nochmal Barfuß und Armut (Hobby? Barfuß! 2)

chris @, Tuesday, 14.11.2000, 16:11 (vor 8713 Tagen)

Hi, bin auch begeisteter Barfüßer aber noch relativ neu in diesem Forum. Ich habe zwar schon ein paar mal geschrieben aber nur als Antworten auf andere Beiträge.

Ich möchte noch einmal auf das Thema Barfuß und Armut zurürckkommen, dass ich hier häufiger gelesen habe. Ich habe mir mit der Zeit einige Gedanken darüber gemacht die ich euch nicht vorenthalten will. Barfuß zu gehen kann beides sein, zeichen extremer Armut oder extremen Wohlstandes. Um das zu erklären gehe ich mal schematisch vor:

Zustand 1: "Ich bin der Umwelt ausgeliefert".
Die Tiere im Wald können sich keine Schuhe machen, die Urmenschen wahrscheinlich auch noch nicht, weil ihnen das Werkzeug fehlte. Auch heutzutage ist man unbeschuht, theoretisch, wenn einem das Geld fehlt. Dann muss man im Winter frieren, und Barfuß ist keine tolle Sache.

Zustand 2: "Ich kann mich vor der Umwelt schützen".
Um sich vor dem feindlichen Lebensraum zu schützen, kann ich mir entweder Schuhe selbermachen oder kaufen. Ersteres setzt das Wissen darüber voraus, zweiters setzt voraus ich habe genug Geld. Dieser Zustand ist schon eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zu Nummer 1.

Zustand 3: "Ich kann die Umwelt formen".
Schreitet die Zivilisation voran, wird sie so mächtig, dass kein bedarf mehr besteht sich vor der Umwelt zu schützen, weil die Umwelt an die eingenen bedürfnisse angepasst werden kann.

Wir befinden uns im moment (Jahr 2000) auf dem Weg von 2 nach 3.
Heute leben wir in Häusern, in denen weitgehend unabhängig von den äußeren Witterungsverhältnissen das Klima nach eigenen Wünschen gestaltet werden kann. Barfuß laufen zu können ist das Zeichen, das ich so Wohlhabend bin, dass ich den Winter einfach vor die Tür sperren kann.

Was meinen die Anderen dazu?
Vielleicht eine kleine Argumentationshilfe, um die Assoziation Barfuß = Armut bei anderen aufzubrechen.

barfüßige grüße
christian

nochmal Barfuß und Armut

Kerstin, Tuesday, 14.11.2000, 17:19 (vor 8713 Tagen) @ chris

Hallo Chris,
wie du vielleicht weiter unten gelesen hast, hat dieses Problem gestern auch mich und meine Mutter beschäftigt

Zustand 1: "Ich bin der Umwelt ausgeliefert".
Die Tiere im Wald können sich keine Schuhe machen, die Urmenschen wahrscheinlich auch noch nicht, weil ihnen das Werkzeug fehlte. Auch heutzutage ist man unbeschuht, theoretisch, wenn einem das Geld fehlt. Dann muss man im Winter frieren, und Barfuß ist keine tolle Sache.

Das mußte meine Mutter (62) zumindest teilweise in ihrer Kindheit erdulden. Darum versteht sie nicht, daß ich (17) neuerdings zu Hause und im Sportunterricht gerne barfuß laufe, sie drängt mich sogar mit Argumenten ("Kind, du brauchst doch nicht barfuß gehen, es ist Geld genug da"), Schuhe anzuziehen.

Zustand 2: "Ich kann mich vor der Umwelt schützen".
Um sich vor dem feindlichen Lebensraum zu schützen, kann ich mir entweder Schuhe selbermachen oder kaufen. Ersteres setzt das Wissen darüber voraus, zweiters setzt voraus ich habe genug Geld. Dieser Zustand ist schon eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zu Nummer 1.
Zustand 3: "Ich kann die Umwelt formen".
Schreitet die Zivilisation voran, wird sie so mächtig, dass kein bedarf mehr besteht sich vor der Umwelt zu schützen, weil die Umwelt an die eingenen bedürfnisse angepasst werden kann.
Wir befinden uns im moment (Jahr 2000) auf dem Weg von 2 nach 3.
Heute leben wir in Häusern, in denen weitgehend unabhängig von den äußeren Witterungsverhältnissen das Klima nach eigenen Wünschen gestaltet werden kann. Barfuß laufen zu können ist das Zeichen, das ich so Wohlhabend bin, dass ich den Winter einfach vor die Tür sperren kann.

Ich habe versucht, ihr das zu erklären, und natürlich versteht sie, daß ich jederzeit meine Schuhe anziehen kann, wenn mir danach ist. Ich glaube fast, der beste Weg, "Nichtbarfüßer(Innen)" zu überzeugen, ist, mit gutem Beispiel voranzugehen, wie ich es seit einem Monat versuche. Aber natürlich spielen auch gesellschaftliche Zwänge (oft wird man sicherlich angestarrt und stößt -wie hier ich- auf Unverständnis) eine Rolle.
Wenn man dann "aufklären" möchte, sollte man wohl versuchen, sich normal zu verhalten und nicht die anderen mit den gesundheitlichen Vorteilen des Barfußlaufens "zureden"(ich glaube, das führt vor allem bei älteren Leuten eher zu Trotzreaktionen).

Viele Grüße
Kerstin

nochmal Barfuß und Armut

Unci, Tuesday, 14.11.2000, 19:14 (vor 8713 Tagen) @ chris

Zustand 3: "Ich kann die Umwelt formen".
Schreitet die Zivilisation voran, wird sie so mächtig, dass kein bedarf mehr besteht sich vor der Umwelt zu schützen, weil die Umwelt an die eingenen bedürfnisse angepasst werden kann.
Wir befinden uns im moment (Jahr 2000) auf dem Weg von 2 nach 3.

Wo siehst du anzeichen dafür, dass jemand die umwelt so formen will, dass schuhe nicht mehr notwendig sind?

Luxus

XL ⌂ @, Wednesday, 15.11.2000, 10:37 (vor 8712 Tagen) @ chris

Hi Christian und der Rest!

Vielleicht sollten wir uns einfach mal bewusst machen, daß es im Prinzip purer Luxus ist, daß wir es uns erlauben können, wo und wann wir wollen barfuß zu gehen. Wenn wir nicht die Möglichkeit hätten, uns jederzeit in einer gut geheizten Wohnung aufzuwärmen, oder und für längere Strecken eines motorisierten Verkehrsmittels anzuvertrauen, würde es keinem von uns Spaß machen, barfuß zu gehen, zumindest nicht immer...

Und genau aus diesem Grund sollten wir Menschen, die die Erfahrung gemacht haben, daß sie barfuß gehen mußten, obwohl es ihnen keinen Spaß gemacht sondern teilweise sogar wehgetan hat, genausoviel Toleranz und Verständnis entgegenbringen, wie wir es von ihnen erwarten.
Wenn wir z.B. als verwöhnte Mitteleuropäer in Ländern Urlaub machen, in denen es noch nicht lange selbstverständlich ist, daß sich jeder Schuhe leisten kann, sollten wir sehr behutsam vorgehen und eventuell gute Mine zum bösen Spiel machen und dann doch Schuhe anziehen...

Fuß zum Gruß,

XL

[image] Schnaxel-Online

Geld einfach annehmen und spenden?

Lotsi, Wednesday, 15.11.2000, 14:46 (vor 8712 Tagen) @ chris

Hi Ihr!

