuß einen Laden betritt. Ich hab' da schon gute Erfahrungen gesammelt.


Hallo Andreas,
kann ich bestätigen. War jetzt in einem Jeans-Laden. Als die Verkäuferin mir eine Jeans aus dem unteren Regal zog, musste ihr Blick unweigerlich auf meine nackten Füße fallen, ebenso bei der Anprobe. Ich hatte auch den Eindruck, dass es ihr gefiel. Aber Jeans und barfuß gehören meiner Meinung nach sowieso zusammen.

Hallo Jey,
ganz Deiner Meinung. Ich trage auch am liebsten Jeans, wenn ich barfuß laufe. Das sieht irgendwie am coolsten aus. Wenn ich kurze Hosen trage bin ich eher selten barfuß, deshalb trage ich selten kurze Hosen :-)
Bei Verkäuferinnen ist es mir schon öfter aufgefallen, daß sie gerade dann die Regale ganz unten sortieren müssen, wenn man barfuß davor steht.
Ich wurde auch schon einmal von einer Verkäuferin auf meine Zehenringe angesprochen. Also kurz gesagt, nur positive Reaktioinen.
Negativ reagierten bis jetzt nur unterbelichtete Arbeitskollegen.
Gestern betrat ich nichtsahnend einen Getränkemarkt um mich mit Bier für eine anschließende Renovierung einzudecken, als einer quer durch den Markt rief "hast Du deine Schuihe vergessen ? Ha Ha Ha."

Gruß und Fuß,

Andreas S.

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

jey, Saturday, 01.06.2002, 21:23 (vor 8153 Tagen) @ Andreas S.

Gerade Frauen scheinen es ziemlich "anziehend" zu finden wenn man barfuß einen Laden betritt. Ich hab' da schon gute Erfahrungen gesammelt.


Hallo Andreas,
kann ich bestätigen. War jetzt in einem Jeans-Laden. Als die Verkäuferin mir eine Jeans aus dem unteren Regal zog, musste ihr Blick unweigerlich auf meine nackten Füße fallen, ebenso bei der Anprobe. Ich hatte auch den Eindruck, dass es ihr gefiel. Aber Jeans und barfuß gehören meiner Meinung nach sowieso zusammen.

Hallo Jey,
ganz Deiner Meinung. Ich trage auch am liebsten Jeans, wenn ich barfuß laufe. Das sieht irgendwie am coolsten aus. Wenn ich kurze Hosen trage bin ich eher selten barfuß, deshalb trage ich selten kurze Hosen :-)
Bei Verkäuferinnen ist es mir schon öfter aufgefallen, daß sie gerade dann die Regale ganz unten sortieren müssen, wenn man barfuß davor steht.
Ich wurde auch schon einmal von einer Verkäuferin auf meine Zehenringe angesprochen. Also kurz gesagt, nur positive Reaktioinen.
Negativ reagierten bis jetzt nur unterbelichtete Arbeitskollegen.
Gestern betrat ich nichtsahnend einen Getränkemarkt um mich mit Bier für eine anschließende Renovierung einzudecken, als einer quer durch den Markt rief "hast Du deine Schuihe vergessen ? Ha Ha Ha."

Gruß und Fuß,
Andreas S.

Ja, Andreas, die Sprüche kenn ich auch. Und die Arbeitskollegen sind meistens die intolerantesten Zeitgenossen. Nur die Jeansverkäuferinnen scheinen es zu mögen. Stimmt genau.
Fuß
jey

Macht Euch keine Mühe

Martin barfuss @, Thursday, 30.05.2002, 21:53 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

So gut auch ich all diese Dinge auf den Punkt gebracht sehe;
macht euch keine Mühe - wenn in diesem Forum jemand an Erotik auch nur denkt oder gar das Wort S e x auszuschreiben wagt, wird vom Forenmaster gnadenlos gelöscht!
Wir sind hier ja sooooo anständig ...

Macht Euch keine Mühe

Hans-Martin, Friday, 31.05.2002, 22:45 (vor 8154 Tagen) @ Martin barfuss

So gut auch ich all diese Dinge auf den Punkt gebracht sehe;
macht euch keine Mühe - wenn in diesem Forum jemand an Erotik auch nur denkt oder gar das Wort S e x auszuschreiben wagt, wird vom Forenmaster gnadenlos gelöscht!
Wir sind hier ja sooooo anständig ...

Was sollte daran auch unanständig sein. Nur: Dies ist nicht das Thema des Forums. Alles zu seiner Zeit und an seinem Ort (im Internet).

Hier ist nicht persönliche Belästigung gefragt, sondern Erfahrungsaustausch und Ermutigung, die, nach den Postings zu urteilen, schon einigen geholfen hat.

Hans-Martin

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

Berni(N) @, Thursday, 30.05.2002, 23:46 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

...
Als Barfüßer treffen wir sie viel empfindlicher, denn wir führen Ihnen etwas vor, wovon ich behaupte, dass sie es selber gerne täten, es sich aber selbst verbieten.
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Hallo Mercator,

dieser Ausschnitt würde schon reichen, um alles zu beschreiben, was es überhaupt notwendig macht, ein solches Forum wie dieses zu betreiben. Das und der ganze Text .. absolut meine Meinung!

Grüße Berni(N)

Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen

jey, Friday, 31.05.2002, 13:13 (vor 8154 Tagen) @ Mercator

Jaja, diese Analyse geht sehr, sehr weit und ist höchst spekulativ, aber ich habe mir nochmal jays Postings zum Kollegen aus der Buchhaltung angeschaut, und ich finde schlicht keine anderen Motive für dessen Verhalten.

Hallo Mercator,

zugegeben, auch ich habe zwei Anläufe gebraucht, um dein Posting komplett zu lesen. Aber ich muss sagen, sehr interessant. Mir ist einiges klarer dadurch geworden. Danke. Um so erstaunlicher, dass es dann doch nicht mehr Reaktionen gibt. Ist vielleicht auch örtlich unterschiedlich.

Noch eine kleine Klarstellung, du meintest oben bestimmt mich, den jey mit "e". Es gibt auch einen mit "a", der bin ich aber nicht. Und schon fangen die Verwechselungen an.

Das Thema ist auch noch nicht ausgestanden. Ich werde euch auf dem Laufenden halten. Mit Bildern, wenn ich weiß, wie es geht.

ciao
jey

Noch 'ne Erklärung (link)

