Barfuß um die Welt 5, Down Under (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd A @, Sunday, 01.10.2000, 17:33 (vor 8822 Tagen)

Sydney war ja nun 2 Wochen lang im Blickpunkt der Welt-Öffentlichkeit, heute wurde Olympia mit einem begeisternden Feuerwerk beendet. Für mich war Sydney nicht nur in sportlicher Hinsicht interessant, es wurden auch Erinnerungen wach, als ich, vor 13 Jahren, in Down Under war. 23 Stunden hatte der Flug aus dem spätwinterlichen Deutschland ins frühherbstliche Australien gedauert, dann konnte ich meine nackten Füße auf die andere Seite der Erde setzen. Gelandet bin ich genau dort, wo Capitän Cook knapp 200 Jahre zuvor mit seinem Schiff ankam. Die Bucht, in der er ankerte, nannte er "Botany Bay", wegen ihrer vielen interessanten botanischen Schönheiten, die seine mitgereisten Wissenschaftler dort fanden. Botany Bay ist der Ort, wo sich heute der Flughafen befindet, einige Meilen südlich einer der schönsten Städte der Erde: Sydney! In Sydney wurde während meines Aufenthaltes viel gebaut, die Stadt bereitete sich auf die Feiern zum 200jährigen Jubiläum vor. Bis heute hat sich sicher noch viel geändert, auf dem Weg zur Olympiastadt.
Meine Unterkunft in Sydney war im Sadtteil Kings Cross, einem Vergnügungsviertel mit viel Nachtleben. Doch wer geht schon wegen des Nachtlebens nach Australien? Für mich war eigentlich das Outback das, was ich erleben wollte. Und wenn man schon mal in solch einer Stadt, wie Sydney ist, dann schaut man sie sich natürlich auch an. Einen herrlichen Rundblick hat man vom Fernsehturm mitten in der Stadt. Im Stadzentrum selbst sieht es aus, wie in vielen Großstädten der Erde mit angelsächsischem Flair. Herausragente Higlights sind natürlich das Operahouse, mit seiner eigenwilligen Architektur und die Stahlkonstruktion der Habourbridge, die die Innenstadt mit den nördlichen Außenbezirken und den dortigen Badestränden verbindet. Von meinem Hotel aus hatte ich nur wenige Gehminuten ins Stadtzentrum, ebenso zu einigen malerischen Buchten mit vielen Segelbooten. Hier kann man barfußlaufen und man wird vielen anderen Barfüßlern begegnen, im geschäftigen Stadzentrum findet man auch nicht mehr Barfußläufer, als in London oder New York. Doch an den Stränden, nördlich und südlich der Stadt, sind Barfußläufer in ihrem Element, wie überall auf der Welt.
Nach drei Tagen Sydney ging die Busreise ins Outback los. 40 Leute teilten sich den Überlandbus mit Gepäckanhänger und 80 Augen richteten ihre Blickrichtung auf meine unbeschuhten Füße! Wenn ich meine Blicke so durch die Runde schweifen ließ, fand ich eigentlich noch viele nackte Füße, deren Zehen gelangweilt unter den Bussitzen herumspielten. Sie steckten allerdings alle in blauen, grünen, gelben oder roten Badelatschen. Wo ist da nun der Unterschied? dachte ich. Aber naja, vielleicht haben die ja auch nur zufällig meine Füße angeguckt, vielleicht bin ich diesbezüglich zu empfindlich, die sind ja fast alle barfuß.
Die erste Tagesfahrt ging in westliche Richtung, quer durch New-South-Wales, durch endloses Farmland, wo echte Cowboys zu Pferde Rinder und Schafe hüten und Kängerus verscheuchen und auch abschießen.
Die "Rus" wie sie genannt werden sind eine echte Plage, für die klimatisch ohnehin gebeutelten Farmer.
Die erste Campingübernachtung bei der Stadt Mildura an der Grenze nach Victoria, direkt am längsten Fluß Australiens, dem Murray-River. Der Abend wurde sehr frisch, und schon kamen die erten Fragen der Ausies, ob mir das nicht zu kalt sei, so ohne Schuhe und Socken. Ich schaute in die Runde: "Aber da sind doch viele barfuß!" "Ja, aber wir haben 'thongs', hast du keine 'thongs'? Kauf dir doch welche, die sind nicht teuer!" 'Thongs! Mit 'thongs' waren die Badelatschen gemeint, die nur aus einer Sohle und einem Halteriemen zwischen den Zehen bestehen. "Aber da ist doch kein Unterschied, ob ich nun ganz barfuß bin, oder ob ich thongs trage!" "Naja, es ist schon besser, man kann sich nicht verletzen, und es ist nicht so kalt... look at, we have all such thongs...!" Ich erzählte denen dann, wie kalt es bei uns in Deutschland sei, kaum mehr als 25 Grad im Sommer, und im letzten Winter (1987) hatten wir sogar mal minus 22 Grad in Karlsruhe, was sehr, sehr, sehr kalt ist und das war ja gerade vor ein paar Wochen und deshalb ist die Kälte für mich kein Problem, da ich ja auch zu Hause meistens barfuß rumlaufe. (Mein Gott, diesen Satz dürfte meine frühere Deutschlehrerin aber nicht lesen...) Naja und da haben die hitzegewohnten Ausies dann aufmerksam und etwas ungläubig zugehört. Solche Temperaturen sind für sie unvorstellbar. Doch so ganz überzeugen konnte ich nicht, denn wir hatten noch einen Mitreisenden aus Inuvik in Kanadas North-West-Territories. Dort waren es bei seiner Abreise nach Australien minus 47°C und er hatte Schuhe an...
