Ohne Schuhe durch Heilbronn (Zeitungsartikel am 30.8. in der Heilbronner Stimme) (Hobby? Barfuß! 2)
folgender Artikel stand heute bei uns in der Zeitung:
Hey, Sie sind barfuß!" Ach. Wäre mir jetzt glatt entgangen.
Von Franziska Feinäugle
Ohne Schuhe durch Heilbronn: Ein Selbstversuch - Von unnötigen Bemerkungen, neuen Fühl-Erlebnissen und schmeichelhaftem Zebrastreifenweiß
Es gibt Dinge, die fordern Unbeteiligte geradezu heraus, ungefragt Kommentare abzugeben. Barfußlaufen beispielsweise. Barfußlaufen scheint etwas ähnlich Anrüchiges zu sein wie barköpfig, also kahlrasiert durch die Gegend zu gehen: nackte Haut an gesellschaftlich nicht anerkannter Stelle.Kommentare also. Einfach so, in der Mittagspause in der Heilbronner Innenstadt. Es fängt schon im Treppenhaus an. "Hey" , ruft ein Mann, der auf den Aufzug wartet und offenbar zeigen muss, wie gut er hingeguckt hat, "hey, Sie sind barfuß!" Ach. Danke für den Hinweis. Wäre mir glatt entgangen.Dann zur Post, Briefmarken kaufen. Der Mann hinterm Schalter guckt zwar, sagt aber nichts. Brav. Nach dem Tauschgeschäft Geld gegen Briefmarken spricht er dann aber vorsichtig doch aus, was ihn bewegt: "Ist das nicht gefährlich, barfuß? Bei den vielen Baustellen?" Danke der Nachfrage, nein.
Im Gegenteil. Der baustellenbedingte Holzboden am Außenrand der Ex-Allee-Unterführung ist besonders angenehm unter der Fußsohle. Warm und glatt. Aber schön, dass es auch Kommentare der netten Art gibt.Ganz anders als die Frau mittleren Alters, die im Vorbeigehen despektierlich, als würde das genau in ihr offensichtlich nicht gerade schmeichelhaftes Heilbronn-Bild passen, zu ihrem Begleiter sagt: "Läuft man jetzt hier schon barfuß, oder was?"Ja, läuft man. Und lernt die Stadt auf diese Weise ganz neu kennen. Welcher Dauerschuhträger weiß schon, dass zwischen Kiliansplatz und Kaiserstraße nahe der Kirchenmauer ein ziemlich langes Gitter ins Pflaster eingelassen ist? Wer barfuß unterwegs ist, übersieht und -geht es nicht so unaufmerksam. Hat nämlich einen angenehm leichten Fußsohlenmassageeffekt.Überhaupt: Barfußlaufen, die ständige Stimulierung der Nervenenden auf den Fußunterseiten, erweitert das Spektrum der alltägliches Sinneseindrücke ganz erstaunlich. Das hat vielleicht auch der alte Mann gemeint, der kürzlich in einer Zeitschrift sagte, wenn er sein Leben nochmal vor sich hätte, würde er sich weniger Sorgen machen, mehr Risiken eingehen - und außerdem "vom frühen Frühjahr bis zum späten Herbst nur barfuß gehen ".
Bevor wir im Alter was bereuen, lassen wir die Schuhe also lieber gleich weg.Auch wenn einige das unhygienisch finden.
Klar werden die Fußsohlen bei Spaziergängen durch die City schwarz (auf Wohn- und Nebenstraßen kann man übrigens ziemlich lang ohne Schuhe unterwegs sein, ohne
schwarze Füße zu kriegen, nur ein bisschen staubig werden sie da) - und klar läuft man mit diesen schwarzen Sohlen nachher wieder durchs Büro. Aber weder sind die Schuhsohlen der Kollegen sauberer, noch kommen Barfußläufer ihren schwarzen Fußsohlen unangenehm nah.
Und zuhause in der Wohnung gilt der allererste Gang sowieso der Badewanne, wo die Füße mit Wasser und Seife überraschend schnell wieder von schwarz zu rosa werden.Mit dem heimischen Teppichboden sind die Barfüße gewissermaßen auf du und du.
Umso spannender, ganz bewusst die unterschiedlichsten Bodenbeläge zu testen.Ein Einkauf im Supermarkt etwa kann schnell eine Erkältung nach sich ziehen, so kalt ist der Boden oft.
Die Füße verbrennen kann man sich an den Stadtbahnschienen auf der Heilbronner Kaiserstraße nicht, dazu bleibt das Metall selbst an heißen Tagen zu kühl. Dafür macht's Spaß, mit dem großen Zeh Dellen ins weiche Gummi neben dem Gleis zu drücken.
Das glatte Kopfsteinpflaster auf dem Marktplatz und das Weiße beim Zebrastreifen sind absoluter Fühl-Luxus für die Sohlen. Und ganz nebenbei merken Barfüßler, was Ordnungsbürgermeister Kübler freuen wird: Es ist wesentlich sauberer auf dem Boden, als man denkt.
30.08.2000