Pro und Contra Barfußgehen - hallo Beate! (Hobby? Barfuß! 2)

Lorenz ⌂ @, Monday, 23.07.2001, 21:18 (vor 8463 Tagen)

Hallo Beate,

Es wäre irgendwie traurig, wenn als Diskussionsergebnis stehen bliebe, daß Barfußgehen unkultiviert und töricht und seine Rechtfertigung mit Denkfehlern behaftet sei. Die Freude am "Leben auf freiem Fuß" darf nicht auf die engen Reservate Haus, Garten, Schwimmbad und Barfußpfad (die man in Deutschland an einer Hand abzählen kann) eingegrenzt werden. Die vielfältigen Bodenarten in der Natur, Wald- Wiesen-, Moor- und Sandboden geben allesamt einen gesunden und ungefährlichen Erlebnisraum für natürliches Gehen ab, dessen wunderbare Sinneserlebnisse jeder aufgeschlossene Mensch nutzt und auskostet! Hier ist es ziemlich unumstritten, daß Barfußlaufen schön, richtig und gesund ist.

Leider ist die Natur oft verschandelt durch Straßen und Schotterwege, die für den Verkehr und schwere land- und forstwirtschaftliche Maschinen befestigt sind. Hier macht das Laufen keinen Spaß, weder mit noch ohne Schuhen. Also setze ich mich dafür ein, den guten alten Feld- Wald- und Wiesenweg zu erhalten oder wiederherzustellen, damit das menschliche Grundbedürfnis zum Barfußlaufen auch in Zukunft den richtigen Untergrund findet. Ziel ist auch, die Beziehung von Mensch und Natur wiederzubeleben, da ist direkter Gefühlskontakt sehr wertvoll!

Fragt sich nun, wie der Mensch in der Stadt zurechtkommt, die man durchaus als einen perfekt verschandelten Lebensraum ansehen kann. Soll er da barfuß laufen?? Zu diesem strittigen Punkt will ich jetzt eine kultivierte Diskussion führen, die alle Denkfehler ausräumt und letztendlich die Verschiedenheit und Vielfalt der Meinungen als den Motor eines echten Fortschritts gelten läßt. Töricht wäre es, den Fortschritt in der Einengung auf einen einzigen Standpunkt zu suchen! Deshalb messe ich den Wert eines Menschen auch nicht daran, ob er barfuß oder mit welchen Schuhen auch immer geht. Gandhi ist nur ein Beispiel menschlicher Größe. Er hat sich u.a. durch gelebte Solidarität mit den Armen ausgezeichnet. Und die Armen der Welt müssen z.B. gefähliche Arbeiten ohne Schutzausrüstung verrichten. Hierzu bräuchten sie Schutzkleidung, zu der auch Sicherheitsschuhe, aber ganz gewiß nicht irgendwelche dort gebräuchlichen Schläppchen gehören. Mit der Arbeitssicherheit liegt es in der dritten Welt allerdings furchtbar im Argen - dort müßte etwas gegen das Barfußgehen unternommen werden, nicht bei uns!!

Das Barfußgehen in der Stadt würde ich pauschal weder als schädlich, noch als gesund beurteilen. Also ist hier ein individueller Freiraum zulässig. Bei mir sind die Sohlen einigermaßen unempfindlich, weniger jedoch meine Bandscheiben. Und die tun mir weh, wenn ich viel in Schuhen laufe - wegen zu festen Auftretens und falschen Abrollens, das durch die "Fußfesseln" bedingt ist. Also gehe ich barfuß, am liebsten in der Natur, aber auch anderswo. Für mich ist es eigentlich immer ein Vorteil, für andere Menschen kann die Bilanz ganz anders ausfallen. Zwischen dem Fortschritt unserer zivilisierten Lebensweise und der Volkskrankheit Rückenschmerzen besteht m.E. ein Zusammenhang. Dies und andere Zivilisationskrankheiten sind für mich Grund genug, vor so manchen Errungenschaften des Fortschritts Abstand zu nehmen. Ich weiß genau, wieviel Gutes ich mir mit Barfußgehen und Fußgymnastik tue!

An einer Stelle verweigere ich mich außerdem ganz bewußt: gegenüber der Manipulation durch die gigantische Maschinerie der Werbebranche - und jeder kann dies an meine bloßen Füßen sehen ......

Deiner Tochter stelle ich übrigens die Prognose, daß sie irgendwann das Barfußlaufen in der Natur als die beste Variante entdecken und sich für die Stadt gute Sportsandalen zulegen wird. Und wenn Du auf jede Einflußnahme verzichtest, wird das am glattesten gehen. Kein Mensch bleibt doch beim Lebensstil des 17-Jährigen stehen! Aber das Experiment mit dem totalen Leben auf freiem Fuß will sie sich nicht nehmen lassen -genausowenig wie ich mit fünfzig (mit 17 war ich leider furchtbar brav und habe meinen Eltern gar keine Sorgen gemacht). Allerdings bin ich mit meinen Kinder- und familiengerechten Barfußaktionen (siehe Link unten) inzwischen so bekannt und beliebt, daß es kaum denkbar ist, mich vom geliebten barfüßigen Lebensstil zu verabschieden. Aber ein Mensch mit einem so seltenen Hobby ist eben auch ein Sonderfall.

Dir wünsche ich viel Glück mit Deiner Tochter, die ja in Summe Deiner Ausführungen ganz in Ordnung ist -- und schlimmstenfalls mal einen barfüßigen Schwiegersohn mit nach Hause bringen könnte ;-)

Liebe Grüße, Lorenz

[image] Natürliche und gesunde Barfußaktivitäten


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