Aprilpresse, die zweite (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Monday, 06.05.2002, 20:44 (vor 8178 Tagen)

Hallo zusammen,
mit einiger Verspätung kommt der zweite Teil der Aprilpresse barfuß des Wegs :
Interkulturelles Training der Awo zu Migration und Umgang mit anderen Kulturen
Neuer Blick durch die Kulturbrille
Sozialpädagogen und Polizisten erfahren: "Anpassung ist harte Arbeit und erzeugt viel Stress" [...]
Waren Sie schon mal auf Albatros? Nehmen Sie sich die Zeit für einen kleinen Ausflug: Auf der fremden Insel sitzt der Mann auf einem Stuhl, die Frau kniet barfuß auf dem Boden. Sie reicht ihm ein Schälchen mit Erdnüssen, er kaut genüsslich. Dann erst beginnt sie zu essen.
Unterordnung, Abhängigkeit ? die Schlagworte fallen schnell. "Aber die Frau hat die Macht über die Nüsschen", wirft eine Sozialpädagogin ein. Sonst sind sich die 18 Teilnehmer des Interkulturellen Trainings der Awo ziemlich einig.
"Schauen wir mal, wie's wirklich ist. . .", sagt Steffen Kircher von Inkutra. Das Volk auf Albatros betet die Göttin der Erde an, und Frauen haben als Leben-Schenkende viele Privilegien. Sie dürfen auf dem Boden ? nahe der Erde ? sitzen und barfuss gehen, der Mann kostet ihre Speisen vor und schützt sie, indem er vorangeht. Hätten Sie's gedacht? Nein? Das ist typisch Kulturbrille: Wir übertragen unsere Normen und Werte auch auf solche Situationen, die wir nicht kennen, sagt Kircher: "Aber das passt halt nicht." [...]
Mit ihren Schulungen wollen Sindbert und Kircher interkulturelles Verständnis wecken und schärfen [...]
Den kulturellen Rollentausch üben die Teilnehmer spielend. Mit andersfarbigem Blatt müssen sich die "Fremden" in eine laufende Kartelrunde einpassen und neue Regeln lernen. Ohne ? das empfanden alle als bedrückend ? sprechen zu können. "Anpassung ist harte Arbeit und erzeugt Stress", schildert Thomas Rossa vom ASD seine Erfahrung. "Wir nehmen unsere eigene Kultur für selbstverständlich und haben leider oft wenig Zeit nachzudenken" [...]
[Nürnberger Nachrichten, 20. 04. 2002]
Barfuß gehen dürfen - dieses Recht können bei uns auch die Männer in Anspruch nehmen !

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Oper / Theater / Musical
Tanztheater in Köln: "Senza Fine" von Joachim Schlömer -Spiel mir das Lied vom Tod in Rimini [...]
Joachim Schlömers "Senza Fine oder als Rimini noch schön war"beschwört die Melancholie eines Seebads jenseits der Sommermonate. Ein sperriges, aber schön buntes Tanztheatererlebnis in Köln.
Im Altenheim ist Rentnerball. Angetan mit Strohhüten, legeren Hosen und Blümchenkleidern drehen sich die grauhaarigen Damen und Herren zu Morricones süßen, Tod verkündenden Klängen im Kreis.
Sie tanzen barfuß und unermüdlich, angetrieben von einem pomadigen Animateur, der beständig um die Paare herum wieselt und durchs Megaphon auf italienisch anfeuernde Rufe von sich gibt [...]
Stark ausgeprägt sind die burlesken Elemente. Immer wieder werden die Akteure von der Tücke der Objekte überlistet: Cinderellas Schuh, der sich nicht fangen lässt, ein heimtückischer Vorhang, der zur Falle wird, die eigenen Füße, die, widerspenstig, nicht gehorchen wollen.
Gegen Ende nimmt das Tempo rasant zu. Tür auf, Tür zu, Verfolgungs-jagd auf der Bühne. Eine Flut von Bildern, überbordend und episodenhaft. Dielen krachen, Uhren ticken, ein Mann wird zusammen geschlagen, eine Frau beraubt. Der Gigolo ist ein Trottel, eine Giraffe stolpert über die Bühne, und da, wo es eben noch zur singenden Säge geschneit hat, toben plötzlich Gogo-Boys durch eine glitzernde Discowelt. Sperrig. Aber schön bunt.
