Barfüßige Erinnerungen an die 70ern (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd A, Monday, 06.08.2001, 10:59 (vor 8450 Tagen)

Barfuß erlaubt! Daran kann ich mich noch ganz gut erinnern, als ich 1971 mit damals gerade 10 Jahren in einem Ferienaufenthalt in Albstadt war. Aber nur wenn wir außerhalb der Sichtweite der "Alten Rometsch" waren. Sabine, unsere Betreuerin war begeisterte Barfußläuferin, auch beim Wandern. Und sie ermunterte uns Jungs oft, es ihr gleich zu tun, wie gesagt aber nur dann, wenn die Rometsch nicht in der Nähe war. Die Rometsch (so ähnlich hieß sie glaube ich) war die Heimleiterin, so eine resolute alte "Tante", für die alles Schöne verwerflich war. Dazu gehörte neben fernsehen auch trinken, essen und barfuß laufen.
Dabei war gerade sie, wie ihre Körperfülle eindeutig bewies, zumindest den kulinarischen Genüssen nicht abgeneigt.
Was das Fernsehen betrifft, konnte man das strenge Reglement ja noch logisch nachvollziehen, wie soll man ein einziges Gerät ja auch unter 20 Gruppen aufteilen? Wir haben die Klotze aber kaum vermisst, denn der heiße Sommer von '71 lud ja zum barfüßigen Rumtoben auf den Wiesen der Schwäbischen Alb ein.
Warum aber auch essen und vor allem trinken außerhalb der "Fütterungszeiten" verboten war, blieb das Geheimnis der Rometsch. Und während der Fütterungszeiten gab's meistens Grießbrei (oder so was ähnliches labberiges) und Tee, eine Tasse pro Kind! Also über den Tag verteilt 3 Tassen. Wenn wir uns im Dorf Getränke kaufen wollten, mussten wir das heimlich tun, wenn es die Rometsch nicht sah. Wenn wir nach Hause kamen, spionierte sie oft hinter der Tür des Waschraumes, ob wir vielleicht beim Händewaschen Wasser trinken. Dann gab's Ärger, auch für Sabine. Genauso mussten wir auch immer heimlich barfuß laufen Auch Sabine ging immer mit Sandalen aus dem Haus und sobald wir um die erste Wegbiegung waren, steckte sie die Dinger in den Rucksack. Und wir taten es ihr oft gleich. Sogar als wir eine einsame dunkle Tropfsteinhöhle besichtigten ging sie barfuß. Wir waren ganz alleine in der Höhle! Würde mich echt interessieren, was aus ihr geworden ist. Sie müsste heute so etwa Anfang bis Mitte 50 sein. Ob sie immer noch gerne barfuß läuft? Vielleicht ließt sie ja diesen Beitrag im Forum und erinnert sich. Bin mir noch nicht mal mehr sicher, ob sie überhaupt Sabine hieß, ist ja immerhin schon 30 Jahre her.
Wenn sie frei hatte, war meistens ein junger Mann unser Betreuer, Dominik hieß er, wenn ich mich recht erinnere. Er lief zwar nur selten barfuß, dafür ging es im sportlichen Sinne immer ab. Und er hatte ein Auge auf Sabine, das merkte jeder. Man kann es ihm auch nicht verdenken, so hübsch wie die war.
Aber vielleicht war barfuß laufen für sie auch nur ein Zug der Zeit, in den Siebzigern gehörte barfuß unter jungen Leuten ja fast zum guten Ton. Hier in Karlsruhe sah man ja überall barfüßige Leute, hauptsächlich Studenten. Ganz besonders natürlich im Rekordsommer von 1976, da waren im Juni und Juli beschuhte Leute eher die Ausnahme.
Da kann ich mich noch gut erinnern, barfüßige Menschen auf dem Fahrrad, beim Spazieren gehen, in der Kaiserstraße und natürlich im Schlossgarten. Und sie zogen die Schuhe nicht erst dort aus, sondern kamen schon ohne.

So, für heute habe ich genug gelabert, aber man wird ja auch mal über die "gute alte Barfußzeit" reden können, oder?

Gruß, Bernd A

Barfüßige Erinnerungen an die 70ern

Medizinmann, Monday, 06.08.2001, 13:27 (vor 8450 Tagen) @ Bernd A

Etwas off topic, aber dass sie Euch nicht mehr als drei Tassen Tee pro Tag trinken lassen wollte und sogar aufgepasst hat, dass Ihr nicht einmal beim Waschen Wasser trinkt, das geht fuer mich scharf in Richtung Koerperverletzung. Glueck fuer sie, dass keines der Kinder bei der Hitze mit akutem Nierenversagen ins Krankenhaus musste.
Vielleicht ein Anzeichen dafuer, dass die Barfuss-Abneigung oft weniger mit sogenannten gesundheitlichen Gruenden zu tun hat, sondern vielmehr Zeichen einer (schon damals) veralteten preussischen Pflicht-Ordnungs-Gehorsams-"Ethik"?

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