I make shoes for everyone / But I still go barefoot (Bob Dylan)

Hallo zusammenmiteinander! ,

nun finde ich, dass es auch für mich mal an der Zeit ist, wieder etwas von mir hören zu lassen. (Obwohl meine Faulheit von beträchtlicher Erheblichkeit ist!)
Das zuende gehende Jahr bringt gute Gelegenheit, auf die vorangegangenen Monate zurückzublicken. Für mich war es mein eigentlich erstes richtiges Barfuß-Jahr, was in diesem Sinne nicht heißen soll, dass die früheren Jahre etwa falsche Barfuß-Jahre gewesen wären, aber sie waren Jahre, in denen barfüßige Aktivitäten für mich keine besonders herausragende Rolle spielten. Zwar war ich schon immer mal ganz gern, wenn sich eine Gelegenheit bot, spontan schuhlos unterwegs, aber doch kaum über einen wirklich längeren Zeitraum hinweg. Wenn es "richtig" warm war, "überkam" es mich dann ganz einfach, und ich genoss es dann, mit nackten Füßen "in der Öffentlich-
keit aufzutreten" - mal zum Einkaufen, mal im Straßencafe. Aber es blieb doch meist bei verhältnismäßig kurzen einzelnen Aktionen. Das kostete mich schon ein gutes Stück Überwindung, war dann aber doch ein tolles Gefühl - nur hinterher war ich oft nicht mehr so ganz glücklich, stellte sich dann doch häufig so ein komisches gefühl von dezenter, aber doch spürbarer Scham wegen meines Tuns ein. Ich kam mir dann immer ein wenig kindisch vor, fast schon bereute ich mein vorheriges Barfußgehen. - "Barfußlaufen ist doch mehr etwas für kleine Kinder, Erwachsene tun doch so was nicht!" - Jedenfalls fühlte ich mich schon ein wenig wie ein leicht spinnerter Außenseiter.
Vorbei. Ich entdeckte unter anderem dieses Forum hier - und alles wurde anders. Es war wirklich für mich die Entdeckung des Jahres 01. Ich gewann neue Erkenntnisse mit vielen praktischen Folgen. Mit schönen Erlebnissen. Da kann sich ein völlig neues Bewußtsein entwickeln ...
Und was weiß ich nun, was mir zuvor unbekannt war?
Vor allem mal eines, die erste und wichtigste Erkenntnis der vergangenen Monate: Barfußlaufen ist nicht kindisch, sondern das Normalste auf der Welt. Und: Ich bin deswegen kein Außenseiter, denn da gibt es doch eine ganze Menge Leute, die es auch praktizieren. Außerdem: Es macht noch viel mehr Spaß, als ich mir bis dahin denken konnte! Vor allem aber auch: Barfußlaufen ist eigentlich viel problemloser, als ich mir überhaupt vorstellen konnte. Und auf einmal er- gaben sich immer mehr Gelegenheiten, auf die Schuhe zu verzichten - das hatte ich vorher ja gar nicht geahnt. Und in Situationen, bei denen ich dachte, jetzt ginge bald nichts mehr, ging es doch weiter und immer weiter ... Ja, besser, viel besser fühlt man sich durch das Barfußlaufen. Es tut wirklich wohl. Diesen Herbst habe ich völlig erkältungsfrei überstanden - ob das wohl zusammenhängt mit ...??
Zwar wuchs im Laufe des Jahres auch meine unfreiwillige (Achtung, langes Wort!) Blödebemerkungzuerkanntbekommensammlung ("Na bist wohl Verleger und hast erst mal deine Socken verlegt!"), aber das tat meiner immer besser werdenden Stimmung schon gar keinen Abbruch mehr. Manchmal glaubte ich beim Blick zurück schräg über meine Schulter das ein oder andere unbestimmt-süffisante Lächeln bemerkt zu haben, aber da lag der Fehler wohl eher bei mir selbst, denn eigentlich sollte man ja auch nicht schräg über die Schulter nach hinten gucken ... und das schon gar nicht, wenn man im Begriff ist, sich mit nackten Füßen nach vorne zu bewegen. Aber trotzdem ist mir dabei keinerlei Unbill widerfahren, keine Verletzungen, nichts! Und im Restaurant war die Bedienung immer freundlich und nett. Es kam mir sogar so vor, als häte mich manch jemand nur gegrüßt, weil und gerade weil ich barfuß unterwegs war.
