Menschen halten doch mehr aus, als viele denken! (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd A, Tuesday, 13.11.2001, 13:41 (vor 8417 Tagen)

Hallo zusammen!
Auch wenn wir ein gemeinsames Hobby haben, sind unsere Beweggründe für's barfuß laufen doch recht unterschiedlich. Die einen tun es aus Überzeugung, andere, weil es einfach schön angenehm ist, auffallen oder provozieren möchten auch ein paar, mit ihrem barfüßigen Tun. Und es gibt auch welche, die laufen barfuß um sich selbst und anderen zu beweisen, was sie alles aushalten. Wobei "Aushalten" ja auch noch eine Definitionssache ist. Ist die Grenze erreicht, wenn man Schmerzen bekommt, oder schon wenn's leicht unangenehm wird, oder doch erst dann, wenn bleibende Schäden zurückbleiben, oder vielleicht sogar erst, wenn die Erfrierungen so stark sind, dass ein Fuss/Bein amputiert werden muss?
Ich glaube, was Menschen wirklich aushalten können (in Not, nicht freiwillig!), das kann man mit barfuß laufen gar nicht austesten oder "erforschen"!
Am vergangenen Wochenende haben drei Ruderer aus meinem Verein auf einer Wanderfahrt ein unfreiwilliges Bad im Rhein genommen und mussten ca 15 Minuten schwimmen. Wassertemperatur ca 10 Grad, Außentemperatur -3°C! Im steifem Nordwind mussten sie die nassen Klamotten ausziehen und die (Gott sei Dank) mitgeführten Ersatzklamotten (trocken verpackt) anziehen. Sie glaubten hinterher, die Grenze dessen erreicht zu haben, was man "aushalten" kann.
Vor längerer Zeit habe ich mal beschrieben, welche Strapazen die Abenteuerer früherer Tage auf sich nehmen mussten, welche z.B. die Nord- und Südpolargebiete erforscht haben. Oft wochenlange, ja sogar monatelange Fußmärsche mit längeren Wasserpassagen im eiskalten Wasser waren erforderlich. Einige haben es überlebt, andere nicht! Da war die Grenze dann erreicht, definitiv und unumstößlich! Auch wenn sie dabei in aller Regel wohl nicht barfuß waren.
Abenteuerer unserer Tage zelebrieren diese Expeditionen nach, freiwillig, aber im Gegensatz zu Nansen, Amundsen, Scott, Shakleton, Ross und anderen mit der Sicherheit von GPS im Rücken... Waschlappen!
Allerdings wussten auch die "Alten" vorher, was auf sie zu kommt, welche Gefahren sie eingehen. Sie riskierten es freiwillig und mussten damit auch nicht ihre Brötchen verdienen. Sie hätte auch, wie die meisten anderen Europäer, zu Hause im Büro oder in einer Werkstatt arbeiten können.
Dieser Tage wurden in Neuguinea zwei Fischer gerettet. Sie stammen aus Westsamoa und trieben mit ihrem winzigen Boot seit 5 Monaten manöverierunfähig auf dem Südpazifik und legten dabei rund 4000km zurück, bevor sie nun in Neuguinea gerettet wurden. Sie ernährten sich dabei nur von Regenwasser und kleinen Fischen und Vögeln. Ihre zwei weitern Kameraden waren inzwischen gestorben. Auch da war die Grenze erreicht!
Ob die Männer barfuß waren, ging aus der Pressemeldung (natürlich) nicht hervor. Aber man kann wohl davon ausgehen, denn in Westsamoa sind Fischer in aller Regel barfuß bei ihrer Arbeit, die ihre einzige Möglichkeit ist, den spärlichen Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu verdienen.
Solche Dinge sind eben weit über der Vorstellungskraft von Leuten, die leben, wie wir. Was sind schon ein paar Stunden barfuß im Schnee?

barfüßige Grüße, Bernd A

Menschen halten doch mehr aus, als viele denken!

Samuel ⌂, Saturday, 17.11.2001, 21:55 (vor 8412 Tagen) @ Bernd A

Hallo Bernd,

im großen und ganzen muß ich Dir zustimmen, möchte aber zu Bedenken geben, daß auch viel auf Gewöhnung und allgemeine körperliche Verfassung ankommt. Wenn deine Ruderer sich immer dick eingepackt und nie sportlich betätigt hätten wäre die Geschichte vielleicht nicht so glimpflich abgelaufen. Auch die Abenteurer haben sich auf ihre Nord-/Südpol-Fahrten sicher gewissenhaft vorbereitet, dazu kamen viele aus kälteren Gegenden und waren also schon einiges gewöhnt.
Ein Beispiel zu extremen Abhärtungsmöglichkeiten las ich über die Indianer Nordamerikas. Die Kinder sind dort bei vielen Stämmen bis zur Pubertät generell nur nackt herumgelaufen und haben selbst im Winter auf zugefrorenen Seen so gespielt. Ein Augenzeuge berichtete damals, daß er noch nie so fröhliche und ausgelassene Kinder gesehen hätte... Sicher war damals eine höhere Kindersterblichkeit, auch weil schwachen Kindern so etwas zu viel war, und ich propagiere das natürlich auch nicht. Das Beispiel zeigt aber, daß die heutige Angst vor der "Erkältung" wenn man sich auch nur kurz "verkühlt" ein Irrglauben ist, meiner (und Kneipps) Meinung nach diese Krankheit geradezu heraufbeschwört indem dem Körper die eigene Temperaturregelung abtrainiert wird. Ein weiteres Beispiel für die Anpassungsfähigkeit selbst bei Neugeborenen ist, daß Kinder traditioneller Kulturen teils in der Kälte geboren wurden, aber in Finnland auch in der Saunen bei über 100°!
ICH bin jedenfalls viel gesünder seit ich öfters barfuß laufe und hatte seit letztem Herbst keine Erkältung mehr (eine heftige Grippe im Januar hat mich erwischt, ist aber schnell vorbei gewesen) früher war ich dagegen jeden Winter mehrmals einige Wochen lang verschnupft, am rumhusten und heiser.

Viele Füße
Samuel

[image] Kneipp über Abhärtung

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