[Westdeutsche Zeitung, 18. 04. 2002]
Wie der Zufall es will, gab es fast zeitgleich noch mehr Berichte barfüßiger Tanzaufführungen :
Barfuß durch das Eis
Martin Stiefermanns getanzte Engelsuche [...]
Oldenburg - Wasser von unten und oben und in allen Formen: als Bach, Dusche, Dampfschwaden, gespuckte Fontänen und schließlich als Eisbrocken, der vom Bühnenhimmel herabdonnert und wie eine Bombe zerplatzt.
Der spektakuläre Einsatz eines Elements als Symbol für Tod und Leben beherrscht Martin Stiefermanns Tanzstück "Lenk meinen Schritt engelwärts", das am Samstag im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters uraufgeführt wurde. [...]
Sterben und Tod, Aufbegehren gegen den Verlust des Partners und Trauer, von sechs Solisten-Paaren in individuellen Variationen vermittelt, sind der ganz auf den Tanz konzentrierte 30-minütige Auftakt. Im zweiten Teil mit einer Begegnung der Paare ohne Aussicht auf Vereinigung der Toten und Lebenden verlässt Stiefermann sich nicht auf seine Choreografien. Stattdessen setzt er auf die Wasser- Effekte und auf eine eher skurrile Fantasie in seiner Zweit-Funktion als Ausstatter seines Stücks. Reihenweise und neckisch wehen weiße Kleidungsstücke in luftiger Höhe, ab und zu flattert ein trockenes Teil vor die Füße der Nassen [...] Das Publikum feierte das durchnässte Ensemble, das nicht nur beim Barfuß-Tanz durch Eissplitter extrem gefordert war, und seinen Choreografen mit lang anhaltendem Beifall und Jubel.
[nordwest.net, 22. 04. 2002]
Und auch dieser :
Anmutige Ecken [...]
Akram Khan, in London geboren, die Eltern kamen aus Bangladesch, lernte an der Academy of Indian Dance den Kathak, einen Tanz mit fein ziselierter Fußarbeit und schnellen Pirouetten. Dann ließ er sich in zeitgenössischem westlichen Tanz ausbilden. An Anne Teresa De Keersmaekers renommierter Brüsseler "Parts"-Schule besuchte er außerdem ein "choreografisches Labor". Er gründete seine eigene Company, tritt aber auch weiterhin solo auf; und ist ein eleganter, quicker Tänzer.
Aufregend, wie er fernöstliche mit westlicher Tradition verbindet: Sein Tanz bezieht Spannung aus dem Wechsel von sehr schnellen Bewegungen, derwisch-artigen Pirouetten etwa, und der momentanen Erstarrung in bestimmten Positionen. Eine Erstarrung, die aber vor Kraft vibriert und stets ahnen lässt, dass gleich der nächste Ausbruch folgen wird. Seine Arm- und Handbewegungen sind mal eckig-abrupt, mal nach indischer Art anmutig bis in die Fingerspitzen. Sprünge, Fallbewegungen westlicher Art kommen darin vor, dann wieder der flinke Rhythmus nackter Füße. Doch nie steht der eine Stil einfach neben dem anderen, beide Elemente bilden vielmehr etwas Neues, ganz und gar Überzeugendes. In dem sogar Ironie und Humor Platz finden [...]
[Frankfurter Rundschau, 24. 04. 2002]
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Göttinger Symphonieorchester mit Stars von morgen
Markante Vorträge voller Lebensfreude [...]
Angekündigt waren sie als "Stars von morgen", doch warum die Zukunft bemühen? Was die beiden jungen Nachwuchstalente den Besuchern des vom Helmstedter Kulturverein veranstalteten KULtour-Konzerts in der Süpplingenburger St.-Johannes-Kirche boten, kann man heute schon mit Fug und Recht als herausragende Leistung bezeichnen.
Da lieferte Wilma Rehberg am Marimbaphon eine mitreißende und effektvolle Interpretation des Konzerts von Ney Rosauro. Wem zunächst beim Anblick der im Flower-Power-Look gekleideten, im kalten Kirchenschiff barfüßig auftretenden Künstlerin ein leichtes Frösteln überkam, der wurde bei heißblütigen brasilianischen Rhythmen schnell erwärmt.
Beeindruckend dabei die versierte Führung der zumeist vier gleichzeitig gehaltenen Schlägel, mit denen die konzentriert agierende Marimbistin mit sicherem metrischen Gespür in wirbelndem Tempo und exakt repetierendem Schlag ein überaus lebendiges Klangbild zu erzeugen wusste [...]
[newsclick, 23. 04. 2002]
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Ein Hauch von Sommer - Hamburg lebt auf
19 GRAD Tausende Hamburger an der Elbe, dichtes Gedränge in den Straßencafés. Leider gab die Sonne nur ein Zwischenspiel. [...] Wer konnte, verbrachte so viel Zeit wie möglich unter freiem Himmel.
So auch Studentin Sandra Schröder (29): Sie gönnte sich den Luxus, den Nachmittag mit Tochter Lea (3) am Elbstrand zu verbringen. "Wir zwei genießen das schöne Wetter in vollen Zügen. Die Kleine kann den Sommer kaum abwarten", freute sich die Mutter. Die beiden hatten es sich auf einer Wolldecke gemütlich gemacht. Lea griff unentwegt in den warmen Sand, ließ ihn durch ihre Finger rieseln. Dann sprang sie auf und rannte quietschend vor Freude den Strand entlang. Das erste Mal in diesem Jahr, dass sie barfuß spielen konnte. [...]
[Hamburger Abendblatt, 23. 04. 2002]
Den Spaß von Lera kannhier gewiss jeder gut verstehen !
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"Sterne von Morgen" glitzerten ? aber das wahre Strahlen fehlte [...]
Mit Begeisterungsstürmen bedachte das Hamelner Publikum die "Sterne von Morgen", junge Solisten des European Youth Ballet, unter Leitung von Alexander Hoffmann am Mittwochabend im Theater. Das Konzept ist so einfach wie bestechend: Tänzer aus Ost und West treten gemeinsam in einem Ensemble auf ? alle an den besten Ballettcompagnien ihrer Heimatländer ausgebildet und bereits Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe. [...]
Weiterer Höhepunkt: Undine Hegener in "Prelude" (Musik: George Gershwin/Choreografie: Dietmar Seyffert). Auch sie, mit langen, offenen Haaren, schwarzer Hose und ärmelloser Weste, lässig, fast improvisiert wirkend, bietet eine ungewöhnliche Performance. Fast akrobatisch, stark und effektvoll ? und deshalb ebenso umjubelt ? das selbst choreografierte Solo von Thomas Johanson zu irischer Volksmusik. Man hätte sich an diesem Abend mehr von diesen Choreografien, oft barfuß und vor minimalistischer Kulisse getanzt, gewünscht. [...]
[DEWEZET, 26. 04. 2002]
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Barfuß-Pfad ergänzt den Pulaski-Park
Gestern von Oberstleutnant Lyndra Reid eingeweiht - Erste Baumpflanzaktion vor zwei Jahren
Einen Barfuß-Pfad im "Pulaski Barracks Park" hat am gestrigen Tag der Umwelt Oberstleutnant Lyndra Reid, Kommandeurin des 415th Base Support Battalion der US Armee in Kaiserslautern der Öffentlichkeit übergeben.
Der etwa 100 Meter lange, mit Rindenmulch gepolsterte schmale Weg vervollständigt das 2,5 Hektar große Freizeitgelände auf der Vogelweh. Die Umgestaltung des einst desolaten Militärgeländes hatte im April 2000 mit einer ersten Baumpflanzaktion begonnen. Ein Waldlehrpfad wurde errichtet und ein Waldklassenzimmer. Ebenso wurden Grillzonen eingerichtet und Tische und Bänke aufgestellt.
Ohne die großartige Hilfe durch das Land Rheinland-Pfalz und die Stadt Kaiserslautern seien die Verbesserungen im Park nicht möglich gewesen, betonte Reid gestern [...]
