Barfuß um die Welt 3, Amerika (Hobby? Barfuß! 2)
Heute möchte ich mal wieder was über's barfüßige Reisen loswerden. Unter dem Motto "im Westen sind die Füße bloß" zog es mich im Frühjahr 1990 (ist also schon ein paar Jährchen her) in den Westen der USA und Kanada. Sieben Wochen war ich (fast) immer barfuß und erkundete den riesigen Bereich zwischen dem Yukon und dem Rio Grande. (Auf Europa/Nordafrika übertragen entspricht das ungefähr der Entfernung von Trondheim in Norwegen nach Marakesch in Marokko!)
Der Flieger von Europa landete Ende April in Seattle, also etwa der gleiche Breitengrat wie der Südschwarzwald. Und wie im Schwarzwald war im April auch in den Bergen im Bundesstaat Washington das Wetter alles andere als barfußmäßig: es schneite noch! Ein paar erfrischende Schritte im Schnee, dann lenkte ich meinen "Sunbird" Richtung Westküste, nach Oregon Und dort gab es dann barfuß-Frühlingswetter pur: wolkenloser Himmel,Sonnenschein und 15-20 Grad und dazu kilometerlange herrliche Sandstrände, die mir meistens ganz alleine gehörten. Ab und zu zog mal ein barfüßiger Jogger seine Spuren durch den Sand, die bald von den kalten Fluten des Pazifik wieder weggespült wurden. Diese Küste ist traumhaft schön. Im Norden Kaliforniens befindet sich der Redwood Forrest, ein Wald mit Bäumen, die 30 Meter Umfang haben, 110 Meter hoch sind und 3500 Jahre alt sind. Wieviele barfüßige Indianer mögen sich in ihrem Schatten schon ausgeruht haben?
Viele geheimnisvolle, verwurzelte, weiche Wanderwege führen durch den Wald und laden ein zum barfußlaufen zwischen uralten Baumriesen, Farnen und Blattpflanzen. Ein barfüßiger Hochgenuss bei angenehmen Frühlingstemperaturen.
San Francisco ist ja ein Inbegriff für barfüßige Menschen mit Blumen im Haar, als ich da war, am 2.Mai war es sehr schönes Wetter aber 18 Grad sind nicht unbedingt für jeden Barfüßler einladend, so war ich dann auch der einzige, was aber niemanden aus der Fassung brachte.
Im Motel zog ich dann ausnahmsweise die Schuhe an, ansonsten übernachtete ich ja fast immer im Zelt auf Campingplätzen, seltener auch in freier Natur.
Der Yosemite Nationalpark in der Sierra Nevada: Bilderbuch-Natur pur. Rehe, Hirsche, Bären, Pumas, Felsen, Wasserfälle, schneebedeckte Berge, weite Wiesen, Seen, Flüsse, endlose Wälder und Tannenzapfen, die so groß sind wie ein Fußball und mehrere Kilogramm wiegen! Ich wanderte barfuß durch die Natur am Hetch Hetchy, den Wanderweg bekam ich in der Rangerstation vorgeschrieben - von wegen freies Land! Ein paar Rehe habe ich untewegs aufgescheucht, ein Schwarzbär kreuzte meinen Weg und zog zielstrebig von dannen und zwei Klapperschlangen verkrochen sich angesichts meiner Hornhaut lieber ins Gebüsch, als mich in den Fuß zu beisen. Sie hätten gegen meine Hornhaut ohnehin keine Chance gehabt... (Ha Ha)
Am vierte Wandertag kam mir der Ranger entgegen, um auf der Strecke mal wieder nach dem Rechten zu sehen. Meine nackten Füße quitierte er mit Kopfschütteln. Ansonsten gab es aber von anderen Wanderern keine bemerkenswerten Äußerungen dazu, in Kalifornien fallen barfüßige Menschen nicht auf.
Im Süden Yosemites, sowie in den Nationalparks Kings-Canyon und Sequoia konnte ich wieder wie ein kleiner barfüßiger Kobold zwischen gigantischen und uralten Baumriesen herumwuseln.
Im Death Valles wurden die Füße dann richtig warm... Ich zog es vor, die Barfußwanderung durch die Sanddühnen in die späten Abendstunden zu verschieben, was nicht nur angsichts der Temperatur sondern auch im fotografischen Hinblick auf die herrlichen Lichtverhältnisse bei Sonnenuntergang besser war. Während der Mittagshitze erkundete ich das Tal per Auto und später döste ich im Schatten der Bäume in Greenland-Panch.(Die einzigen Bäume im Umkreis von ein paar hundert Meilen!) Nach 9 Tagen Wildnis hatte ich mal wieder eine Dusche nötig und übernachtete im Hotel. Barfuß ist überhaupt kein Problem.
Die abendliche Barfußwanderung im feinen Wüstensand war ein unvergessliches Erlebnis.
Im Süden Kaliforniens und Arizonas kam ich dann in die Sonorawüste - Kakteenland! Barfuß ja - aber nur mit Sandalen! Die Stacheln sind gemein und auch hier gibt es die Morgensterne, von denen ja auch Sivia schon berichtet hat, von ihrer barfüßigen Namibia-Reise (The Best of).
Diese widerlichen Dinger akupunktieren den barfüßigen Wanderer in ganz Arizona, so auch in der Umgebung des Grand Canyon. Direkt am und im Canyon habe ich aber keine gefunden. Es soll ja schon mehrere Wanderer gegeben habe, die barfüßig in den Canyon stiegen. Ich hatte es auch vor, angesichts der langen Warteliste verzichtete ich dann aber darauf, ich hatte frühestens nach drei oder vier Tagen eine Genehmigung bekommen. Am wenig besuchten Nordrand des Canyons gibt es herrliche Wanderwege durch kühle Wälder, wo man ungestört die Schönheit dieses Canyons betrachten kann. Und es ist eine Wohltat für die Füße, dort ohne Schuhe zu wandern.