Am nächsten Tag ging die Fahrt zunächst durch die Flinders Range, und dann nach Port Augusta am Nordende des Spencer Gulf in Süd Australien.
Die meisten besuchten abends noch eine Disco, wo doch einige tanzende Frauenfüße ohne Schuhe zu bewundern waren, für diejenigen, die's anregend finden.
Nun folgte die erste Tagesetappe nordwärts in karge Wüstengebiete. Nachmittags erreichten wir die Grubenstadt Cooper Pedy, wo Edelsteine abgebaut werden. Das Leben spielt sich hier unter Tage ab, man arbeitet im Berg, man wohnt im Berg, ja sogar die Kirche ist im Berg. Das ist ganz praktisch, denn dort ist immer angenehm warm, so um die 20 Grad, auch wenn im Winter der kalte Wind vom Südpolarmeer heraufpfeift und wenn im Sommer die Wüstensonne erbarmungslos brennt und es draußen bis über 60 Grad heiß werden. Und nun musste ich mir was einfallen lassen, warum der kältegewohnte Europäer auch im heißen Wüstensand keine thongs trägt...
Wir besichtigten die Stadt unter Tage und übernachten selbst auch im Dock Out, wie die Wohnungen im Berg genannt werden.
Die nächsten Tage ging's durch heiße Wüstengebiete, Nächte in der Wildnis, wo Dingos um die Zelte schleichen. Dann erreichten wir den Ayers Rock. Eine Wanderung zwischen den Felsen der "Olgas", die Abendsimmung mit dem berühmten Farbenspiel am Ayers Rock. In der Kühle des frühen Morgens starteten wir zum Gipfel des Monoliten. Ich barfuß. Und nun gab es nur noch Kopfschütteln:"Grazy, mad, stupid...something must be wrong with you!" Dabei fand ich es garnicht so ungewöhnlich, der Felsen ist glatt ohne spitze Kanten und ohne Probleme barfuß zu gehen. Was soll's, ich ließ mich nicht beirren, und machte es so, wie ich es für das Beste hielt. Die Aussicht in der klaren Luft ist überwältigend, wenn man oben steht, und als wir nachmittags auf dem Zeltplatz relaxten, gab es noch einige Diskussionen um den Sinn meiner Barfußaktion. Als ob es nichts Interessanteres gäbe.
In Alice Springs haben wir die Spielbank besucht. Der Tourleiter hat eine Ausnahmegenehmigung erwirkt, dass wir auch ohne das sonst übliche Outfit Einlass bekamen, "but, you must wear shoes, of course!" war sein ernster Rat.
Nach diesem beschuhten Intermezzo ging es wieder in die Wildnis, eine Barfuß-Wanderung im Kings-Canyon, sehr beeindruckend, diese Felsenschlucht, eigentlich wie der Grand Canyon im Miniformat. Die Felsmurmeln von Devils Marbles, eine Bootsfahrt und Wanderung im Cathrine-Gorge, Dusche unter einem Wasserfall, da waren dann fast alle barfuß. Unterwegs setzte unser Fahrer den 40-Tonnen-Bus in den weichen Wüstensand, mit Schieben war da nichts auszurichten. Auch ein Baustellen-Lkw vermochte es nicht, unseren Bus aus dem Sand zu ziehen. Aber der Fahrer versprach, Hilfe zu holen. Und eine Stunde später tuckerte eine Planierraupe von einer fast 20 km entfernten Baustelle an und zog den Bus wieder auf festen Boden.
Zum Schluss ging es noch in den Kakadu-Nationalpark. Eine Bootsfahrt auf Urwaldflüssen, Krokodile und Wanderungen standen noch auf dem Program. Inzwischen, nach fast 3 Wochen, hat man sich auch an meine Barfüße gewohnt und so viel der Abschied dann auch herzlich aus. Ich verließ die Gruppe in Darwin/Nord Australien, um wieder nach Hause zu fliegen. Der Rest fuhr weiter nach Queensland und zum Great-Berrier-Reef, Barfuß-Land. Da solltest Du mitkommen, da laufen wir alle barfuß, das wäre bestimmt was für Dich!" "Ja, vielleicht beim nächsten Mal, ich wäre ja gerne weiter gefahren, aber ich muss leider nach Hause, die Arbeit ruft!" Ein Abschiedskuss von allen weiblichen Mitreisenden, mir zu Ehren waren sie heute fast alle barfuß, es war nicht einfach, nach Hause zu fliegen und die anderen am Barrier Reef alleine barfüßlern zu lassen.


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion