Kapverdische Inseln (Hobby? Barfuß! 2)

Schorsch, Wednesday, 08.11.2000, 20:35 (vor 8719 Tagen)

Hallo zusammen,

im vergangenen Jahr habe ich einen sehr schönen Urlaub auf den Kapverdischen Inseln verbracht. "Cabo Verde" ist, wie die meisten von Euch sicher wissen, die Heimat der Sängerin Cesarea Evora, der "barfüßigen Diva", die momentan wieder durch Deutschland tourt. Sie hat sich schon häufiger in Interviews zu ihrer Neigung geäußert, die sich auf den kurzen Nenner bringen läßt: "Ich mag halt keine Schuhe". Sie war in der Vergangenheit auch dann barfuß, als es aus protokollarischen Gründen - ich glaube, als Beispiel wurde der Besuch eines portugiesischen Politikers genannt - nicht angesagt war. Tolles Selbstvertrauen, finde ich.

Cesarea Evora ist allerdings kein Einzelfall. Ich habe selten in einem Land soviele barfüßige Menschen gesehen, wie hier. Alle Altergruppen waren vertreten, wobei Kinder und Jugendliche den größten Anteil stellten. Von den ganz Kleinen abgesehen, sind auf den Kapverden Schuluniformen MIT Schuhen vorgeschrieben. (Angesichts des hierzulande grassierenden Klamotten-Markenfetischismus ist das mit der Schuluniform eine überlegenswerte Alternative, was sagen die Pädagogen hier im Forum dazu?). Die Vorschüler waren wie gesagt barfuß, die älteren Schüler dann aber nach Schulschluß ebenfalls in großer Zahl. Ich erinnere mich z.B., einen Teenager im Elternhaus verschwinden zu sehen und nach fünf Minuten war er in "Zivil" und auf nackten Sohlen wieder auf der Straße.

Natürlich sind die Menschen auf den Kapverden nach unserern Maßstäben gemessen arm, wobei viele von Familienangehörigen, die im Ausland (USA, Niederlande etc.) arbeiten, unterstützt werden. Dennoch war es offensichtlich, daß Armut allein nicht der Grund für´s Barfußsein war, denn viele trugen ansprechende Kleidung, aber eben keine Schuhe.

Im Gegensatz zu unseren oftmals zivilisationsschwachen Gewächsen war die Zahl der ausgesprochen wohlgeformten Füße beträchtlich. Ich habe kaum Platt-, Senk- oder Spreizfüße gesehen. Leider gab es einige Fälle von Klumpfüßen, was auf unzureichende medizinische Versorgung bei Kleinkindern schließen läßt. Ein mit uns wandernder Orthopäde erläuterte sogleich, was man in Deutschland dagegen tun würde, bestätigte aber gleichzeitig, wie gesund geformt die meisten Füße hier seien, was er auf ein ausgiebiges barfüßiges Training von Kind an zurückführte.

Tatsächlich gab es keinen Untergrund, der nicht barfuß bewältigt worden wäre. Auf den extrem schönen Wandertouren begegneten wir zahlreichen Einwohnern verschiedenen Alters, die mit einer Leichtigkeit, ja Eleganz über Stock und Stein gingen, daß es eine Freude war. Im Gegensatz dazu "eierten" wir in unseren Wanderschuhen und Tewa-Sandalen doch ziemlich herum. Das absolute Highlight war die Besteigung des Vulkans Fogo auf der gleichnamigen Insel, wo uns ein vielleicht sechszehnjähriger Einheimischer führte und ebenso behende wie schnell auf nackten Sohlen voraus ging. Dabei hatte ich Gelegenheit, auf seine Füße genauer zu achten: soweit ich sehen konnte, hatte er weniger eine zentimeterdicke Hornhaut als eine "Polsterung" unter der Haut, die es ihm erlaubte, einer Gemse gleich zu klettern.

Ich selbst habe während des Urlaubs Schuhe und Sandalen ausgelassen, wo immer möglich, konnte mich mangels Übung mit den Einheimischen aber nicht annähernd messen. Die Reaktion reichte von Verwunderung bis Zustimmung, denn barfüßig wandernde Touris sind auf Cabo Verde offenbar immer noch eher die Ausnahme. Einen therapeutischen Erfolg hatte das Barfußlaufen auch, da ich eine mir zuvor in Deutschland eingefangene Dornenwarze wieder los wurde - wahrscheinlich aufgrund der ausgiebigen Massage durch die unterschiedlichen Bodenverhältnisse.

Für einen ereignisreichen Urlaub kann ich die Kapverden jedenfalls jedem empfehlen - dem Barfüßer sicher noch mehr als dem Beschuhten.

Vielleicht hat ein anderer Forumsteilnehmer ja ähnliches dort erlebt...

Ach ja, fast vergaß ich´s: In einem Hafen auf der Insel Santo Antao habe ich den bislang einzigen Menschen gesehen, der tatsächlich sechs Zehen an jedem Fuß hatte, was ich erst dem leckeren "Grogue" (so ähnlich wie Rum) vom Vorabend zugeschrieben habe. Aber auch beim Nachzählen blieben es sechs.

Schöne Füße wünscht Euch der

Schorsch


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