Bei diesem Thema möchte ich nochmal die Idee von Georg aufgreifen, dass man Geld, das Passanten Barfüßern tatsächlich manchmal bieten, spenden sollte und zwar für Medikamente etc., aber nicht, wie Georg meinte, für Schuhe. Dazu ein paar Gedanken.
Zuerst: Es ist nicht so, dass Passanten mich geradezu mit Zehnerln bewerfen würden, wenn ich barfuß durch die Stadt laufe, aber dreimal ist mir tatsächlich Geld angeboten worden: Einmal von einer besorgten, sehr netten alten Dame, von einem eher unbesorgten und auch weniger netten Herrn (der darüber wohl nur mit mir ins Gespräch kommen wollte, was ziemlich nervig war) und einmal von einem etwa 10-jährigen Mädchen, das glaubte, Barfüßer wären arm. Dieses Erlebnis war besonders nett!
Die Idee von Georg, solches Geld zu spenden, nur nicht für Schuhe, ist aber ein wenig problematisch. Ich weiß nicht, wie hoch der "Erlös" bei Euch so ist, un ob es sich für karitative Zwecke lohnt. Sicher ist ein Markl in einer Spendenbüchse besser als nichts.
Was mir aber nicht so ganz behagt ist der Gedanke, das Geld "natürlich nicht" für Schuhe zu spenden. Man kann die Verwendung von Spenden kaum beeinflussen, und Medikamente sind sicher wichtiger als Schuhe, ich gebe aber zu bedenken, dass wir nicht unsere Freude am Barfußlaufen einfach so auf andere Länder übertragen dürfen, etwa nach dem Motto: Gut, dass die da überhaupt keine Schuhe brauchen, schön, dass die den ganzen Tag barfuß laufen können, Hauptsache, sie haben das Notwendigste.
Wir Wohlstandskinder können es uns "leisten" barfuß zu laufen, es ist in der Tat Luxus für uns, aber in armen Ländern sind Schuhe Luxus, den sich wenige "leisten" können - wohl aber viele leisten wollen!! Ich bin mir sicher, dass in vielen Ländern Schuhe sehr gefragt sind! Barfußlaufen ist dort kein Ausdruck von Lebensart, sondern von Armut, es ist ein Not gedrungenes Übel.
Ich denke auch gar nicht so an z.B. Afrika, wo Barfußlaufen natürlich einen traditionellen Ursprung hat. Aber auch dort haben die Leute ein Recht auf Schuhe, und wollen selbstverständlich auch welche. Es ist etwas überheblich zu glauben, nur weils da warm ist bräuchten, ja wollten die Menschen keine Schuhe. (Nicht zu vergessen, dass in Europa bis ins 20. Jahrhundert Barfußlaufen vor allem eine Folge von Armut gewesen ist, nicht etwa von "Natürlichkeit").
Ich denke besonders an Lateinamerika und an Osteuropa. Die Straßenkinder von Rumänien haben Schuhe bitter nötig, es macht ihnen keinen Spaß, barfuß durch Bukarest zu laufen, was sehr viele müssen.
Also: Wir dürfen unsere Freude am Barfußlaufen nicht auf andere übertragen! Wenn Wohlstandskinder Gutes tun wollen, ist die Gefahr unangemessener, z.T. akut missverständlicher Maßstäbe und Ideen ganz nah. Schuhe sind in armen Ländern ein Statussymbol, wohl aber eines, auf das jeder ein Recht hat: das dürfen wir nie vergessen!
Georg: Dir wollte ich natürlich keinesfalls irgend eine Fehlleitung unterstellen! Dein Vorschlag ist sehr lobenswert, nur die Formulierung mit den Schuhe hat mich ewas irritiert. Also nix für ungut!
Liebe Grüße
Lotsi

Ich meine : es gibt dringendere Bedürfnisse als Schuhe

Georg @, Wednesday, 15.11.2000, 19:50 (vor 8712 Tagen) @ Lotsi

Hallo Lotsi,

ich bin - bei vieler Übereinstimmung - nicht ganz Deiner Meinung.
SchnaXeL hat gerade ganz richtig darauf hingewiesen, dass unsere Wahlfreiheit, trotz einer möglicherweise zweistelligen Zahl von Paaren Schuhe im Schrank auf deren Tragen häufigst zu verzichten, durchaus eine Form von Luxus darstellt. Du sprichst diesen sachverhalt ja auch an.

Aber auch dort haben die Leute ein Recht auf Schuhe, und wollen selbstverständlich auch welche. Es ist etwas überheblich zu glauben, nur weils da warm ist bräuchten, ja wollten die Menschen keine Schuhe.

Mag sein. Aber dafür muss in der Regel (die wie jede Regel bestimmt ein paar Ausnahmen haben muss) niemand in Europa - keine staatliche Stelle, kein Privatmann - Geld zur Verfügung stellen - also auch nicht der Dummschwätzer, der Dir oder mir Geld für Schuhe anbietet bzw. anbieten würde.

(Nicht zu vergessen, dass in Europa bis ins 20. Jahrhundert Barfußlaufen vor allem eine Folge von Armut gewesen ist, nicht etwa von "Natürlichkeit").

Es war eine Folge mir durchaus sinnvoll vorkommender Bewertungsmaßstäbe. Wenn Geld sehr knapp ist und das Existenzminimum kaum überschritten oder nicht einmal erreicht wird, sind Schuhe (deren Preis im Vergleich aber auch deutlich höher war als heute) eben kein vordringliches Problem.
(Ich will das keineswegs glorifizieren; ich bin selbstverständlich sehr froh, vor solche Entscheidungen nicht gestellt zu sein.)

