Noch einmal : barfüßige Luzia (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Friday, 24.08.2001, 21:30 (vor 8431 Tagen)

Hallo zusammen,
Markus (Malo) hat sich netterweise die Mühe gemacht, einen weiteren Bericht über die "bemerkenswert barfüßige" Luzia Falkenstein - Lehner einzuscannen und mir zuzumailen. Vielen Dank, Markus !
Er erschien in der Rheinischen Post am 07. August 2001 :

Ein Leben unten ohne
Sie trägt keine Sandalen im Sommer, keine Stiefel im Winter
Luzia Falkenberg lebt seit 16 Jahren barfuß: Auch Kaugummis und Glasscherben schrecken sie nicht ab.
Von BRUNI MAHLBERG GRÄPER
HEIMBACH. "Ich glaub', die spinnt", haben die Heimbacher gesagt. "Die Eifeler sind ja so direkt", beschreibt Konditormeister Jürgen Müller, was die Menschen in der kleinen Stadt am Rursee über die neue Mitbürgerin dachten, die vor acht Jahren in den Ort zog.
Allerdings bezogen die Alteingesessenen ihr unverblümtes Urteil nicht auf den Kopf; im Gegenteil, die Füße waren es, die ihnen merkwürdig vorkamen. Luzia Falkenberg trägt nämlich keine Schuhe, weder Sandalen im Sommer. noch Stiefel im Winter. Selbst bei Frost setzt sie ihre Gliedmaßen der eisigen Kälte aus.
Weder Tretminen von Hunden noch Zigarettenstummel, weder Glasscherben noch Kaugummis schrecken sie ab. Ob im Urlaub oder zu Hause: Luzia Falkenbergs Füße bieten immer Gesprächsstoff. Sie sind wahre Weltmeister darin, Kontakte herzustellen. Und immer wieder wird dabei die eine Frage gestellt: "Warum?"
"Ich habe mit den Schuhen angefangen, mein Leben zu ändern", erzählt die quicklebendige 50 Jährige, die viel jünger wirkt. Und dann rückt sie mit dem wahren Grund heraus: "Meinem ersten Mann gefiel das Barfußlaufen nicht."
Bei einem Ausflug vor 16 Jahren habe sie zum ersten Mal bewusst das wunderbare Gefühl erlebt, ohne Strümpfe und Schuhe über eine Wiese zu laufen. Von da an gönnte sie sich den kleinen Genuss öfter, zuerst nur im Sommer und zu Hause, dann auch mal im Auto, und schließlich wagte sie sich "unten ohne" in den Supermarkt. "Da gab es richtige kleine Auffahrunfälle mit Einkaufswagen", kichert sie. Allerdings bekam sie in manchen Läden Hausverbot: Geschäftsführer fürchteten Regressansprüche, sollte sie sich unter ihrem Dach verletzen.
Zu Hause gab es Zoff, aber Luzia Falkenberg fand Gefallen an der neuen Freiheit. "Ich habe jung geheiratet, mit 16 Jahren, und vier Kinder bekommen. Nach der Schule hatte ich nicht einmal Zeit für eine Berufsausbildung. Ich hatte das Gefühl, etwas verpasst zu haben."
Das neue Leben nahm auf nackten Füßen seinen Lauf. Die Hornhaut wuchs, und im gleichen Tempo fand Luzia Falkenberg "ihre Mitte wieder". Entschlossen nahm sie eine Ausbildung als Altenpflegerin in Angriff. "Nur beim Vorstellungsgespräch an der Schule bin ich mir untreu geworden und habe vor der Tür Schuhe angezogen." Das war das einzige Mal, die Schulzeit in Meckenheim Merl absolvierte sie schuhlos, ein paar Auseinandersetzungen mit der Schulleitung ertrug sie standhaft.
