Was soll ich dazu sagen? - Beifall klatschen - mehr nicht (Hobby? Barfuß! 2)

Alex @, Thursday, 19.04.2001, 11:49 (vor 8558 Tagen) @ Fritz

Du hast recht! Ganz im Ernst - ein ausgezeichneter, weil realistischer, Beitrag.
Und übt weiterhin Toleranz... wir brauchen sie alle!
Alex

Hallo Leute!
Als regelmäßiger Leser dieses Forums und auch als gelegentlicher Beitragsschreiber muß ich jetzt doch mal einen längeren Beitrag loswerden. Auch wenn ich nicht die aktuelle Diskussion um den Off-Topic-Hinweis auf das Birkenstocktreffen aufgreifen möchte, hat mich unter anderem auch die überraschend scharfe Antwort von Georg und vor allem die anschließende Diskussion zu diesem Beitrag bewogen. Aber auch der hier immer wieder aufflammende Antiamerikanismus gibt mir zu denken.
Schon früher ist mir aufgefallen, daß der Begriff "Birkenstocks" unter einigen der hier versammelten Barfüßer ein gewisses Agressionspotential auslöst. Ein Wunder, daß es noch keine entsprechende Wortsperre gibt! ;-) Wenn ich im Sommer nicht barfuß bin, dann trage ich auch Birkenstock-Sandalen. Bin ich deshalb ein natürlicher Feind der Barfüßer, ein Verräter oder gar ein Fetischist? Birckenstock ist für mich ein Schuh-Hersteller wie jeder andere auch, und relativ gesund sollen die Dinger auch sein. Daß ein Aufruf zu einem Birkenstocktreffen (seit wann gibt's denn sowas?) nicht hierher gehört, ist klar, aber was soll der Krampf?
Ich werde den Verdacht nicht los, daß dieses Forum zwar nicht - wie einige andere - von Fußfetischisten dominiert wird, dafür aber von Hardcore-Barfüßern (wenn man das so sagen kann), die möglichst immer und überall barfuß unterwegs sein wollen und sich dafür notfalls auch festnehmen lassen oder einen Märtyrertod sterben würden.
Ich gestehe hiermit: Ich bin keiner von denen. Ich war noch nie auf einem "Barfußtreffen" oder auf einem "Barfußpfad". Ich habe noch nie barfuß die Antarktis durchquert oder den Mt Everest bestiegen, und ich mache auch keine barfüßigen Wanderungen im Schnee, auf Glasscherben, zwischen Skorpionen und Feuerameisen oder auf glühenden Kohlen. Überhaupt bin ich keiner, den das Wandern begeistert, deswegen habe ich auch noch nie eine "Barfußwanderung" gemacht. Ich fahre lieber Fahrrad (manchmal, aber nicht immer, auch barfuß). Kurz - ich würde mich zwar nicht als normalen Menschen bezeichnen, aber ich bin nicht verrückt.
Andererseits würde ich nie auf die Idee kommen, zuhause mit Schuhen herumzulaufen oder am Strand bzw. im Schwimmbad mit Badelatschen. Ich habe glücklicherweise einen Beruf (Softwareentwickler) und ein Hobby (Segelfliegen; gut, ich bin doch verrückt!), bei dem ich barfuß sein kann, wenn ich es will. Ich habe auch eine Wohnung bzw. ein Büro, wo ich problemlos auch im Winter barfuß herumlaufen kann. Ich fahre auch meistens barfuß Auto - im Winter zumindest auf längeren Strecken.
Ich führe also ein mehr oder weniger normales Leben überwiegend barfuß und habe es deshalb nicht nötig, wie einige der Teilnehmer hier (und wie schon der Forumstitel andeutet), das Barfußlaufen als solches als Hobby, als Lebensinhalt oder gar als Fetisch oder Religion zu betrachten.
Ich mach's einfach, weil's angenehm und gesund ist, und nicht um aufzufallen oder um anders zu sein. Wenn ich alles zusammenrechne, bin ich sicher auch im Winter mehr als 90% der Zeit barfuß und im Sommer nahe 100%. Während der restlichen Zeit trage ich Schuhe und wenn es das Wetter erlaubt auch Birkenstocks. Bin ich deshalb ein "Fremdkörper" in diesem Forum?
Ich lege es nicht darauf an, andere Menschen durch das Barfußlaufen zu provozieren, weshalb ich z.B. beim Einkaufen darauf verzichte (außer vielleicht bei 30° im Schatten). Ich verzichte erst recht darauf, die Provokation durch eine bewußt schlampige oder zerschlissene Kleidung oder durch bis an die Knie verdreckte Füße zu erhöhen, was unter den "normalen" Menschen nur das Vorurteil "Barfuß = Penner" bestärken würde. Klar - auch meine Sohlen sind nach einem Barfußtag ziemlich schwarz, aber man muß das ja nicht unbedingt jedem zeigen, indem man abends im Restaurant die Füße auf den Tisch legt, um es mal etwas überspitzt zu sagen. Ach ja - man kann Füße übrigens auch waschen, und schon ein paar Schritte im Gras wirken oft Wunder!
Ihr redet immer - und völlig zurecht - von der fehlenden Toleranz gegenüber den Barfüßern. Ihr solltet aber auch etwas Toleranz gegenüber den Leuten zeigen, die nicht oder nur manchmal barfuß laufen - und die es wagen, in einem amerikanischen Einkaufszentrum mit Sandalen herumzulaufen. Wenn das Barfußlaufen an irgendeinem Ort unerwünscht ist und dies sogar durch Schilder dokumentiert ist, dann solltet Ihr das respektieren - insbesondere wenn ihr Gäste in einem fremden Land seid. Es gibt ja auch "richtige" Gesetze, bei denen einem der Sinn nicht immer ganz einleuchtet, die man aber trotzdem befolgt - gerade im Ausland.
Bedenkt mal eines: Daß es in den USA Anti-Barfuß-Schilder gibt, ist nicht ein Zeichen geringerer Toleranz, sondern vermutlich eine Folge der absurden Schadenersatz-Rechtsprechung und darüberhinaus wohl ein Zeichen dafür, daß das Barfußlufen dort viel verbreiteter ist als bei uns. In Deutschland würde kein Ladenbesitzer auf die Idee kommen, ein solches Schild aufzustellen. Wenn das Barfußlaufen auch bei uns wider Erwarten mehr und mehr in Mode kommen sollte, dann wird es aber sicher auch in Deutschland solche Schilder geben. Man muß sich z.B. nur den Schilderwald an Rolltreppen anschauen - keine Gummistiefel, keine Kinderwagen, keine Hunde. Die Barfüßer hat man mangels "Nachfrage" wohl vergessen!
Gruß,
Fritz


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