Wir Deutschen (nicht nur) und unsere Gewohnheiten (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd A, Thursday, 27.12.2001, 22:58 (vor 8372 Tagen)

Hallo zusammen,
wir Barfüßler wissen ja ein Lied davon zu singen: Kaum einer kann unsere Leidenschaft nachempfinden, nur wenige können sich auch nur im entferntesten vorstellen, dass man bei uns im Winter mehr oder weniger lange barfuß laufen kann. Und dies gilt erst recht, wenn es mal "richtig Winter" ist, wie in den letzten Tagen. "Das geht doch nicht..!" ist ein häufiger Kommentar. Woher wollen die das denn wissen, wenn sie's noch nie ausprobiert haben. Man ist's halt mit Schuhen gewohnt, da kann man es sich nicht vorstellen, dass es auch anders geht.
In den letzten Tagen zeigte der Winter aber auf ganz andere Art unsere Grenzen auf (und jetzt möchte ich mal etwas vom Thema barfuß abweichen)
Wie gesagt, wir haben unsere Gewohnheiten, und dazu gehört auch die Mobilität. Viele können sich nicht vorstellen, ohne Schuhe mobil zu sein, kaum einer kann sich vorstellen ohne Auto mobil zu sein.
Jedes Jahr wünschen wir uns weiße Weihnachten, nun bekamen wir sie, pünktlich zu den Feiertagen. Und nun, rechtzeitig zum Arbeitsbeginn, sind die Straßen fast überall wieder schnee- und eisfrei, bessre gehts ja kaum! Über die Feiertage waren nur wenige gezwungen, wegzufahren, weder mit dem Auto, noch mit der Bahn, die ja auch ihre Probleme hatte, logisch, bei meterhohen Verwehungen. Aber obwohl der Wintereinbruch nicht überraschend kam und lange angekündigt war, sind viele wieder losgefahren. Es war Schneesturm angesagt - und er kam. Es waren Verwehungen angesagt - sie kamen. Es war Glatteis angesagt - es kam. Trotzdem sind sie losgefahren, Millionen, richtung Alpen, dorthin wo erfahrungsgemäß der meiste Schnee fällt. Deshalb sind sie ja dort hin gefahren, mit den Skiern auf dem Dach, aber mit Sommerreifen am Auto sozusagen "barfuß". Aber Autos sind (zumindest bei Glätte) keine guten Barfüßler. Aber zurück zu den Kamikazefahrern. Obwohl es glatt war und falsche Reifen montiert waren, sind sie gerast, wie wenn alle Teufel hinter ihnen her wären. Es war vorhergesagt, dass es krachen wird (wie immer) - und es hat gekracht.
Und dann kam wieder der sprichwörtliche deutsche Perfektionismus: "Wieso ist nicht geräumt?, wieso hilft uns keiner?, miserabel organisiert!, eine Sauerei!... usw" Ich kann nur fragen: "was hat euch bei dem Wetter auf die Straßen getrieben?"
Manche wollten's ja gleich besser machen, sind diese mal mit der Bahn gefahren. Doch die kam mancherorts auch nicht durch, blieb in meterhohen Verwehungen stecken. Und wieder die gleichen Vorwürfe wie oben beschrieben. Man ist eben gewohnt, dass alles reibungslos abläuft und das obwohl bei uns in Deutschland wohl weltweit die höchste Verkehrsdichte herrscht, was vor allem geografisch bedingt ist.
Und wenn dann mal richtig Winter ist, dann bricht das Chaos aus!
In Skandinavien kann man darüber nur müde lächeln, solche Witterungsverhältnisse sind dort im Winter an der Tagesordnung. Winter, das heißt dort mindestens von Oktober bis Anfang Mai, im Norden noch länger.
Die beiden größten norwegischen Städte Oslo und Bergen werden von der legendären Bergenbahn verbunden. Sie führt mitten über die Hardangervidda, das größte europäische Hochgebirgeplateau. Nirgendwo in Europa wüten heftigere Schneestürme. Die Schneedecke ist manchmal über 10 Meter dick! Wer im Winter mit der Bahn von Oslo nach Bergen fährt (oder umgekehrt) für den zeigt der Fahrplan nur die geplante Abfahrzeit am Ausgangsbahnhof. Was danach passiert - keiner weiß es. Stundenlange Verspätungen sind normal, man nimmt's mit Gelassenheit. Achso, man könnte ja auch mit dem Auto fahren! Klar, aber von November bis Mai geht über die Vidda nichts! Da muss man schon ein paar hundert Kilometer Umweg in Kauf nehmen, auf schnee- und eisglatten Fahrbahnen.
(Ich habe ja vor einiger Zeit mal einen Beitrag geschrieben über eine Reise im winterlihen Skandinavien, per Auto und barfuß. Einige waren sehr beeindruckt. Es ist im Best Of nachzulesen!)
Überhaupt geht man dort oben bei Schneesturm nur raus, wenn's unbedingt sein muss, warum sollte man sich das freiwillig antun.

Es ist unglaublich, da haben wir endlich mal weiße Weinachten, Traumwinterwetter mit klirrender Kälte und blauem Himmel zum 4.Advent und zum Heiligabend und nur wenige nahmen sich Zeit, es richtig zu genißen. Ohne Hektik, einfach zu Hause bleiben, einen Schneespaziergang mit Familie machen, vielleicht sogar barfuß.
Noch besteht Gelegenheit dazu, an nächsten langen Wochenende. In den meisten Gebieten soll's ja bei Schnee bleiben.

Gruß, Bernd A


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion