Na servas... (Barfuß in Wien) (Hobby? Barfuß! 2)
Na servas...
... würde man in Wien dazu sagen, wenn man, so wie ich gerade, nach ein paar Tagen Abwesenheit wieder ins BF-Forum schaut. Mit diesen schon lautmalerisch faszinierenden Worten bringt man Erstaunen und Verwunderung recht drastisch zum Ausdruck.
Natürlich kann ich zur Österreich-Diskussion nicht meinen Mund halten, auch wenn die nur am Rand mit barfuß zu tun hat. Ich beginne zunächst mit meinem Verhältnis zu Wien. Ich lebe ja nur einen Teil meiner Zeit in dieser Stadt, ansonsten in "tiefster ostösterreichischer Provinz", in der Gegend, wo Österreich, Tschechien und die Slowakei aneinandergrenzen. (Für ganz fortgeschrittene Österreich-Kenner: im Weinviertel, Teil des Bundeslandes Niederösterreich) Früher war ich mehr in Wien und mochte damals diese Stadt nicht recht besonders. Irgendwie ist's schon auch eine Stadt der ewigen Raunzer und Nörgler, oft auch eine Stadt voller Borniertheit und Intoleranz. Mittlerweile beginne ich aber doch, Wien zu mögen. Wien ist vieles zur gleichen Zeit, oft auch voller Widersprüche. Das Zentrum ist, wie Lotsi richtig gesagt hat, eine Kulisse besserer Tage. Rundherum ist's irgendwie eine normale Stadt, aber nicht nur. Ich denke, wichtig zum Verständnis von Wien ist, dass es eben keine deutsche Stadt ist. Trotz der gleichen Sprache ist die Geschichte eine andere, sind die Werthaltungen verschieden, gibt es zun Teil völlig andere Kommunikationsstrukturen. Das sollte man nicht überbewerten, aber auch nicht ignorieren. Dieser Unterschied kommt u.a. als "schmuddelig" rüber. Ich hab damit kein Problem. Ein aus Holland stammender und in Wien lebender Freund sagte mir einmal, ein Unterschied zwischen Holland und Wien liege darin, dass in Wien eben nicht jede Straße ein Straßenschild habe und die Nummerierung der Häuser nicht immer mit 1 beginne. Da ist was dran.
Irgendwie ermöglicht diese Athmosphäre der Inkonsequenz ein unglaublich vielschichtiges Leben in dieser Stadt. Das kulturelle Leben, und damit meine ich jetzt nicht nur Staatsoper und so, ist einfach vielseitiger, als es der Größe der Stadt entspricht. Und wenn man die richtigen Plätze kennt, kann man in einer Stadt mit 1 1/2 Millionen Einwohnern eine Art kultureller Weltreise unternehmen.
Ob es einem barfuß in Wien anders ergeht als in Deutschland, kann ich nicht beurteilen, weil ich selten nach Deutschland komme. Ich bin jedenfalls gern barfuß in Wien unterwegs und habe auch schon verschiedenes dazu gepostet. Barfuß in Wiener Museen ist ein eigenes Problem, was aber mit der eigenen Lebenswelt gelangweilter beamteter Museumsaufseher zusammenhängen dürfte. Vielleicht sind gerade auch die ein besonderes Erlebnis österreichischer Kultur. Vielleicht sind sie aber auch gar nicht konsequent genug, um wirklich jemand aus dem Museum zu werfen, dessen nackte Füsse sie stören.
Das Naturhistorische Museum ist möglicherweise trotzdem eine Enttäuschung, außer wenn man das Museum eines Museums sehen will. Auch das hängt mit der oben geschilderten Mentalität zusammen. (Kein blöder Witz: Ich bin mir nicht sicher, ob schon in allen Teilen dieses Gebäudes der elektrische Strom eingeleitet wurde. Vor ein paar Jahren war es noch nicht so weit.)
Zur Fake-Diskussion möchte ich jetzt nichts mehr schreiben, weil mein Posting eh schon so lange ist und das noch weniger mit unserem Thema zu tun hat. Vielleicht gründen ja einmal ein paar ein Forum zum Thema "Glaubwürdigkeit im Internet". Dort würde so manche Diskussion der letzten Woche besser hinpassen...
Na gut, Lotsi möchte ich jetzt gleich einmal schöne entspannte barfüssige Tage in einer Stadt wünschen, in der nicht immer alles ganz einfach ist, manches schon sehr voll negativer Gefühle trieft, einiges Skurriles zu finden ist und noch mehr Spannendes.
(Nur ein kleiner Reisetip: der 2. Bezirk - Wien vom feinsten, nicht einmal weit vom Zentrum, nur über die Brücke...)
Barfüßige Grüße!
Harald