Weiterhin gebe es einen regen Austausch zwischen amerikanischen und deutschen Schulen, die gemeinsam den Waldlehrpfad und das Waldklassenzimmer nutzten. (krh)
[Rheinpfalz Online, 27. 04. 2002]
Bei einem weiteren Projekt packten die künftigen Nutzer kräftig mit an :
Barfuß auf großer Entdeckungsreise
Kinder werkeln als Beitrag zur Agenda 21 fleißig im Winklergarten - Holzxylophon und Weidentipi
Vohenstrauß. (dob) Trotz des kalten Windes am Samstag haben sich einige Kinder warm eingepackt in Jacken und Mützen auf den Weg in den Winklergarten gemacht. Derzeit entsteht dort der "naturnahe Spielgarten", der als Beitrag zur Agenda 21 verstanden werden soll.
Unter fachgerechter Anleitung des Umweltpädagogen Peter Landgraf aus Weiden und der pädagogischen Mitarbeiterin Irmtraud Eckel von der Volkshochschule schaufelten und gruben die Mädchen und Buben begeistert ihren ersten "Barfußpfad" [...]
Die Natur zu Fuß und noch dazu hautnah erleben, dafür haben sich die Kinder in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule vielfältig Gedanken gemacht. Barfußgehen auf einem Wald- und Wiesenweg sei ohnehin ein echtes Vergnügen, waren sich die Buben und Mädchen schon zu Beginn sicher. Noch dazu wird jetzt im Winklerspielgarten für optimale Abwechslung gesorgt [...]
Die Kinder werkelten mit Schaufel und Rechen und befüllten die unterschiedlichen Felder mit gesammelten Naturmaterialien wie Tannenzapfen, Rindenmulch, Moos oder Kieselsteinen. Über Stock und über Steine so geht's im Winklergarten auf den neuen Barfußpfad dahin.
Die unterschiedlichen Stationen vermitteln den Kindern außer Spaß auch ein wenig Geschicklichkeit und Balancegefühl und vermitteln der Fußsohle vielfältige Eindrücke [...]
[Der Neue Tag, 30. 04. 2002]
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Kommentar: Kontrollierte Offensive
Sollte der Dürkheimer Bürgermeister in den nächsten Tagen etwas verschnupft sein, liebe Leserinnen und Leser, dann liegt das nicht (mehr) daran, dass ihm jemand auf den letzten Drücker quasi noch in die Isenach spucken wollte, eines seiner erklärten Lieblingsprojekte - die leichten Wellen durch die öffentliche Kritik einiger Ratsmitglieder haben sich anscheinend wieder gelegt [...]
Ach ja, der mögliche Schnupfen des Bürgermeisters Der ließ es sich nicht nehmen, in sommerlicher Vorfreude gestern schon mal mit nackten Füßen in der Isenach zu waten. Wie viel Grad? - Er nur: "Kalt!!"
Ein schönes Wochenende - sicher mit Spaziergang an der Isenach! [...]
[Rheinpfalz Online, 27. 04. 2002]
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Mein armes kleines Land
Nomadentochter und Ex-Model Waris Dirie besucht ihre Familie in Somalia [...]
Sie kam aus der Wüste und machte auf den Laufstegen von Paris, Mailand und New York Karriere. Ihre Schönheit ist ihr Kapital. 1997 spricht sie in der Frauenzeitschrift Marie Claire zum ersten Mal über ihre Totalbeschneidung, es gibt einen Skandal, und Waris Dirie erkennt ihre eigentliche Mission. Obgleich sie sich als Verräterin ihrer Familie und Kultur empfindet, engagiert sie sich seither als Uno-Sonderbotschafterin gegen die Genitalverstümmelung von Frauen, die immer noch in rund 28 Ländern der Erde praktiziert wird.
Nach dem Erfolg ihrer als bewegend und erschütternd bewerteten Autobiografie "Wüstenblume", in der sie die am eigenen Leib erfahrene Intimverletzung öffentlich machte, wählte sie das Schreiben als Lebensunterhalt und schon führt auch ihr zweites Buch "Nomadentochter" die Bestsellerlisten an.
