Auf nackten Sohlen: Die Rückkehr der Barfüßler (Hobby? Barfuß! 2)
SAD New York - «Von den Knöcheln aufwärts», meint Gordon Hlavenka, «bin ich eigentlich ganz gewöhnlich.» Logisch, denn von den Knöcheln aufwärts ist der Mann aus Lombard (Illinois) ja auch angezogen. Schuhe oder Socken sind dem 42-Jährigen verhasst, er trägt sie nur eine Stunde pro Woche.
Hlavenka ist ein echter Barfüßler. Wenn Gordon Hlavenka einkaufen geht, seine Kontoauszüge von der Bank holt oder in einem Restaurant zu Abend isst, wird er meist angepöbelt: «Sie können hier nicht ohne Schuhe rumlaufen. Das ist gegen das Gesetz!», muss er sich immer wieder sagen lassen. Aber Hlavenka, Besitzer eines Elektronik-Geschäftes, weiß es besser: Barfuß-Gehen ist legal - und noch dazu schwer im Kommen.
Rund 600 erklärte Gesinnungsgenossen folgen täglich seinem Beispiel und verzichten auf Schuhwerk und Socken. Marnen Laibow-Koser, ein 25-jähriger Profimusiker aus Peekskill (New York), geht seit dem 5. Mai ohne Schuhe durchs Leben. Seine Konzerte in Manhattan spielt der Geiger mit Anzug - aber ohne Schuhe. Alicia Poe, 28, und ihre beiden Töchter legen ebenfalls alle Fußmärsche auf nackten Sohlen zurück. Von der 5th Avenue bis zum Zoo in der Bronx.
Und Reverend David Vallelunga, Seelsorger der Methodisten in Saratoga Springs (New York), zieht weder für Gottesdienste noch für Hochzeiten Schuhe an: «Das ist mein Leidensweg.»
«Man braucht eine dicke Haut - nicht nur auf den Sohlen», erzählt Robert Neinast, ein 45-jähriger Software-Techniker. Sein Chef hat den Barfüßler zum Psychologen geschickt. Seither zieht Neinast seine Schuhe nur dann aus, wenn er am Schreibtisch sitzt. Auf der Homepage der Barefooter (www.barefooters.org) wird die Vermutung, dass Gesetze beim Autofahren oder in Restaurants Schuhe vorschreiben, mit Zeitungsartikeln entkräftigt.
Während die Gegner der Barfuß-Gemeinde behaupten, Schuhe seien Schutz und orthopädische Stütze für den Bewegungsapparat, sagen die Anhänger nackter Sohlen genau das Gegenteil: Barfüßler neigen seltener zu Schweißfüßen und sind bei weitem nicht so anfällig für die Bildung von sogenannten Hammer-Zehen.
Was gefährliche Glassplitter oder unliebsamen Schmutz auf der Straße anbelangt, haben die Barfuß-Fanatiker einen einfachen Ratschlag parat: «Man muss eben darauf achten, wo man hintritt.»
Gordon Hlavenka ist in die Barfuß-Bewegung quasi «hineingeschlittert». Schweißfüße haben ihn dazu gezwungen, regelmäßig sein Schuhwerk zu lüften. Damit ihn keiner sehen konnte, ist er nachts barfuß eine Runde um den Häuserblock gelaufen. Irgendwann probierte er es ein paar Stunden tagsüber. Aus den Stunden wurden Tage, der Rest ist Gründergeschichte. Heute zieht der 42-Jährige nicht einmal mehr beim Schneeschippen. Vereinzelt passen sich die Mitglieder der Barefoot-Community auch gegen ihren Willen an das beschuhte Umfeld an. Paul Lucas, geistiger Vater der «Dirty Sole Society», trägt beispielsweise in gewissen Restaurants Schuhe ohne Sohle. Gordon Hlavenka kennt solche Situationen allzu gut. Die Leute lassen ihn spüren, dass sie ihn für verrückt halten. «In Wahrheit sind diese Ignoranten aber diejenigen, deren Zehen in die falsche Richtung zeigen. Und sie haben entzündete Fußballen.»
[Berliner Morgenpost, 18. 07. 2000]
Mit der Abkürzung SAD kann ich auf Anhieb nichts anfangen (Bildungslücke !?), wird aber eine Presseagentur sein, so dass andere Zeitungen den Artikel gleichlautend oder ähnlich vielleicht auch bringen werden.
Übrigens "schreit" der Artikel nach einem Leserbief über die deutschen Barfüßer, oder ? Interessierte aus dem Berline, aber auch dem gesamten deutschsprachigen Raum folgen dazu am besten gleich dem Link !
Georg
PS : Hallo Kai, besten dank für die Pressespiegel - Urlaubsvertretung !