Neuseeland (3 Wochen im Barfußparadies!) (Hobby? Barfuß! 2)

Harald (2), Sunday, 04.03.2001, 11:19 (vor 8604 Tagen)

Hallo Ihr Lieben!
Ich bin wieder zuück aus Neuseeland! Und ich verrate es Euch gleich: Ich hab nicht nur einen schönen Urlaub verbracht, sondern ein echtes Barfußparadies entdeckt!
Ich hab ja auch von Neuseeland aus einmal ins Forum geschaut und mich auch zu Wort gemeldet. Damals hab ich auch von ein bisschen Anfangsschwierigkeiten mit heissem, rauhen Asphalt berichtet. Deshalb hab ich in den ersten zwei, drei Tagen noch ab und zu meine Flipflops angezogen. Naja, meine Sohlen waren halt nach den überwiegend mit Schuhen verbrachten Wintermonaten einfach nichts mehr gewöhnt. Diese Probleme haben sich dann bald gegeben und den Rest der Zeit war ich dann echt 100% barfuß unterwegs.
Ehrlich gesagt, bin ich jetzt schon ein bisschen stolz auf mich bzw. meine Füsse. Und jedenfalls total glücklich, dass ich einmal so einen richtigen Barfußurlaub durchgezogen habe. Die Flipflops blieben dann gut verstaut im Rucksack, meine alten Sportschuhe habe ich zu einer längeren Nationalpark-Wanderung mitgenommen, aber dann doch nicht angezogen. Anschließend landeten sie ganz brutal im Müll (waren eh schon ziemlich kaputt...)
Neuseeland macht einem das Barfußlaufen echt ganz einfach. Es ist nicht so, dass die meisten Leute barfuß unterwegs wären. Aber ein paar sind es dann doch immer. Und zwar echt bei allen Gelegenheiten, auch in der Stadt, beim Einkaufen, in der Arbeit, am Weg zur Schule, ... Die anderen tragen zu einem hohen Prozentsatz Sandalen, Badeschlapfen oder Flipflops. Und viele Leute ziehen die Schuhe einfach aus, wenn sie das Gefühl haben, sie jetzt nicht zu brauchen, z.B. im Café oder im Bus. Auf der Fähre zwischen den beiden Inseln war echt 1/3 der Leute barfuß!
Aufgrund dieser Eigenschaft der "Kiwis", wie sich die Neuseeländer nach einem nur dort vorkommenden flügellosen Vogel nennen, bekommt man echt keinerlei kritischen Blicke oder Kommentare zu nackten Füssen. Nicht einmal, wenn man zu Bürobeginn durch die ziemlich "trendy" wirkende Downtown von Auckland geht, um seinen Bus zu erreichen. Ich sag's Euch, das war echt das angenehmste an dieser Reise. Das Witzige war, dass ich unbewusst immer wieder doch mit "dem Blick" gerechnet habe, und dann ganz happy war, als ich z.B. barfuß in der Bank freundlicher behandelt wurde als mit Schuhen in Wien...
Die Barfußleidenschaften in NZ (=New Zealand) erstreckt sich faszinierenderweise auf alle Gesellschaftsgruppen. Zwar sind Kinder ganz besonders häufig barfuß und so ab ca. 30 werden die Barfüsser doch seltener, aber ich habe auch 60-jährige Frauen barfuß einkaufen gesehen. Auch Maori und Pakeha (=die Nachkommen europäischer Einwanderer, die heute die Bevölkerungsmehrheit bilden), sind unter den Barfüssern in gleichen Ausmaß vertreten.
(Das Verhältnis zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen ist übrigens ein faszinierendes. Gerade ein Land wie Österreich könnte von der gelebten Toleranz viel lernen. Aber das gehört nicht hier her.)
Natürlich lassen sich auch die Touristen, v.a. die jüngeren "Backpacker", ganz gerne von der Barfußleidenschaft anstecken. Es war echt schön, nicht allein zu sein mit meinen nackten Füssen.
Für mich war es ein tolles Erlebnis, fast 3 Wochen lang ausschließlich barfuß zu sein. Wenn man nämlich konsequent keine Schuhe anzieht, auch dann nicht, wenn es gerade nicht so ganz bequem ist, gewöhnt man sich erstaunlich schnell an gröberen Untergrund. Am Schluss bin ich dann auch ohne Probleme auf Schotterstraßen gegangen, was bei mir oft der wunde Punkt ist und mir viel mehr Probleme macht als Asphalt.
Viel überlegt habe ich, wie ich ohne Schuhe den Rückweg in die Kälte schaffen soll. Ich hab mir dann doch ein Paar Leinenschuhe von einem Freund ausgeborgt, die mir aber ein bisschen zu klein waren. Hat aber nichts gemacht. Im Flugzeug sind sie sowieso nur unbenutzt herumgestanden, getragen habe ich sie beim Zwischenstop in Sydney während wir die recht strenge australische Einreisekontrolle passiert haben (ca. 1/4 Stunde lang...). Wir waren dann ein paar Stunden in Sydney und dann ging es weiter über Singapur nach Frankfurt. Dort habe ich mir dann die geliehenen Schuhe und geliehene Socken angezogen, eher weil ich keine verwunderten Blicke wollte als wegen der Kälte. In größeren Flughäfen ist es offenbar auf der ganzen Welt ziemlich gleich warm, in Singapur dank Klimaanlage und in Frankfurt dank Heizung. In den Flieger nach Wien bin ich dann auch mit Schuhen. Zwischen den Geschäftsreisenden habe ich mich dann doch in einer anderen Welt gefühlt als zwischen "Backpackern" in NZ.
Tja, jetzt bin ich also wieder zurück. Mit ganz tollen Erinnnerungen (die schönste davon: Wale beobachten!) und einem ganz komischen Gefühl, wenn ich Schuhe anziehe. Es ist einfach unangenehm, es stimmt einfach was nicht. Die ganze Zeit bin ich am überlegen: Soll ich's doch auch hier und jetzt barfuß versuchen, ab und zu zumindest? Eigentlich ist es ja eh gar nicht kalt draußen. Wenn nur "die Blicke" nicht wären... Aber, mein Gott, warum soll ich mich um das kümmern? Na ja, ich weiß nicht... Wie lange dauert es noch bis zum Frühling? Im Herbst war ich auch ein paar mal mutig... Ich werde Euch schon berichten, was ich noch so anstelle mit meinen Füssen.
Euer Harald
P.S. Ich mag meine Füsse so richtig! Klingt ein bisschen blöd, ist aber genau das, was ich jetzt nach diesen 3 Wochen fühle.