Ich denke besonders an Lateinamerika und an Osteuropa. Die Straßenkinder von Rumänien haben Schuhe bitter nötig, es macht ihnen keinen Spaß, barfuß durch Bukarest zu laufen, was sehr viele müssen.

Das bezweifele ich nicht im geringsten. Aber sind für diese Kinder Schuhe tatsächlich wichtiger als ein Dach über dem Kopf, als gesundheitliche Vorsorge, als genug zu essen und als eine Ausbildung ?
Im Pressespiegel hatten wir einmal eine Meldung, dass der Berliner Blödelbarde Ingo Insterburg in seiner Kindheit bis November barfuß zur Schule ging, weil seine Mutter das knappe Geld lieber für seinen Musikunterricht als für Schuhe ausgab.
Wenn die finanziellen Ressourchen so knapp sind, dass man klare Präferenzen setzen muss, haben Schuhe - davon bleibe ich allerdings überzeugt - keinen Vorrang (es hängt allerdings von der Region der Erde ab, die man betrachtet - konkret v. a. von deren Durchschnitts- und insbesondere Wintertemperaturen).
Unsere Vorfahren sahen das offenbar auch so, die Menschen in den Entwicklungsländern betreffend kann ich nur Vermutungen anstellen.

Also: Wir dürfen unsere Freude am Barfußlaufen nicht auf andere übertragen!

Das will ich auch nicht, kann mir freilich vorstellen, dass sich auch dieser Text ein wenig danach liest. Zugegebenermaßen kann ich mir auch viel leichter vorstellen, rund ums Jahr barfuß zu sein, als rund ums Jahr obdachlos, hungrig und an massiven Mangelerscheinungen erkrankt.

Serfuß
Georg

PS : Barfußlaufen ist und bleibt doch die von der Natur vorgesehene Fortbewegungsart des Menschen ...

Im Idealfall kann zwischen verschiedenen Alternativen gewählt werden

Lorenz, Wednesday, 15.11.2000, 21:03 (vor 8712 Tagen) @ Georg

Hallo Lotsi und Georg,

Wir gestalten unser Barfußlaufen aus unserer eigenen Perspektive. Und wir würden für unser schönes Hobby nie und nimmer Gesundheits- und Verletzungsrisiken eingehen. Z.B. ziehe ich zum Rasenmähen Schuhe an, weil ich doch mal unglücklich ausrutschen und mit den Zehen ins Messer kommen könnte....

.... Wenn Geld sehr knapp ist und das Existenzminimum kaum überschritten oder nicht einmal erreicht wird, sind Schuhe (deren Preis im Vergleich aber auch deutlich höher war als heute) eben kein vordringliches Problem.

Nehmen wir mal an, ein armer Schlucker schuftet für sein karges Einkommen im Steinbruch, wo ihm alle Nase lang ein Steinbrocken auf die Füße fällt -- dann ergibt sich auch eine andere Priorität. Dann sind Schuhe wegen echter Verletzungsgefahr als Arbeitsmittel erforderlich. Und es ist unverantwortlich, Leute barfuß einen solchen Job machen zu lassen.

Wenn die finanziellen Ressourchen so knapp sind, dass man klare Präferenzen setzen muss, haben Schuhe - davon bleibe ich allerdings überzeugt - keinen Vorrang (es hängt allerdings von der Region der Erde ab, die man betrachtet - konkret v. a. von deren Durchschnitts- und insbesondere Wintertemperaturen).

Das stellt sich aus unserem hobbymäßig barfußbegeisterten Blickwinkel so dar, aber ich würde keine Vorentscheidung treffen wollen für Menschen, die unter Bedingungen leben, wie wir sie uns kaum vorstellen können (z.B. festgetretener Müll als Bodenbelag). In unserem geregelten Lebensumfeld wird die Notwendigkeit von Schuhen generell überschätzt -- wie wir selbst herausgefunden haben. Aber für alle Fälle möchte auch ich einige als Schutzkleidung taugliche Exemplare besitzen.

Ich denke, wenn man ganz klar erkennt, wann Schuhe Sinn machen, dann weiß man auch, wann man sie nicht braucht. Und wie gut man darauf verzichten kann, hängt von den Lebensumständen ab. Wir Mitteleuropäer leben so gut, daß wir sie fast nie brauchen!!!!

