Fuß-Sensibilität - Erfahrungen im Gottesdienst! (Hobby? Barfuß! 2)

Werner A @, Sunday, 26.08.2001, 14:49 (vor 8430 Tagen)

Hallo!

Als evangelischer Pfarrer in einer Gemeinde im Nordschwarzwald bekam ich neulich von einer Kirchengemeinderätin das Programm eines Krabbelgottesdienstes (Gottesdienst, der vor allem auch für Kleinkinder gedacht ist) in Niefern / Enzkreis. Der Gottesdienst fand am 1. 7. dieses jahres statt und hatte zum Thema: "Mit Händen und Füßen". Mit verschieden gefüllten Kisten (Kieselsteine, Blumenerde u. a.) und auf den Boden vor dem Altar auf einer Plastikfolie ausgebreitetem Sand wurde ein kleiner Fühlparcours aufgebaut. Die Kinder sollten so erfahren, wozu unsere Füße auch in der Lage sind, und was für ein schönes aber auch sensibles Geschenk Gottes unser Körper ist. Der Gottesdienst soll recht gut angekommen sein.

Vielleicht gibt es ja unter Euch auch kirchliche MitarbeiterInnen, die das gern nachmachen würden. Ich ziehe es jedenfalls für einen der nächsten familiengottesdienste in Erwägung.

Man vergesse auch nicht das Kirchentagsmotto in diesem Jahr: "Du stellst meine Füße auf weiten Raum (Psalm 31)

Gruß, mit leider allzuoft in Konventionen gefangenen Füßen,
Werner.

Fuß-Sensibilität - Erfahrungen im Gottesdienst!

Lorenz, Monday, 27.08.2001, 09:59 (vor 8429 Tagen) @ Werner A

Hallo Werner!

.... Der Gottesdienst fand am 1. 7. dieses jahres statt und hatte zum Thema: "Mit Händen und Füßen". Mit verschieden gefüllten Kisten (Kieselsteine, Blumenerde u. a.) und auf den Boden vor dem Altar auf einer Plastikfolie ausgebreitetem Sand wurde ein kleiner Fühlparcours aufgebaut. Die Kinder sollten so erfahren, wozu unsere Füße auch in der Lage sind, und was für ein schönes aber auch sensibles Geschenk Gottes unser Körper ist. Der Gottesdienst soll recht gut angekommen sein.

Ein der Ideen in meinem (katholischen) Hinterkopf wäre eine gottesdienstliche Fühlerfahrung, die die Symbiosebeziehung von uns Menschen zu Gottes Schöpfung bewußt machen soll. Da würde ich gerne alle Altersgruppen barfuß im Altarraum sehen und vielleicht aus der Bergpredigt darlegen, wie gut wir in Gottes Schöpfung geborgen sind, wenn wir nur eine echte Beziehung zu ihr aufbauen.

Gruß, Lorenz

Fuß-Sensibilität - Erfahrungen im Gottesdienst!

Werner A @, Monday, 27.08.2001, 11:54 (vor 8429 Tagen) @ Lorenz

Hallo Werner!
Ein der Ideen in meinem (katholischen) Hinterkopf wäre eine gottesdienstliche Fühlerfahrung, die die Symbiosebeziehung von uns Menschen zu Gottes Schöpfung bewußt machen soll. Da würde ich gerne alle Altersgruppen barfuß im Altarraum sehen und vielleicht aus der Bergpredigt darlegen, wie gut wir in Gottes Schöpfung geborgen sind, wenn wir nur eine echte Beziehung zu ihr aufbauen.
Gruß, Lorenz

Hallo, Lorenz!

Die Idee ist gar nicht schlecht, wenn sie auch noch einen Schritt weiter geht. Es ist durchaus möglich, dass es auf die Kinder beschränkt worden ist, weil die Hemmschwelle, sich auf so etwas einzulassen, bei Kindern als wesentlich niedriger vermutet wird, als bei Erwachsenen (Viele Erwachsene würden sich zieren, in der Kirche Schuhe und Socken auszuziehen, zumal das auch nach überkommenen Glaubensmustern mit Erniedrigung und Armut gleichgesetzt wird (Lies dazu auch mal Jesaja 20, 1-6) Heißt aber nicht, dass ich das genauso sehe. Ich denke, an diesem Bewusstsein muss sich was ändern. Das Denkmuster: Barfuß auf der Straße - Penner sollte auf dem Rückzug sein, bzw.: Wer barfuß gehen will, soll es tun, wenn es ihm nicht schadet, wer es nicht möchte, soll's eben lassen. Die Bandbreite, wann einzelne es für angemessen halten, sollte durchaus verschieden sein dürfen. So halte ich es auch.

Gruß,
Werner.

Fuß-Sensibilität - Erfahrungen im Gottesdienst!