Die Naturschönheiten in Arizona und Utah sind unerschöpflich, Bryce Canyon, Zion, Capitol Reef, Arches, Canyonlands und natürlich die markanten Felsenberge des Monument-Valley (auch hier vorsicht - Morgensterne!). Diese Naturschönheiten liegen alle im Siedlungsgebiet der Navajo-Indianer. Auf einem Wanderweg bei den "Natural-Bridges" schaute ein alter Indianer mit schönen Erinnerungen an seine Jugend in den Augen auf meine Füße. Er weis, wie es ist, barfuß zwischen den Felsen zu wandern: "It's a long, long way!" war sein väterlicher Rat.
Nach zwei Wochen im Land der Canyons kann man keine roten Steine mehr sehen. Eine Wohltat für die Augen, als in Colorado wieder dichte Wälder auftauchten, schneebedeckte Berge, grüne Wiesen und weiter im Norden in Wyoming dann die grünen Rinderweiden vor der prächtigen Kulisse der Rocky Mountains.
Im Yellowstone Nationalpark hatte sich das Wetter dann grundlegend geändert, vorbei waren die durstigen Tage von Arizona, vorbei die unerträgliche Hitze und die brennende Sonne. Regen- und Schneeschauer waren nun das bestimmende Element. Meinem Barfußtrieb tat das freilich keinen Abbruch, auch hier wanderte ich (auf von den Rangern vorgegebenen Wegen) barfuß durch die Hochgebirgslandschaft. Und meine Füße stellten auch schnell wieder von Backofen auf Kühlschrank um. Trotz des widrigen Wetters gab es auch hier keinerlei Kommentare zu meinen Füßen. In den ganzen 7 Wochen war der Ranger von Hetch Hetchy in Yosemite der einzige, der verständnislos auf's Barfußlaufen reagierte.
Der Tierfreund kommt in Yellowstone voll auf seine Kosten, hier gibts alles was das Herz begehrt, vom Bison bis zum Murmeltier, vom Grizzly bis zum Streifenhörnchen und vom Wapiti (amerikanisch: Elk) bis zum Elch (amerikanisch: Moose) Auch ein Besuch der heißen Quellen und Geysire sollte unbedingt auf dem Programm stehen, aber Vorsicht beim Barfußlaufen! Unbedingt auf den Wegen bleiben, sonst kann's sehr unangenehm werden.
Der Süden Yellowstones ist in Wyoming und wenn man den Park bei Mamouth Hot Springs im Norden verlässt ist man bereits in Montana und einen Tag später erreicht man bei den Nationalparks Glacier und Waterton Lake die Grenze nach Alberta/Kanada. Es war noch Winter, als ich Anfang Juni dort hin kam, an wandern war nicht zu denken, weder mit noch ohne Schuhe. Ein paar Tierbeobachtungen vom Auto aus, einige eindrucksvolle Fotos von schneebedeckten, wolkenverhangenen Bergen und teilweise zugefrorenen Seen. Die Klimastatistik im Parkguide vom US-Park Glacier gab an, dass es hier im Mai bis zu 100 Grad Fahrenheit geben kann, das wären knapp 38°C, unvorstellbar!
Ähnliche Verhältnisse auch im Banff und Jasper, die großen Nationalparks in den Kanadischen Rockys, Regen, Schnee, Kälte und frustrierte Besucher. Die Kanus am Lake-Louise lagen noch auf Eis: Es war schon die zweite Juniwoche!
Anstatt in den Rockys barfuß zu wandern, fuhr ich weiter in den Norden und man glaubt es kaum, im Yukon war herrlichstes Frühsommerwetter bei über 20 °C. Ein paar kurze barfüßige Ausflüge in die Wildnis, zu mehr reichte die Zeit nicht mehr.
Einen sehr ungewöhnlichen "Road-Chek" (Verkehrskontrolle) gab es noch. Ein Schwarzbär stoppte mich auf dem Alaska-Highway, kam ans Fenster, legte seine schweren Pranken auf den Fensterrahmen und streckte seine große Nase zum Autofenster herein, auf der Suche nach Leckereien. Als er nichts Süßes fand, probierte er das Mikrofon meiner Videokamera, während ich seine Nase -per Weitwinkeleinstellung!!!- aus unmittelbarer Nähe formfüllend aufs Videoband bannte. Der Aufnahmeton litt freilich etwas und schleckig war der Bär auch noch: Er spuckte den Mikrofon-Kopf wieder aus! Danach trollte er sich wieder.
Einige weitere Fahrtage durch endlosen strömenden Regen, dann war ich wieder in Seattle, noch ein Kurzbesuch im Regenwald auf der Halbinsel Olympic, bei herrlichstem Wetter, ohne Regen aber natürlich barfuß. Die letzte Nacht am Strand des Pazific. Nach 11000 Meilen (18000km) musste ich leider wieder nach Hause. Sieben Wochen lang war ich fast ständig barfuß und wie gesagt, so gut wie ohne Kommentare anderer Leute - da macht das Barfußlaufen wirklich Spaß!
Noch ein paar Tage, dann geht es wieder in Urlaub, in den hohen Norden. Mein nächster Bericht kommt also brandaktuell, vielleicht aus einem Internet-Cafe in Nordnorwegen (sofern ich eines finde) oder gleich nach meiner Rückkehr mitte September.