Für mich ist es ein Wohlstandssymbol, überall so herumzulaufen, wie ein Urlauber am Traumstrand....

Herzliche Füße, Lorenz

barfuß&Armut

julia fiona, Thursday, 16.11.2000, 16:20 (vor 8711 Tagen) @ Lotsi

Hi,
auch bei mir kommt es gelegentlich vor, dass mir Almosen angeboten werden, vor allem, wenn ich mit meiner Tochter unterwegs bin. Von ungefähr wird es nicht kommen, dass sich manche Bettler barfuß auf die Straße setzen, es scheint gut für das Geschäft zu sein.
Ich bin immer gerührt, wenn mir jemand Geld anbietet. Mir ist das zuletzt in diesem Frühjahr passiert, als ich beim Bummel in einen üblen Regenguß gekommen war und danach auf eine Freundin zu warten hatte, mit der ich mich treffen wollte. Da stand ich also an unserem Treffpunkt mitten in der Fußgängerzone, nass wie eine Katze und also fröstelnd, und wie immer barfuß. Eine alte Dame sprach mich an und fragte, ob sie mir helfen könne. Ich sagte ihr, dass ich kein Problem hätte und klärte sie auf, worauf sie sehr verwundert war, dass jemand freiwillig immer ohne Schuhe geht. Sie sagte, sie hätte von klein auf und noch als junge Mutter in einer bäuerlichen Gegend in Süddeutschland bittere Armut gelitten. Sie sei aus einer Tagelöhnersippe, da sei das so gewesen. Sie hätte keine Schuhe gehabt, nur ein Kleid, einen Kittel und einen Wollumhang für den Winter. Das Geld habe für mehr einfach nicht gereicht, oft nicht einmal für genug Nahrung. Sie hätte nur gefroren und gelitten damals, und von ihren fünf (!) Kindern seien drei unter diesen Umständen gestorben, bevor sie sprechen konnten. Erst mit Mitte 30 sei es ihr besser gegangen: In den 50er Jahren!
Man kann es sich kaum vorstellen, dass es auch in Deutschland einmal so war.
Fazit: Barfuß ist Luxus für uns alle. Auch für mich. Wer weiß, wie sehr ich mich nach Schuhen sehnen würde, wenn ich keine warme Wohnung, kein Auto, kein Geld hätte. Die könnten wahrscheinlich noch so unbequem sein und nicht auf meine Füße passen, ich würde sie lieben. Und so würde es uns wohl allen gehen.
Es ist daher in der Tat gar nicht so absurd, Almosen für Schuhe zu spenden.
Wenn man sie denn annimmt. Ich könnte das nicht tun.
Gruß
Julia

Stimmt

Kerstin, Thursday, 16.11.2000, 20:38 (vor 8711 Tagen) @ julia fiona

Fazit: Barfuß ist Luxus für uns alle. Auch für mich. Wer weiß, wie sehr ich mich nach Schuhen sehnen würde, wenn ich keine warme Wohnung, kein Auto, kein Geld hätte. Die könnten wahrscheinlich noch so unbequem sein und nicht auf meine Füße passen, ich würde sie lieben. Und so würde es uns wohl allen gehen.
Es ist daher in der Tat gar nicht so absurd, Almosen für Schuhe zu spenden.
Wenn man sie denn annimmt. Ich könnte das nicht tun.

Hallo erstmal,

da kann ich Dir nur rechtgeben. Ich glaube, die Menschen "brauchen" immer das am meisten, was sie gerade nicht haben bzw. nicht haben können. Je nachdem, wo bei einer Gesellschaft der Standard liegt, kann die Grenze zur Armut sehr verschieden sein.
Wer bei uns in der Öffentlichkeit barfuß läuft, suggeriert den meisten Menschen damit wohl, er sei sehr arm, weil Schuhe hier offiziell zu einem Minimum, einer "Grundausstattung" gehören.

Auf die Idee, daß man auf Dinge, die man sich eigentlich problemlos leisten könnte, freiwillig verzichten kann, kommen die meisten Menschen gar nicht, vor allem, wenn sie es von früher aus der "schweren Zeit" noch anders kennen. Auch ich muß zugeben, daß mir ein Mensch, der offensichtlich aus Armut barfuß läuft, leid täte und ich ihm wahrscheinlich Geld geben würde (auch wenn ich hier in Deutschland so etwas noch nicht gesehen habe).
Jedenfalls scheinen Armut und barfuß für viele Menschen untrennbar zusammenzuhängen, worauf man aber mit Blick auf die Vergangenheit mit Verständnis reagieren sollte.