Frankie Z, Monday, 27.08.2001, 18:25 (vor 8429 Tagen) @ Werner A

Hallo Werner!
Ein der Ideen in meinem (katholischen) Hinterkopf wäre eine gottesdienstliche Fühlerfahrung, die die Symbiosebeziehung von uns Menschen zu Gottes Schöpfung bewußt machen soll. Da würde ich gerne alle Altersgruppen barfuß im Altarraum sehen und vielleicht aus der Bergpredigt darlegen, wie gut wir in Gottes Schöpfung geborgen sind, wenn wir nur eine echte Beziehung zu ihr aufbauen.
Gruß, Lorenz

Hallo, Lorenz!
Die Idee ist gar nicht schlecht, wenn sie auch noch einen Schritt weiter geht. Es ist durchaus möglich, dass es auf die Kinder beschränkt worden ist, weil die Hemmschwelle, sich auf so etwas einzulassen, bei Kindern als wesentlich niedriger vermutet wird, als bei Erwachsenen (Viele Erwachsene würden sich zieren, in der Kirche Schuhe und Socken auszuziehen, zumal das auch nach überkommenen Glaubensmustern mit Erniedrigung und Armut gleichgesetzt wird (Lies dazu auch mal Jesaja 20, 1-6)

Hallo Werner,
Dort heißt es, dass der "Prophet nackt und barfuss" einhergeht, um "vor dem Gericht Gottes zu warnen". Man trug damals Sandalen und ein Ober- und Unterkleid. Der Prophet Jesaja zog sein Oberkleid aus und nahm die Sandalen ab - quasi als PROTEST gegen die moralischen und religiösen Fehlentwicklungen der damaligen Zeit, unmittelbar vor der Gefangennahme der Juden durch die Babylonier.
Erinnert das auch ein bisschen an die Hippiebewegung? Ich glaube, durchaus. Barfuss durch die Stadt, in Einkaufszentren, in Kinos etc. würde nicht schaden, um das total moralisch heruntergekommenen Establishment zu schocken, so meine ich ...
Viele Grüße
Frankie Z

Heißt aber nicht, dass ich das genauso sehe. Ich denke, an diesem Bewusstsein muss sich was ändern. Das Denkmuster: Barfuß auf der Straße - Penner sollte auf dem Rückzug sein, bzw.: Wer barfuß gehen will, soll es tun, wenn es ihm nicht schadet, wer es nicht möchte, soll's eben lassen. Die Bandbreite, wann einzelne es für angemessen halten, sollte durchaus verschieden sein dürfen. So halte ich es auch.

Gruß,
Werner.

Fuß-Sensibilität - Erfahrungen im Gottesdienst!

Werner A @, Tuesday, 28.08.2001, 11:45 (vor 8428 Tagen) @ Frankie Z

Hallo Werner,
Dort heißt es, dass der "Prophet nackt und barfuss" einhergeht, um "vor dem Gericht Gottes zu warnen". Man trug damals Sandalen und ein Ober- und Unterkleid. Der Prophet Jesaja zog sein Oberkleid aus und nahm die Sandalen ab - quasi als PROTEST gegen die moralischen und religiösen Fehlentwicklungen der damaligen Zeit, unmittelbar vor der Gefangennahme der Juden durch die Babylonier.
Erinnert das auch ein bisschen an die Hippiebewegung? Ich glaube, durchaus. Barfuss durch die Stadt, in Einkaufszentren, in Kinos etc. würde nicht schaden, um das total moralisch heruntergekommenen Establishment zu schocken, so meine ich ...
Viele Grüße
Frankie Z

Hallo, Frankie!

Ein bisschen Hintergrundinformation gefällig? Keine Bange! Allzu theologisch möchte ich es nicht machen! Der Anlass des Protests und die Aussageabsicht dieser Barfuß- und Halbnackt-Aktion des Jesaja war wesentlich konkreter:
Das Südreich Juda wollte sich durch ein Bündnis mit Oberägypten und Kusch (das heutige Nubien) gegen die Bedrohung durch Assyrien schützen. Kriegsgefangene wurden damals mit bloßem Oberkörper, oft nur im Lendenschurz und barfuß in die Sklaverei getrieben. Jesaja sollte also den Landsleuten zeigen: So wie ich jetzt herumlaufe, werden eure Verbündeten auch aus der Schlacht weggeführt - gedemütigt und zum Gespött aller umliegenden Nationen.

Ein Parallelbeispiel aus heutiger Zeit, das mit einert anderen Aktion ähnliches zeigen sollte: Die Friedensbewegung veranstaltete zur zeit der NATO Nachrüstung in den 80ern sog. Die-outs. Dutzende, manchmal bis zu hundert Menschen legten sich auf das Abspielen eines Tonbandes (Luftschutzsirene, Explosion) auf den Boden. Das sollte zeigen: So wird es bei uns überall aussehen, wenn die Bombe gefallen ist - von wegen Schutz!

Mit Hippie-Dasein hat das recht entfernt zu tun, zumal es wohl von Jesaja eine zeitlich begrenzte Aktion war. Aber dieser Abschnitt zeigt, dass niemand damals scharf darauf war, barfuß (und halbnackt) so in der Öffentlichkeit vorgeführt zu werden.