buff ⌂, Saturday, 01.06.2002, 11:43 (vor 8153 Tagen) @ Mercator

Liebe Leute,
als mehr oder weniger stiller Teilhaber verfolge ich seit ein paar Wochen Eure Berichte über Erfahrungen mit dem Barfußlaufen. Zusammengefaßt zeichnen sich folgende Erkenntnisse ab:
1.) Leute, die es tun, finden es geil, und die meisten davon würden gerne mehr davon wollen, trauen sich aber häufig nicht, es zu dürfen.
2.) Leute, die es blöd finden, haben definitiv keine stichhaltigen Argumente, bringen es aber trotzdem immer wieder fertig, die meisten Leute aus Punkt 1.) zu verunsichern.
Weil ich mich selbst ziemlich zum K***** finde, wenn ich mich - wie beim Thema Barfußlaufen - von Leuten aus Punkt 2.) verunsichern lasse, bin ick mal in mir jejangen, und mir sind da ein paar Ideen gekommen, die allesamt nicht wirklich neu sind, mit denen ich Euch im Folgenden aber dichtsülzen werde, wenn Ihr nicht sofort auf den "Zurück"-Button im Browserfenster klickt.
Erste Idee: Barfußlaufen contra Triebverzicht
ich weiß nicht mehr, welcher berühmte Mensch vor langer Zeit feststellte, dass ein wichtiges Merkmal des bürgerlichen Selbstverständnisses der Verzicht auf das (unmittelbare) Ausleben der Triebe (nicht nur des Sexualtriebs) ist. Sowohl die Adligen als auch die Sklaven, die Prolls, die Bauern konnten da wesentlich lockerer zur Sache gehen. Wenn wir barfuß laufen ist das ganz deutlich sichtbar, und es ist ganz deutlich etwas, was wir vor allem deshalb tun, weil es uns Spass macht. Kommt jetzt nicht mit dem Gesundheitsargument: Ich habe in diesem Forum bei Niemandem den Eindruck, dass medizinische Aspekte als Motiv fürs Barfußlaufen im Vordergrund stehen. Wir finden’s erstmal geil!
Und dann hat Barfußlaufen auch noch etwas mit Nacktheit zu tun, indem wir etwas entblößen, was nach bürgerlichen Moralvorstellungen bedeckt gehört. Und schließlich outen wir uns als Leute, denen sinnliche Wahrnehmungen qua Hautkontakt Spaß machen.
Nackt? Hautkontakt? Hallo? Das zielt doch ganz klar in eine Richtung: SEX! oder zumindest Wohlgefühl.Und Alles, was damit zu tun hat, tut man nicht öffentlich. Und - schwupps - haben wir Barfüßer einen Pfeiler bürgerlichen Selbstverständnisses in Frage gestellt. Lest doch mal einige Postings durch S. Freuds Brille, dann werdet Ihr wissen, was ich meine.
Lest besonders aufmerksam die Berichte über die Negativreaktionen, denn daraus stammt meine
zweite Idee:
Stellt Euch vor, das hier wäre ein Forum für Leute, die - sagen wir - gerne tote Ratten auf den Grill schmeissen, um sie anschließend zu verspeisen. Dann würden hier andere Berichte stehen: "Ich heisse Fritz, und gestern ist wieder keiner meiner Kollegen zur Grillparty gekommen, obwohl ich ganz viele eingeladen habe..." "Hallo ich bin die Petra, und meine Schulfreundinnen meiden mich, seit ich in der Pause meinen Rattenburger esse...." Jaja, wieder ein blödes Beispiel, aber was ich sagen will ist dies: Wären wir Rattenesser statt Barfüßer, dann würden die Anderen, so sie uns bei Ausübung unseres Hobbys denn zuschauten, nur stumpf ins Essen brechen, und der Fall wäre erledigt.
Als Barfüßer treffen wir sie viel empfindlicher, denn wir führen Ihnen etwas vor, wovon ich behaupte, dass sie es selber gerne täten, es sich aber selbst verbieten.
(Achtung: In dieser Argumentation liegt die Gefahr eines Zirkelschlusses a la Freud: "Hey, Du bist schwul!" "Bin ich nicht!" "Bist Du wohl!" "Spinnst Du? Ich bin nicht schwul!" "Deine agressive Reaktion zeigt, dass Du `s bist, es Dir aber verbietest bla bla...")
Trotz der Gefahr eines Zirkelschlusses bleibe ich dabei: Wir Barfüßer machen manche Leute nervös, weil wir ihnen zeigen, dass ihre Wünsche realisierbar wären, wenn sie erst ihr Denken und anschließend ihr Verhalten ändern würden. Langgehegte Verhaltensmuster zu ändern ist aber ein Preis, den viele nicht zahlen wollen. (Fällt mir selbst ja mitunter auch schwer.) Da ist es für Nicht-Barfüßler viel einfacher, das Barfußlaufen im Allgemeinen und anwesende Barfußläufer im Besonderen für bekloppt zu erklären, ohne sich dazu in die Niederungen der sachlichen Diskussion zu begeben.
Unbeabsichtigt halten wir den Leuten einen Spiegel vor, und das macht viele Menschen sauer.
Diese zweite Idee enthält - wie gesagt - die Schwäche eines möglichen Zirkelschlusses. Aber sie würde erklären, warum die Negativreaktionen, über die Ihr hier berichtet, immer dem gleichen (hirnlosen) Schema entsprechen.