Viele Grüße
Kerstin

Schuhe sind... na, was wohl?

MarkusII, Sunday, 19.11.2000, 18:27 (vor 8708 Tagen) @ Lotsi

Hallo Lotsi,

ich glaube, daß weder die Straßenkinder in Bukarest noch die Studenten eines Colleges in Oxford Schuhe brauchen, solange die Temperaturen etwa über zehn Grad liegen.

Im "Best-Of" kann man - auch in Beiträgen von mir - nachlesen, daß ständiges Barfußlaufen für den Menschen viel besser ist als das Tragen von Schuhen. Dies ist schlicht Fakt.

Wegen des Images etc. wird dies nicht praktiziert. Die Werbung der Schuhindustrie war und ist dabei, diese kollektive Fehlleitung noch in die letzten Ecken der Erde zu tragen und ist dabei sehr erfolgreich.

Ich finde es schlimm, daß der gesunde Instinkt des Menschen ("ja, ich möchte natürlich barfußgehen, was denn sonst?") dabei völlig überfahren wird und schließlich durch eine Fülle von Vorurteilen und Fehleinschätzungen zerstört wird.

Schuhe sind nur vor dem Hintergrund der letztgenannten Dinge "nötig", in Wahrheit sind sie aber nicht nur überflüssig wie ein Kropf - sie schaden dem Menschen nachweislich sogar, und dies viel stärker als allgemein bekannt! Und selbst wenn dies einzelnen Menschen bewußt ist - das von der Werbung geförderte Image preßt die Menschen trotzdem in ungesundes und schädliches Verhalten. Nur wenige haben die Kraft, diesem oft verdeckt daher kommenden, außerordentlich wirkungsvollen "Schuh-Terror" die Stirn zu bieten.

Dies ist nach bestem Wissen und Gewissen meine Einschätzung.

Es grüßt Dich

MarkusII
PS: Zur Kraft und Wirkung der Werbung: Die Marke "Coca Cola" ist z.Zt. die wertvollste Marke der Welt. Wenn die Werbung für sie sofort vollständig eingestellt würde - wie lange würde es dauern, bis diese Marke vergessen ist? Laut Aussage von Marketingfachleuten nur ein halbes Jahr! Die braune Limonade ist spottbillig zu produzieren, und trotzdem erzielt sie fast überall höhere Preise als die wertvolle und aufwendig herzustellende Milch!

Schuhe sind... na, was wohl?

[asc], Monday, 20.11.2000, 21:11 (vor 8707 Tagen) @ MarkusII

ich glaube, daß weder die Straßenkinder in Bukarest noch die Studenten eines Colleges in Oxford Schuhe brauchen, solange die Temperaturen etwa über zehn Grad liegen.

Das ist ja wohl eben nicht immer der fall.

Wegen des Images etc. wird dies nicht praktiziert. Die Werbung der Schuhindustrie war und ist dabei, diese kollektive Fehlleitung noch in die letzten Ecken der Erde zu tragen und ist dabei sehr erfolgreich.

Schuhe wurden nicht von der bösen schuhindustrie erfunden.

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Schuhe sind... na, was wohl?

MarkusII, Monday, 20.11.2000, 23:16 (vor 8707 Tagen) @ [asc]

ich glaube, daß weder die Straßenkinder in Bukarest noch die Studenten eines Colleges in Oxford Schuhe brauchen, solange die Temperaturen etwa über zehn Grad liegen.

Das ist ja wohl eben nicht immer der fall.

Aber meistens.

Wegen des Images etc. wird dies nicht praktiziert. Die Werbung der Schuhindustrie war und ist dabei, diese kollektive Fehlleitung noch in die letzten Ecken der Erde zu tragen und ist dabei sehr erfolgreich.

Schuhe wurden nicht von der bösen schuhindustrie erfunden.

Massiv verbreitet schon, und gut für den Menschen sind Schuhe alles in allem nun einmal nicht (Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel). Schon immer haben sie - blöderweise - eine starke Rolle als Imageträger gespielt, und in starkem Maße von dieser Seite her wurden (und werden) sie auch begehrt.

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MarkusII

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