Nackt in der öffentlichkeit - nach deutschem Recht sogar nicht einmal verboten (Hobby? Barfuß! 2)

chris ⌂ @, Wednesday, 18.07.2001, 15:46 (vor 8468 Tagen)

Ich hatte auch schon vor dieses Thema in diesem Forum anzusprechen, denn letzlich geht es ja um das gleiche Prinzip:

Niemand soll mir vorschreiben können, wie ich mich bekleide. Wenn ich der meinung bin, dass ich keine Schuhe brauche, weil sie für mich keine Funktion erfüllen, dann ziehe ich mir keine an und möchte dafür in der Gesellschaft nicht "dumm" angemacht werden, bzw. möchte alle meine besorgungen auch barfuß erledigen dürfen. Soweit sind wohl alle in diesem Forum einverstanden.

Warum denn aber bei den Fußknöcheln aufhören? Dieses Prinzip sollte doch für den ganzen Körper gelten, nicht wahr? Ja, eigentlich, werden vielleicht viele sagen, aber da gibts doch dann Ärger, oder?

Leider glauben viele Leute dass Nacktheit in der Öffentlichkeit verboten ist, und sogar viele Polizisten sind falsch informiert und meinen sie müssten Nackte verhaften. Alles falsch! Solage keine sexuellen Handlungen durchgeführt werden ist nach §183 eine "Erregung öffentlichen Ärgernisses" nicht erfüllt. Als 400 nackte Menschen in der Hannoverschen Innenstadt vor dem Sportgeschäft Decathlon warteten, sagte ein überaus bemühter Einsatzleiter der Polizei "Wenn wir auch nur eine Beschwerde erhalten, schreiten wir sofort wegen Exhibitionismus ein". Dieser Mann hat keine Ahnung wovon er spricht, er kennt die Gesetze noch nicht einmal. Jede Strafanzeige gegen einen der beteiligen Nackten hätte nicht die geringste Chance auf Erfolg gehabt, aber diese Einstellung ist typisch für das, was in vielen Köpfen noch festgemauert ist.

Nach einer represäntativen Meinungsumfrage des GEWIS-Institutes zum Thema "Nackt in der Innenstadt", die vor 1 oder 2 Jahren durchgeführt wurde, kam (ich weiss es jetzt nur aus dem Kopf) das Ergebnis heraus: 5% "sollte man sofort einsperren/verbieten" 12% "bin zwar nicht dafür aber verbieten würde ich es nicht", und die ÜBERWIEGENDE MEHRHEIT von 73% antwortete "ist mir egal" bzw. "bin dafür/würde ich selber machen".

Alles in allem kann zum Thema "Nacktheit in der Öffenlichkeit" folgendes Zusammengefasst werden:

1) Es ist nach dem exakten Buchstaben des Gesetzes nicht verboten.
2) Die überwiegende Bevölkerungsmehrheit fühlt sich nicht dadurch gestört.

In der Praxis reicht aber ein Anruf bei der Polizei aus, um einem Nacktspaziergang ein Ende zu bereiten! Das heißt im Klartext dass eine verklemmte Person einer ganzen Gesellschaft sogar noch mit Hilfe der Polizeigewalt seinen Willen aufdrücken kann. Ja leben wir denn in einer Demokratie oder was??

Bevor ich jetzt zu lange schreibe (ich könnte noch stunden so weiter...) schaut alle vorbei auf dem Forum der Bürgerinitiative Wald-FKK

http://www.waldfkk.de

Das Credo von Waldfkk lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen:

1) Nacktheit ist etwas natürliches und es gibt keinen Grund, dass man sich zum Ausziehen in Ghettos (ausgewiesene FKK-Gebiete) einsperren lassen muss. Es muss überall möglich sein.

2) Es gibt kein Recht auf Nicht-Sehen-Wollen. Einige Menschen sagen, dass sie vom Anblick eines Nackten in ihrem Schamgefühl verletzt werden. Das ist zu bedauern, aber dann müssen diese Menschen eben wegsehen. Dass gibt ihnen aber kein Recht zu verlangen, dass Nackte aus dem Straßenbild entfernt werden sollen. Schließlich kann ein Behinderter, ein Schwarzer oder ein Schwuler auch nicht mit Polizeigewalt aus dem Straßenbild entfernt werden, wenn er einige wenige in ihrem Schamgefühl verletzt. Das zu verlangen wäre Rassistisch.