Neuseeland (3 Wochen im Barfußparadies!)

Bernd A @, Sunday, 04.03.2001, 13:31 (vor 8604 Tagen) @ Harald (2)

Hallo Ihr Lieben!
Ich bin wieder zuück aus Neuseeland! Und ich verrate es Euch gleich: Ich hab nicht nur einen schönen Urlaub verbracht, sondern ein echtes Barfußparadies entdeckt!...<

Hallo Harald,

echt toll, man könnte sofort ins Flugzeug sitzen und ins Kiwiland fliegen, vor allem wenn man hier aus dem Fenster schaut und das alles andere als frühlingshafte Wetter sieht. Aber mitte der Woche soll's ja besser werden, warten wir's ab... Aber 15 Grad sind ja nicht mit den Temperaturen im Kiwi-Sommer zu vergleichen.
Bist du auf einem der berühmten Treckingpfade gewandert? (Z.B. Milfort-Track) Sind dir dort andere barfüßige Wanderer begegnet oder beschränkten sich die Barfüßler auf Städte/Strände?

Auch deinen Beitrag zum Thema "Notschuhe" fand ich sehr interessant. Vor allem deine Aussage "solange barfußlaufen nicht unangenehm wird..." Das ist auch meine Ansicht. Barfußlaufen kann nur dann schön sein, wenn es angenehm ist. Die Gründe, dass es das nicht mehr ist, können wie du auch sagst, sehr unterschiedlich sein: Komische Blicke, dumme Fragen, das Gefühl, unangepasst zu sein und natürlich rein mechanische Einflüsse wie zu steinig, zu kalt, zu heiß, zu viele Dornen etc.