Diese Erkenntnisse und Erfahrungen verdanke ich vor allem diesem Forum. Wobei mir natürlich an erster Stelle das gelungene Treffen in Würzburg in den Sinn kommt. Für mich war diese Begegnung ein herausragendes erlebnis. da konnte man eine Menge netter Leute kennen lernen an einem wunderschönen Ort - phantastisch!
Kurzes fazit - wichtig ist gerade das Wissen, dass da noch andere sind, die ähnlich denken und empfinden, auch wenn man "vor Ort" scheinbar der einzige Barfüßer weit und breit ist.
Ja - es gab für mich doch eine Menge schöner Erlebnisse und Begegnungen beim (zugegebenermaßen nicht ständigem) Barfuß-Bummel durch das Jahr. Das prickelnde Kribbeln, wenn es mal wieder los gehen sollte, die immer wieder aufs Neue geglückte Überwindung, jetzt ohne Schuhe loszuziehen. Dann ein paar schöne persönliche Begegnungen, Kontakte, Gespräche, die ein Nicht-Barfußläufer so natürlich nie erleben kann. Höhepunkt eines jeden Barfuß-Ausfluges natürlich das wunderbare körperliche Empfinden der befreiten Füße, der unmittelbare Kontakt mit dem Boden - und hinterher, ganz zum schluss das oft schon fast euphorische Gefühl, es geschafft zu haben, auch und gerade nach (wohlbemerkt, für mich) längeren Wanderungen - das ist der schiere Barfuß-Genuß.
Dies alles sind Empfindungen, die ich in dieser Intensität so vorher noch nicht kannte.
Es war in diesem Jahr nicht immer alles so toll, was hier geschrieben wurde, doch es ist ganz wichtig, dass es dieses Forum gibt, schließlich kommen auch immer wieder ganz hervorragende Beiträge! Dafür bin ich dankbar.
Dieses Jahr hatte ich so gut wie keine Zeit, mich selbst zu Wort zu melden. auch meine ich, dass ich sowieso nichts so furchtbar Wichtiges und Fundiertes hätte von mir geben können, außerdem schweige ich doch ganz gerne ein bisschen oder auch mal ein bisschen mehr ...
Doch was ich nun glaube, mal gesagt haben zu sollen, habe ich nun hiermit versucht - wenn auch zum Teil vielleicht etwas zu langatmig - vorzubringen.
Für mich jedenfalls war es ein erfülltes Jahr.
Zwar entschloss ich mich erst ziemlich spät zu etwas größeren Barfuß-Wanderungen, bestimmt hätte ich manches noch machen können, manche gute Gelegenheit habe ich wahrscheinlich verpasst - was solls, es gibt bestimmt bald wieder genug Möglichkeiten, sich ohne Schuhe und Strümpfe auf die Socken zu machen und barfuß durch das Land zu stiefeln.
Zur Zeit mache ich gerade meine ersten etwas spezifischeren Schnee-Erfahrungen, noch im Minuten-Takt, kurz und (absolut) gut. Außerdem bereite ich meine Erlebnisse des letzten Jahres auf, schreibe sie nieder - gute Erinnerungen sind imer wohltuend.
Sorgen bereitete mir nur die aufbereitung des Würzburg-Treffens, ich wollte etwas über die vielen bloßen Fersen in Verse bringen, bloß wollte und will es mir immer noch nicht so recht gelingen. Mehr als ein Fragment von allgemeiner Natur kam leider nicht zustande. Und diese Aufzeichnungen habe ich, wie ich gerade einigermaßen entsetzt feststellen muss, auch noch irgendwohin unauffindbar verbummelt, verbaselt und verratzkatzt - na ja, man wird haltnun eben mal nicht jünger ... aber für die Nachwelt gewiss auch kein so tragischer Verlust ...
So viel nun zum Stand der Dinge aus meiner bescheidenen Sicht.

Gut gelingen solte uns das neue Jahr!
Vielleicht trifft man dannja ein paar BarfüßerInnen mehr - wo auch immer - das wäre bestimmt nicht das Schlechteste.

Ein friedliches, fröhliches , gesundes Jahr Zwei wünscht Euch allen
Moltke