Also nochmal:

Nackheit in der Öffenlichkeit - jetzt!

http://www.waldfkk.de
http://www.no-limit-fkk.de

Die englische Menschenrechtsbewegung "The Freedom to be Yourself" um den Aktivisten Vincent Bethel setzt sich ebenfalls für das Recht auf Öffentliche Nacktheit ein, leider fehlt mir der Link.

[image] Bürgerinitiative Wald-FKK

Teilweise sehr seltsame Argumentation.

Marco N., Wednesday, 18.07.2001, 17:23 (vor 8468 Tagen) @ chris

Niemand soll mir vorschreiben können, wie ich mich bekleide.

Kann mancher aber doch, z.B. der Arbeitgeber, der - zu Recht - eine gewisse Kleiderordnung vorschreibt (Banken, Versicherungen etc.)

1) Nacktheit ist etwas natürliches und es gibt keinen Grund, dass man sich zum Ausziehen in Ghettos (ausgewiesene FKK-Gebiete) einsperren lassen muss. Es muss überall möglich sein.
2) Es gibt kein Recht auf Nicht-Sehen-Wollen. Einige Menschen sagen, dass sie vom Anblick eines Nackten in ihrem Schamgefühl verletzt werden. Das ist zu bedauern, aber dann müssen diese Menschen eben wegsehen.

Nach der Logik koennte man auch sagen, "wer sich daran stoert dass jemand neben ihm raucht, der soll eben weggehen". Es ist aber genau *umgekehrt* - derjenige, der andere durch sein Verhalten stoert, hat auf seine Mitmenschen Ruecksicht zu nehmen.

Dass gibt ihnen aber kein Recht zu verlangen, dass Nackte aus dem Straßenbild entfernt werden sollen. Schließlich kann ein Behinderter, ein Schwarzer oder ein Schwuler auch nicht mit Polizeigewalt aus dem Straßenbild entfernt werden, wenn er einige wenige in ihrem Schamgefühl verletzt. Das zu verlangen wäre Rassistisch.

Seit wann kann man einem Menschen ansehen, ob er homo- oder heterosexuell ist?
Die Hautfarbe sucht man sich nicht aus, man wird mit ihr geboren.
Ob jemand jedoch nackt oder angezogen herumlaeuft - da hat man sehr wohl die Wahl. Also ein schlechter Vergleich, den du da auffuehrst.

Du solltest dir bessere Argumente zulegen, denn so wird das definitiv nichts.

Alles nur Gewöhnungssache!

chris @, Wednesday, 18.07.2001, 18:20 (vor 8468 Tagen) @ Marco N.

Nach der Logik koennte man auch sagen, "wer sich daran stoert
dass jemand neben ihm raucht, der soll eben weggehen".

Das gute Raucherargument! Ist ungefähr 1000mal im Wald-FKK Forum angesprochen worden. Rauchen ist Gesundheitsschädlich. Vom Anblick eines Nackten wird niemand geschädigt.

Die Hautfarbe sucht man sich nicht aus, man wird mit ihr geboren.
Ob jemand jedoch nackt oder angezogen herumlaeuft -

Na gut, was ist, wenn ich einen Skinhead bzw. Neonazi sehe? Dieser Anblick stört nicht nur mein ästhetisches Empfinden, sonder ich fühle mich tatsächlich bedroht. Mein Puls steigt an, Atemfrequenz steigt, Pupillen erweitern sich, etc, etc... Das heißt nichts anderes als das der Anblick eines Skinheads bei mir zu einer nachmessbaren körperlichen Reaktion führt. Kann ich deswegen die Polizei anrufen damit die den Skin zwingen sich anders anzuziehen? Vermutlich werde ich damit keinen Erfolg haben. Würde ich mich jedoch über einen Nackten bzw. eine Nackte beschweren dann hätte ich sofort Erfolg. Das macht keinen Sinn! Zumal ein Skinhead mit seiner äußeren Erscheinung bewusst als Aggressiv wahrgenommen werden will (er will dass sich andere aufgrund seines Anblicks fürchten), wohingehen der Nackte/die Nackte diese Absicht nicht hat.