Übrigens: Barfuß als Demuts- und Aermutsgeste war auch das Motto mittelalterlicher Bettelorden (Barfüßer als Zweig der franziskaner, die unbeschuhten Karmelitinnen.)
Frage: Kann barfuß sein nicht auch einen positiveren Wert besitzen - Ich denke, doch! (vorausgesetzt, man macht daraus nicht auch einen Zwang)

Gruß, Werner.

Barfussgehen als Protest / s. Bibel

Frankie Z, Tuesday, 28.08.2001, 12:29 (vor 8428 Tagen) @ Werner A

Hallo Werner,
Dort heißt es, dass der "Prophet nackt und barfuss" einhergeht, um "vor dem Gericht Gottes zu warnen". Man trug damals Sandalen und ein Ober- und Unterkleid. Der Prophet Jesaja zog sein Oberkleid aus und nahm die Sandalen ab - quasi als PROTEST gegen die moralischen und religiösen Fehlentwicklungen der damaligen Zeit, unmittelbar vor der Gefangennahme der Juden durch die Babylonier.
Erinnert das auch ein bisschen an die Hippiebewegung? Ich glaube, durchaus. Barfuss durch die Stadt, in Einkaufszentren, in Kinos etc. würde nicht schaden, um das total moralisch heruntergekommenen Establishment zu schocken, so meine ich ...
Viele Grüße
Frankie Z

Hallo, Frankie!
Ein bisschen Hintergrundinformation gefällig? Keine Bange! Allzu theologisch möchte ich es nicht machen! Der Anlass des Protests und die Aussageabsicht dieser Barfuß- und Halbnackt-Aktion des Jesaja war wesentlich konkreter:
Das Südreich Juda wollte sich durch ein Bündnis mit Oberägypten und Kusch (das heutige Nubien) gegen die Bedrohung durch Assyrien schützen. Kriegsgefangene wurden damals mit bloßem Oberkörper, oft nur im Lendenschurz und barfuß in die Sklaverei getrieben. Jesaja sollte also den Landsleuten zeigen: So wie ich jetzt herumlaufe, werden eure Verbündeten auch aus der Schlacht weggeführt - gedemütigt und zum Gespött aller umliegenden Nationen.

Hallo Werner:
Ist völlig richtig. Nur so genau wollte ich drauf nicht eingehen. Zeigt aber, dass du dich in der Bibel auskennst;-)

Ein Parallelbeispiel aus heutiger Zeit, das mit einert anderen Aktion ähnliches zeigen sollte: Die Friedensbewegung veranstaltete zur zeit der NATO Nachrüstung in den 80ern sog. Die-outs. Dutzende, manchmal bis zu hundert Menschen legten sich auf das Abspielen eines Tonbandes (Luftschutzsirene, Explosion) auf den Boden. Das sollte zeigen: So wird es bei uns überall aussehen, wenn die Bombe gefallen ist - von wegen Schutz!
Mit Hippie-Dasein hat das recht entfernt zu tun, zumal es wohl von Jesaja eine zeitlich begrenzte Aktion war. Aber dieser Abschnitt zeigt, dass niemand damals scharf darauf war, barfuß (und halbnackt) so in der Öffentlichkeit vorgeführt zu werden.

Zumal Barfussgehen und Nacktheit in historischer Zeit ein Zeichen der Ächtung, der Armut und der Unterwürfigkeit war. Sklaven gingen so (bzw. mussten so gehen).

Übrigens: Barfuß als Demuts- und Aermutsgeste war auch das Motto mittelalterlicher Bettelorden (Barfüßer als Zweig der franziskaner, die unbeschuhten Karmelitinnen.)
Frage: Kann barfuß sein nicht auch einen positiveren Wert besitzen - Ich denke, doch! (vorausgesetzt, man macht daraus nicht auch einen Zwang)
Gruß, Werner.

Na klar doch. Wenn ich gesundheitlichen Nutzen aus dem Barfussgehen ziehen kann (keine Kreuzschmerzen mehr, bessere Durchblutung, keine Migräne, keine Depressionen usw. usf.) warum sollte ich dann nicht ?
Viele grüße
frankie Z

Fuß-Sensibilität - Erfahrungen im Gottesdienst!

Kai ⌂ @, Monday, 27.08.2001, 14:28 (vor 8429 Tagen) @ Werner A

Hallo,

in der Taunus-Zeitung (Internet-Ausgabe) habe ich garade folgende Meldung gelesen, die zum Thema passt:
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Kirchentag für Kinder
Wehrheim. "Du stellst meine Füße auf weiten Raum" - so lautet das Motto des Kinderkirchentags, der am kommenden Samstag in der Limesschule veranstaltet wird. Ab 10 Uhr können die Kleinen auf Einladung der evangelischen Jugend im Dekanat Usingen dort an Spielen, Aktionen und Gesängen teilnehmen. Da werden sich die einen mit Klangräumen beschäftigen, andere einen Barfuß-Parcours durchlaufen oder eine Phantasiewelt errichten. Anmeldungen nehmen die Pfarrbüros der evangelischen Kirchengemeinden im Usinger Land entgegen. (ms)
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Grüße
Kai

[image] Taunus-Zeitung

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