Warum? Die Form ist schlicht, der Inhalt auch [...]
Leicht und seicht, aber ohne Exotismus zu bedienen, schildert Dirie den Alltag im Dorf [...] Das Leben ist elend, die hygienischen Bedingungen stinken zum Himmel, aber der Somali hat Würde: "Meine Leute gehen barfuß über Felsen und durch Dornenbüsche, aber niemals ohne Schuhe auf den Abort." [...]
[Berliner Zeitung, 29. 04. 2002]
Der Standpunkt ist tatsächlich vernünftig - und grenzt das Einsatzgebiet von Schuhen auch sinnvoll ein !
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Alle Sinne sind gefragt [...]
Leichlingen - Das ließen sich die Kinder nicht nehmen: Die neu gebaute Anlage im Garten der Kindertagesstätte Am Hammer weihten sie gleich selber ein.
Fasziniert spazierten die Kleinen über den Sinnespfad - eine Erlebnisreise für die Sinne. Barfuß wandelten sie über harte und weiche Bodenbeläge, erfühlten mit ihren Händen verschiedene Stoffmaterialien und auch fürs Ohr und die Nase gab es einiges zu entdecken: so etwa Düfte, wie frisches Basilikum, Minze oder Lorbeerblätter.
"Die Kinder lernen dadurch, wieder ihre Sinne zu sensibilisieren", erklärte Sabine Hahn, die den Pfad zusammen mit den anderen Eltern der Tagesstätte in Eigenregie aufgebaut hatte. Knapp 300 Stunden investierten die fleißigen Väter und Mütter in den Aufbau, der zwei Monate dauerte. Auf dem Frühlingsfest am Samstag wurde der Pfad schließlich eingeweiht [...]
Anna-Sophie Ringel gefiel's: "Vor allem das Erfühlen von Fellen und Federn hat mir Spaß gemacht", erzählte die Fünfjährige. Doch noch ist nicht alles fertig. Eine mit Kräutern bepflanzte Schnecke aus Ton und ein Klangpfahl sollen noch hinzu kommen. "Denn nur wer die Natur kennt, sie sinnlich sehend, riechend, kostend und hörend erfährt, kann sie auch lieben und schützen", meinte Hahn.
[Kölner Stadt-Anzeiger, 29. 04. 2002]
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Es schlabbert und schmatzt
Wunderbare Lautmalereien und ausdrucksstarke Mimik
Villingen-Schwenningen. Erotikomische Geschichten aus 1001 Nacht, erzählt, gespielt und gemimt von Patrizia Barbuiani und Markus Zohner in der Scheuer des Villinger Jugendhauses.
Da saß der riesige Mann mit der knalligen Glatze, streckte die Glieder und begann zu erzählen vom Sultan Schehrijar und seiner lieblichen Gattin. Die lächelte hold, zeigte, wie eine Dame singt und plaudert wie man mit einem Liebhaber den Gatten betrügt. Zur Strafe wird ihr der Kopf abgeschlagen, ihr Körper hängt leblos auf dem Stuhl.
Und nun braucht der Sultan jede Nacht eine Jungfrau; da er an Frauentreue nicht mehr glaubt, wird jede am Morgen geköpft - das läuft im Spiel von Mann und Frau wie in einer Wurstfabrik. Doch die kluge Scheherazade erzählt dem Sultan Geschichten, die am spannendsten sind, wenn der Morgen graut - dann unterbricht sie sich mit ironischem Lächeln hinter ihrem mit den Händen angedeuteten Schleier und sagt: "Jetzt muss ich zum Henker!" Der Sultan will natürlich die Fortsetzung der Geschichte hören, und so verschont er sie von Tag zu Tag.
Die Geschichten kann man nachlesen - einmalig aber ist, wie dieser Mann und diese Frau sie spielen.
Ihre Gesten im Sitzen zeigen, wie sie reiten, gehen, einen anderen Menschen schleppen, eine reiche Mahlzeit mit den Fingern essen, die Speisen im Mund von einer Backe in die andere schieben [...] Ihre Sprache wechselt vom Erzählen zur Lautmalerei, deutet spielerisch arabische Klänge an [...]