Egal was du jetzt antworten willst, im Wald-FKK Forum sind bereits alle möglichen Argumente und noch eins diskutiert worden, informiere dich lieber auf der Homepage.

Alles nur Gewöhnungssache!

Markus U., Wednesday, 18.07.2001, 23:26 (vor 8468 Tagen) @ chris

Hi chris!

Vom Anblick eines Nackten wird niemand geschädigt.

Im Prinzip gebe ich Dir voll recht, aber es ist wirklich gewöhnungsbedürftig und deshalb vielleicht auch nicht ganz ungefährlich. Im letzten Sommer bemerkte ich, als ich an an einer roten Ampel halten mußte, daß die Frau in dem Auto, das neben dem meinigen hielt, ihren Wagen barbusig steuerte (ob sie untenrum auch nix anhatte, konnte ich leider nicht sehen). von dem Anblick ihres prächtigen Busens war ich derart hingerissen, daß ich meinen Blick kaum abwenden konnte. Wie leicht hätte da in einer problematischen Situation ein Unfall geschehen können! Da es (noch) so ungewöhnlich ist, daß jemand öffentlich nackt bzw. als Frau barbusig rumläuft, erregt es eben doch zuviel Aufmerksamkeit, und das tut nicht gut.

Herzliche Barfußgrüße,
Markus U. (der gerade nackt am PC sitzt)

Zumindest Barbusig ist abgenickt

chris @, Thursday, 19.07.2001, 11:39 (vor 8468 Tagen) @ Markus U.

Es gab irgendwann einmal ein Urteil, dass das barbusige laufen grundsätlzich überall erlaubt ist. Die Brüste zählen zu den sekundären Geschlechtsmerkmalen der Frau und damit vergleichbar zum Bart des Mannes...

Teilweise sehr seltsame Argumentation.

Steffano @, Friday, 20.07.2001, 12:38 (vor 8466 Tagen) @ Marco N.

Niemand soll mir vorschreiben können, wie ich mich bekleide.

Kann mancher aber doch, z.B. der Arbeitgeber, der - zu Recht - eine
gewisse Kleiderordnung vorschreibt (Banken, Versicherungen etc.)

Da geht es ja auch um ein gemeinsam vereinbartes Arbeitsziel. Die Strategien dieses Ziel zu erreichen sind auch von beiden Seiten akzeptiert worden. Daher gibt es an einer Kleiderordnung während der Arbeit eigentlich nichts auszusetzen. Außerdem ist niemand gezwungen bei einer Bank oder Versicherung zu arbeiten.

Nach der Logik koennte man auch sagen, "wer sich daran stoert dass
jemand neben ihm raucht, der soll eben weggehen".

Zwischen harmlosem nacktsein und andere Menschen mit giftigen und krebserzeugenden Dämpfen einnebeln ist ja wohl ein himmelweiter Unterschied.

Es ist aber genau *umgekehrt* - derjenige, der andere durch sein
Verhalten stoert, hat
auf seine Mitmenschen Ruecksicht zu nehmen.

Sehe ich genauso. Und daran sollten sich besonders diejenigen halten, die harmlose Nacktläufer durch ein riesiges Bohei bei der Polizei stören.

Die Hautfarbe sucht man sich nicht aus, man wird mit ihr geboren.

Genauso wie man auch nackt geboren wird. Trotzdem gibt es sowohl gegen die "falsche" Hautfarbe als auch gegen das Nacktsein unverständlich viele Anfeindungen.

Ob jemand jedoch nackt oder angezogen herumlaeuft - da hat man sehr
wohl die Wahl.

Naja, die Hautfarbe läßt sich auch ändern (Tatoos, Bleaching). Der Finanzielle Aufwand dafür ist sicher geringer, als das, was der Ottonormalverbraucher in seinem Leben für Kleidung ausgibt.

CU

Stefan

Richtigstellung

Detlev @, Thursday, 19.07.2001, 08:06 (vor 8468 Tagen) @ chris

Leider scheint meine Reaktion weiter unten auf die Seite "Nude in public" etwas falsch verstanden worden zu sein. Ich habe nichts gegen Nackte in der Öffentlichkeit. Jeder kann sich kleiden wie er will und wenn er/sie nichts anhat, geht das auch in Ordnung. Einschränkungen wären vielleicht aus hygienischen Gründen oder am Arbeitsplatz (Unfallschutz) zu akzeptieren. Alles andere ist nur Gewohnheitsrecht aus einer jahrhunderte-, wenn nicht jahrtausendelangen Bekleidungstradition.