Gruß, Bernd A

Neuseeland - Trecking

Harald (2), Monday, 05.03.2001, 20:53 (vor 8602 Tagen) @ Bernd A

Hallo Bernd!
Den berühmten Milford-Track, den manche Leute als den schönsten Wanderweg der Welt bezeichnen, bin ich nicht gegangen. Und zwar aus 2 Gründen:
1. Um dort wandern zu dürfen, braucht man eine Erlaubnis, die an die bescheidenen Übernachtungsmöglichkeiten in dieser menschenleeren Gegend angepasst wird. Praktisch heisst das, entweder mit einer Treckinggruppe gehen oder monatelang vorher buchen. Ersteres wollten wir nicht, für zweiteres haben wir unsere Reise viel zu kurzfristig organisiert.
2. Die Anreisezeit von Auckland in den fernen Süden beträgt 3-4 Tage,wenn man nicht schon wieder fliegen will, dann wieder 3-4 Tage am Track, wieder zurück. Ist alles bei einer 3-wöchigen Reise schon zweimal zu überlegen, wenn man vom Land was sehen will und im angenehm warmen Norden schwimmen will.
Unsere tollste Wanderung war der Abel-Tasman-Track im Norden der Südinsel. Das Meer entlang zu traumhaften Sandstränden und Waldbächen. 3 Tage von einem Dorf zum nächsten. Und echt super für's Barfußgehen geeignet. Ich habe mir für diesen Track ja zunächst Schuhe mitgenommen, sie aber dann gar nicht angezogen. Auch meine beiden "Reisekollegen", die sonst nicht so barfußenthusiastisch sind wie ich, haben auf großen Teilen des Weges auf Schuhe verzichtet. Isabel hat nachher sogar gemeint, es tut ihr leid, dass sie die Schuhe überhaupt zum wandern mitgenommen hat. Natürlich waren auch sonst viele Barfüsser unterwegs, nicht die Mehrheit, aber, wie gesagt, ein paar davon gibt es immer in Neuseeland.
Was ich aber schon glaube, ist, dass bei schwierigeren Tracks in den Bergen des Südens Wanderschuhe schon eine sinnvolle Sache sind. Zumindest für den "Notfall".
Meine nettesten Barfußbegegnungun hatte ich auf einer kurzen Wanderung im Norden, die ich alleine unternommen habe. Ich natürlich ganz ohne Schuhe unterwegs. Bei schwülem Wetter gehe ich durch einsamen Wald und es beginnt zu regnen. Ich hab echt keine Lust, unter der Regenjacke zu schwitzen, sondern ziehe mich bis auf die Unterhose aus und packe Shorts und T-Shirt in den Rucksack. Später, bei nachlassendem Regen, steht plötzlich ein etwa 60-jähriges neuseeländisches Paar vor mir. Halbnackt und die Füsse bis zu den Knöcheln voller Schlamm fürchte ich zumindest einen bösen Blick. Doch was geschieht: Ein freundliches Lächeln und die Frau fragt mich: "Are you enjoying your bare feet?" "Yes, it's lovely like this!" Daraufhin ein Lächeln des Mannes, und er beginnt tatsächlich, auch seine Schuhe auszuziehen. Da hab ich mich einfach gefühlt, im richtigen Land zu sein...
Liebe Grüße!
Harald

Neuseeland - Trecking

MarkusII, Monday, 05.03.2001, 21:58 (vor 8602 Tagen) @ Harald (2)

Hallo Harald (2),

vielen Dank für Deinen einfühlsamen und interessanten Bericht über Neuseeland!

Nun, wir wissen jetzt noch besser, wo man bevorzugt Urlaub machen kann - mein Interesse an dem Land hast Du jedenfalls kräftig gesteigert!

Viele Grüße und noch einmal vielen Dank,

MarkusII

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