Kein Bühnenbild, nur zwei Stühle. Weite Seidengewänder und bloße Füße - und schon die Bewegung eines großen Zehs oder ein Ohrenwackeln entführen die Zuschauer ins unermesslich weite Reich der Phantasie [...]
[Schwarzwälder Bote, 29. 04. 2002]
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Dreißig Jahre in zwei Stunden
Südstadt (OZ) 30 Jahre City in über zwei Stunden. Der dumpfe Beat vom Schlagzeuger Klaus Selmke ließ das Zwerchfell beben. 4500 Menschen kamen in die Stadthalle. Sie wollten das fünfte und letzte Konzert der Geburtstags-Tournee anlässlich des 30-jährigen Bühnenjubiläums der Rockgruppe City nicht verpassen.
Alle, die nicht da waren, haben was verpasst. Die Ostrocker boten Handgemachtes vom Feinsten gepaart mit einer perfekten Bühnenshow [...]
Klaus Selmke, den ganzen Abend barfuß, verzichtete auf einen Hocker und nahm in Go-Cart-Haltung direkt auf dem Bühnenboden vor seinem Schlagzeug Platz. Das Publikum hatte seine Freude, dankte es mit Textsicherheit; sang bei "Berlin" lautstark mit, riss die Arme hoch, war jede Minute voll dabei [...] "Gegen City sieht so manche Teenyband alt aus", schwärmte Caroline Höfer (26) nach dem Konzert [...]
[Ostsee Zeitung, 29. 04. 2002 ]
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Die Kunst geht da mal barfuß [...]
BAD SOBERNHEIM ? "Art goes barefoot" heißt es zur Eröffnung der Barfußpfad-Saison am Samstag, 4. Mai, 10.30 Uhr. Dietlind Articda zeigt dann textile Materialbilder aus Ecuador, Petra und Uwe Hill stellen Metallkunst vor, Gabriele Linn ist mit Werken in Felke-Lehm-Kunst präsent, und Dirk Linn wird eine belebte Skulptur aufstellen. Das Publikum soll mitmachen und einen bleibenden Eindruck mit nach Hause nehmen. Als Schmankerl sind auch Sobernheimer Lehmfüße im Angebot. Auf ART-ige Kinder wartet eine ganz besondere A(R)Ttratikon.
[Main Rheiner, 30. 04. 2002]
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Singen, statt Bomben basteln [...]
Die Liedermacherin Barbara Thalheim stellt im Kesselhaus der Kulturbrauerei mit zwei Dutzend Orchestermusikern ihr neues Programm »Deutsch zu sein bedarf es wenig« vor.
Man darf den ungefähr zweistündigen Abend in mehrfacher Hinsicht grenzüberschreitend nennen. Die Sängerin lässt sich vom Berliner KammerOrchester begleiten [...] Die Musiker selbst treten aus dem Schatten einer traditionellen Begleitung heraus. Im titelgebenden Lied, einer Parodie des alten Kanons »Froh zu sein bedarf es wenig«, greifen einzelne von ihnen zum Mikrofon und geben in rhythmischem Sprechgesang Kommentare wie »Deutsche kurze Lederhose/ Eine Weißwurst, eine große/ Bayernschulreform« bis »Riesa/ Ändert nichts am Flop von Pisa.« zum Besten. Die internationale Zusammensetzung des freien, nicht-subventionierten Klangkörpers schließlich verführte Thalheim dazu, ein Songprogramm zur erfolgreich gelebten Multikultur zu entwickeln. Die 24 Musiker stammen aus 18 Ländern.
Orchesterleiter Roland Mell verweist darauf, dass Jugendliche, die mit sinnvollen Projekten beschäftigt seien, keine Zeit zum Bombenbasteln hätten [...] . »Biografie« erzählt von einer Frau, die im westlichen Wohlstand erstickte, »Um auszutricksen unseren Tod« vom Rückzug in die Melancholie, »Barfuß gehen« ? in Anlehnung an den Titel von Kurt Demmler ? davon, die Schäden der Zivilisation ohne Scheuklappen wahrzunehmen [...]
[Neues Deutschland, 30. 04. 2002]
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Belesene Füße
von Georg


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