Detlev

Richtigstellung

chris @, Thursday, 19.07.2001, 11:37 (vor 8468 Tagen) @ Detlev

Was die Seite "Nude-in-Public" betrifft, gebe ich die ohne weiteres recht, denn diese Seite ist von ihren Betreibern als Softporno konzipiert ("Mitgliederbereich"...). Nichtsdestotrotz sind einige der Fotos durchaus geeignet die Sehnsucht zu wecken wie schön es doch wäre einfach nackt zu laufen...

nackige grüße,
chris

Richtigstellung

Detlev @, Friday, 20.07.2001, 08:35 (vor 8467 Tagen) @ chris


Was die Seite "Nude-in-Public" betrifft, gebe ich die ohne weiteres recht, denn diese Seite ist von ihren Betreibern als Softporno konzipiert ("Mitgliederbereich"...). Nichtsdestotrotz sind einige der Fotos durchaus geeignet die Sehnsucht zu wecken wie schön es doch wäre einfach nackt zu laufen...
nackige grüße,
chris

Auch da kann ich dir recht geben. Aber solange die negativen Reaktionen überwiegen und ein Bußgeldbescheid bei öffentlicher Nackheit nahezu garantiert ist, wird man wohl die Klamotten anbehalten.

Detlev

Richtigstellung

chris @, Friday, 20.07.2001, 10:50 (vor 8467 Tagen) @ Detlev

Nicht immer. Der Bußgeldbescheid ist nicht "garantiert", aber es ist auch nicht garatiert dass du keinen bekommst. Viele haben im WaldFKK-Forum übrigens geschrieben, dass die Polizei, wenn man freundlich sein Motiv erklärt und auf die WaldFKK-Initiative verweist, einfach wieder von dannen ziehen ohne dir etwas aufzubrummen.

Es stimmt, noch ist nackt-Joggen oder nackt-Fahrradfahren etwas für hardcore-Freaks, die auch vorm Bußgeldbescheid nicht zurückschrecken. Schau mal auf der seite von Ralf vorbei:

Ralf' No-Limit-FKK page

Wenn du übrigens zusammen mit deiner Freundin gehst, oder in einer Gruppe mit anderen Nackläufern, hast du praktisch nichts zu befürchten. Das haben im Wald-FKK Forum auch schon einige bestätigt.

chris

und Richtigstellung 2

chris @, Friday, 20.07.2001, 10:56 (vor 8467 Tagen) @ Detlev

Aber solange die negativen Reaktionen überwiegen ...

Nein das tun sie nicht. Alle Erlebnisberichte auf der WaldFKK-Page sprechen immer wieder von einer überwiegenden Mehrzahl an positiven Reaktionen. Und auch viele praktizieren nackt-Joggen schon seit Jahren und hatten noch nie kontakt mit der Polizei :-)

Du musst ja nicht gleich in die Innenstadt oder nackt auf eine Faschingsparty, so wie Ralf...

und Richtigstellung 3

chris @, Friday, 20.07.2001, 11:03 (vor 8467 Tagen) @ Detlev

... das Schicksal von Peter Niehenke ist nicht typisch bzw. repräsentativ für den durchschnitts-Nacktjogger. PN führt einen persönlichen Kleinkrieg gegen die Freiburger Behörden, oder besser gesagt, die Behörden gegen ihn. Das ist aber ein Ausnahmefall. Schau dir die durchaus positiven Berichte an von z.B. "Charon" oder "Urs".

nackige Grüße und sorry, ich bin im Geiste immer etwas nicht-linear, deswegen die vielen einzelnen Antworten....

und Richtigstellung 3

Detlev @, Saturday, 21.07.2001, 10:07 (vor 8466 Tagen) @ chris

nackige Grüße und sorry, ich bin im Geiste immer etwas nicht-linear, deswegen die vielen einzelnen Antworten....

Kenne ich irgendwo her!
Für evtl. weitere Diskussionen werde ich mal euer Forum besuchen. Hier sind wir jetzt etwas off-topic...

Detlev

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