Dritte Idee:
Es ist schon ein paar Jahre her, da gab`s im TV eine Dokumentation über einen Stamm von Urwaldbewohnern (Ich hoffe, das ist politisch korrekt formuliert.), ich weiß nicht mehr genau wo und wer, aber was hängengeblieben ist, ist ein Verhalten, das ich für unser Thema übertragbar halte: Die Leute wohnen in einer Gegend, in der es ständig ziemlich warm ist. Folglich laufen sie nicht nur dauernd barfuß, sondern auch sonst ziemlich leicht bekleidet umher: Ein Band um die Hüften, das einen Lappen trägt, dem es mehr oder weniger mißlingt die Genitalien zu verdecken. Praktisch, locker, luftig. (Ich wünschte ernsthaft, ich könnte im Sommer auch mal sowas tragen, ohne auf der Stelle meinen Job zu verlieren. Und wir nennen die unterentwickelt...) Das Film- und Forscherteam war überrascht über das Verhalten jener Menschen, lachend wie zur Begrüßung diesen Lappen anzuheben und somit den ungehinderten Blick auf die Genitalien freizugeben. Sehr spät dämmerte es den Europäern, dass dieses Verhalten beleidigend gemeint war. Die Botschaft lautete nämlich: "Richtigen Menschen gegenüber entblöße ich mich nicht völlig. Dir gegenüber schon, denn da Du kein richtiger Mensch bist, ist es mir egal, was Du denkst / siehst / fühlst."
Um Himmels willen, nein, unsere Barfüßerei soll niemanden beleidigen, und wer sich beleidigt fühlt, ist selber Schuld. Aber. Nonkonformes Verhalten (wie Barfußgehen, schwul/lesbisches Verhalten öffentlich machen etc.) schließt auch immer die Botschaft ein, dass uns das eventuelle Kopfschütteln, das mögliche Unverständnis zumindest soweit egal ist, als dass es uns nicht dazu bringt, unser Verhalten deshalb zu ändern.
Und jetzt kommt die eigentliche Idee: Stellt Euch mal vor, dass in den Köpfen der Nicht-Barfüßer der vorletzte Satz holzschnittartig verkürzt ankommt, nämlich so: "Denen ist es egal, was ich denke / fühle. Die tun`s trotzdem!"
Bevor Ihr aufschreit "So ist das doch nicht gemeint" überlegt bitte, welche Tipps hier den Barfüßigen gegeben werden, wenn sie in diesem Forum berichten, sie seien mit dummen Sprüchen konfrontiert worden: Ignorieren und / oder schlagfertig abschmettern!
Das ist gut so! Jedenfalls fällt mir zur Zeit auch nüscht Besseres ein.
Bei den Nicht-Barfüßigen kommt das aber ganz anders an: Die fühlen sich verletzt, weil ihr Unterbewußtsein nur den Satz "Denen ist egal, was ich fühle." realisiert und folglich abwehrend reagiert. Wenn sie dann auch noch blöderweise eine Äußerung vom Stapel lassen und wir, die Barfüßigen, auch noch intelligenter reagieren - und wir reagieren grundsätzlich intelligenter, weil wir Argumente haben und die nicht - dann ist der Bock fett und der Konflikt programmiert. Denn wir signalisieren nicht nur, dass uns deren Gefühle egal sind, sondern wir beweisen stante pede (stehenden Fußes - eine göttliche Metapher in diesem Zusammenhang) auch noch, dass wir intelektuell und überhaupt überlegen sind.
Sollte diese dritte Idee entgegen meiner Hoffnungen inhaltlich zutreffen, lautet unsere zusammengefaßte Botschaft: "Ich bin Dir weit überlegen. Es ist mir egal, was Du fühlst."
In Nicht-Barfüßers Kleinhirn wird daraus die Information "Arrogantes Ar.......".
Jaja, diese Analyse geht sehr, sehr weit und ist höchst spekulativ, aber ich habe mir nochmal jays Postings zum Kollegen aus der Buchhaltung angeschaut, und ich finde schlicht keine anderen Motive für dessen Verhalten.
Herrje! An dieser Stelle habt Ihr wahrscheinlich schon Alle auf den "Zurück"-Button Eures Browser-Fensters geklickt. Aber trotzdem will ich zum Schluß noch meinen ganz persönlichen Tipp zum expansiven Barfußlaufen verraten.
Sagt einfach "Ich hab` `ne Klatsche. Ich mag das so." (Betonung jeweils auf dem "ich")
Damit stellt Ihr klar, dass Ihr weder an bürgerlichen Normen rütteln wollt, noch selbständiges Denken, noch Verhaltensänderungen initiieren wollt. Ihr stellt auch klar, dass Ihr nicht glaubt, dass die Anderen falsch liegen und / oder doof und / oder intolerant sind.
Ihr werdet feststellen, dass so eine kleine Macke wie das Barfußlaufen plötzlich akzeptiert wird.
Denn die Menschen sind gewohnt, von kompletten Idioten umgeben zu sein.
Wenn da jemand bewußt nur eine kleine Privatmacke pflegt, ist das geradezu erholsam.
Horrido!
Mercator

[image] Hirnforschung

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