Barfuß & Treckinggruppen (Hobby? Barfuß! 2)

Harald, Tuesday, 14.11.2000, 11:54 (vor 8713 Tagen) @ Bernd A

Hallo Bernd (und all Ihr anderen)!
Barfuß und Treckinggruppen scheint ein eigenes spannendes Thema zu sein. Ich habe zwar noch nie an so einer Gruppe oder anderen organisierte Reisen teilgenommen (dazu bin ich zu individualistisch - weniger Wohlwollende sagen zu stur und eigensinnig), da ich aber gerne reise und wandere, mache ich aber immer wieder witzige Beobachtungen dazu.
Eine Begegung "der besonderen Art" hatte ich vor ein paar Jahren auf den Kapverdischen Inseln (einen tollen Beitrag zu meiner "Lieblings-Inselwelt" gab es übrigens vor kurzem hier im Forum). Ich war dort mit Freunden unterwegs und bin einfach einmal, während die irgendwo im Schatten oder am Meer herumgesessen sind, ein Tal hinaufspaziert. Es war ein gemütlicher Weg, zwischendurch habe ich eine Pause in einer Dorfbar gemacht, dann ein Stück mit einem Auto mitgefahren, so nach einem halben Tag war ich wieder zurück. Der Großteil des Weges war eigentlich eine Auto-bafahrbare Piste, ein Stück gepflasterter Fußweg. Großteils war ich barfuß unterwegs, für steinige Wegstücke hatte ich meine Flipflops im Rucksack, mit denen auch die meisten Kapverdeaner unterwegs sind. Die Bewohner dieses Tals haben sich weder über meine Füsse noch über meine sonstige Bekleidung (kurze Jeans, T-Shirt) gewundert: es war ein schöner warmer Tag, wie meistens auf den Kapverden. Ich habe das ganze eher als längeren Spaziergang und nicht als wirkliche "Bergtour" erlebt.
Plötzlich kam eine Gruppe großteils deutscher Trecking-Touristen des Weges. Die Ausrüstung: schwere Bergschuhe, Treckinghosen im Army-Stil, großteils wärmere Sweater umgehängt oder gar angezogen, fast alle mit Teleskopstöcken, große Rucksäcke....schweißüberströmt und wirklich fast mit heraushängender Zunge. Ich hab sie angestarrt wie Wesen von einem anderen Stern, und sie mich auch!
Ich habe dann lange überlegt, wo denn in dieser Gegend das Gebirge ist, dass sie gerade "erstürmen" wollten. Bloß - es gab keines. Auf den einzigen Berg führt auf der anderen Seite eine Paßstraße hinauf. Und über die örtlichen Verhältnisse müßten sie informiert sein: Die (damals) einzige Trecking-Agentur der Insel wurde von vor Ort lebenden EuropäerInnen geleitet.
Ich denke, diese Begegnung war nicht nur recht witzig, da steckt schon ein bisschen was dahinter: Wie sehr nämlich Reisen mit Sehnsüchten nach Freiheit zu tun hat, die dann von der Tourismusindustrie wieder enttäuscht werden. (Ist zunächst etwas weit hergeholt und wäre eher ein Thema für ein Forum zur "Reisephilosophie" -kennt jemand so etwas?)
Ähnliches beobachte ich auch immer wieder in den Alpen: Nichts gegen ordentlich Ausrüstung. Ich habe schon gerne einen warmen Pullover, eine Regenjacke und feste Schuhe dabei, wenn ich auf höhere Berge gehe. Nur: ich muß sie nur dann verwenden, wenn mir mein Gefühl sagt, dass es jetzt notwendig ist. Und ich muss keinen ungeschriebenen Kleidercodex erfüllen, der bis zur Farbe der Socken reicht (und nach Altersgruppen fein differenzier ist - macht echt Spass, das zu beobachten!) Zerrissene Jeans und nackte Füsse sind da ein Zeichen, das gerade jüngeren "Bergsportler" offenbar unangenehm an die Freiheit erinnert, die man auch in den Bergen finden kann, wenn man nicht nur den Stress sucht, den der Alpenverein in die Berge getragen hat. (Sorry, dieser Verein hat natürlich auch ein paar gute Seiten. Aber ich habe halt auch ein paar Probleme mit dem Alpinismus. Aber das gehört auch nur mehr am Rand hier her ...)
Euer Harald


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