"Da geht nichts durch", sagt die Barfuß Frau und zeigt die Sohlen vor, "weder Glas noch spitze Steine." Zehenspitzen, Fersen, Ballen und Außenkanten der Füße sind dunkel vom Schmutz und ein wenig grün vom Gras im Garten. Dazwischen hebt sich weiß und zart die Höhlung des Mittelfußes ab. "Früher hatte ich Senkfüße, jetzt nicht mehr", berichtet sie und kommt darauf zu sprechen, dass Ärzte das Barfußlaufen durchaus empfehlen.
"Als ich die ersten Tage ohne Schuhe unterwegs war, bin ich abends todmüde ins Bett gefallen. Das kam daher, dass die Reize unter den Fußsohlen wie eine permanente Reflexzonenmassage wirkten."
Gute Konstitution
Ehemann Konrad Lehner wundert sich über die gute Konstitution, die seine Frau hat: "Sie ist fast nie erkältet." Das ruft insbesondere bei Frauen ungläubiges Staunen hervor. "Ständig werde ich gefragt, ob ich nicht Probleme mit der Blase oder mit den Eierstöcken hätte", verrät Luzia Falkenberg.
Wenn sie im Winter gut eingemummelt, aber unten hüllenlos, auf dem Weihnachtsmarkt ein Gläschen Glühwein trinke, seien ihre Füße auch nicht kälter als die um sie herum stehenden Pelzstiefelträger.
Eine besondere Pflege für die Füße, die so viel leisten und ertragen müssen, hat Luzia Falkenberg nicht. "Sie werden ganz normal gewaschen." Dann sind sie sauber, wenn auch nicht ganz so rein wie bei Schuhträgern.
An ihrem Arbeitsplatz, einem Seniorenheim, kommt Luzia Falkenberg problemlos zurecht. Ihr Chef akzeptiert die Barfuß Pflegerin, und die alten Leute lieben ihre unbekümmerte Art.
Aber nicht immer sind die Begegnungen mit den Mitmenschen so angenehm, "In einem Kaufhaus in Düren folgte mir der Kaufhaus Detektiv." Sie stand in dem Verdacht, ohne Schuhe zu kommen, und klammheimlich mit Schuhen zu verschwinden. Umgekehrt eilen in Boutiquen oft eifrige Verkäuferinnen hinter ihr her, um sie an vermeintlich vergessenes Schuhwerk zu erinnern.
Amüsant wird es, wenn Luzia Falkenberg ihren Ehemann beim Schuhkauf begleitet. Während der Herr teure Schuhe anprobiert, zeigt die Dame ihre Hornhaut vor. "Das sind meine Schuhsohlen". Auf der Straße reichen die Kommentare von "Nä, wat et für ärm Lück jitt!" bis zum entrüsteten "Unmöööglich!" In der Türkei ereiferten sich verschleierte Frauen im Basar über die entblößten Füße, und beim Bergwandern in Meran waren die Mitläufer in stämmigen Stiefeln entsetzt, dass Luzia barfuß die Schnellste war.
Während in der Natur Freiheit herrscht, pochte der Türsteher einer Diskothek in Zülpich auf die Kleiderordnung. Erst als der Geschäftsführer überzeugt wurde, dass Luzia Falkenberg glühende Zigaretten mit bloßer Fußsohle austreten kann, durfte sie auch barfuß tanzen. "Die Zigaretten - Nummer zieht immer", resümiert sie.
Grundsätzlich hat Luzia Falkenberg nichts gegen Schuhe. Im Gegenteil: "Ich mache anderen Frauen oft Komplimente für ihre schönen Schuhe."
Vor zwei Jahren wollte sie ihren eigenen, alten noch eine Chance geben. Drei Tage lang hielt sie durch, dann mussten die Treter wieder verschwinden: "Ich hatte kein Gefühl beim Gehen und bin gestolpert."

Faszinierend finde ich die Übereinstimmung der Erfahrungen, die sie hier gegenüber der Reporterin geäußert hat, mit denen, die im Forum geschildert wurden !
Serfuß
Georg

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