Diskussion um das Barfußjoggen /-laufen (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Tuesday, 04.04.2000, 21:15 (vor 8936 Tagen)

Hallo zusammen,

ich möchte gern einige Anmerkungen zu der Barfuß - Laufen / Joggen - Diskussion machen.

Zuerst einmal zu Zola Budd : sie ist in Südafrika aufgewachsen, wo viel selbstverständlicher als bei uns barfuß gegangen, gelaufen und überhaupt Sport getrieben wird.
Wie andere afrikanische Sportler auch war sie nicht nur daran gewöhnt barfuß zu laufen, sondern empfand Schuhe schlicht als behindernd - und dass sie wegen der seinerzeitigen, in der Rassenpolitik ihres Landes begründeten Boykottmaßnahmen für England startete, hat auf die Empfindungen ihrer Füße beim Laufen nichts geändert.
Wie es sich bei Zola Budd verhielt, weiß ich nicht - aber heute sitzen die großen Sportschuhhersteller den afrikanischen Barfußläufern insofern im Nacken, als dass sie zu den Hauptsponsoren der Leichtathletik gehören - und warum Nike einen Vertrag ausgerechnet mit einem barfußlaufenden Sportler machen sollte, könnte ich auch niemandem erklären ...

Dann zum Joggen bzw. Laufen auf bloßen Sohlen :
ich praktiziere das schon sehr lange, allerdings ohne jedweden wettkampforientierten Ehrgeiz. Es macht mir große Freude, bei jedem Schritt den Boden zu erfühlen, und der weiche Bewegungsablauf hält meine Muskeln weitaus länger geschmeidig, als wenn ich in Schuhen zu laufen versuche.
Das war früher von November bis März der Fall - aber seit ich meine Barfußaktivitäten über das Joggen hinaus ausgedehnt habe und auch im Winter regelmäßig barfuß gehe, müssen sich die Außentemperaturen schon dem Gefrierpunkt bedenklich nahe gekommen sein ! Und bei dem milden Wetter, den wir dieses Jahr im Rheinland hatten, genügt dann schon das Verschieben des Laufs um wenige Tage ...
Allerdings gönne ich mir den "Luxus", auf Naturboden zu laufen, und kann das auch nur empfehlen. Wiese und Lehmwege eignen sich bestens, Sand ist auch ganz toll, aber wohl eher selten anzutreffen. Diese Untergründe geben leicht nach, und im Zusammenwirken mit der Fußmuskulatur federt und dämpft das wirkungsvoll. Ein paar Laufschritte über Stein und Asphalt scheue ich nicht, aber die Strecke sollte von überschaubarer Länge sein (zumal dieser Boden im Winter zu kalt und im Sommer zu warm wird).
Unsere Vorfahren in der Steinzeit sind als Jäger stunden- oder tagelang barfuß hinter flüchtenden Tieren hergelaufen. Menschenfüße bräuchten insofern keinerlei (Lauf-) Schuhe, wenn
- nicht viele Wege mit Steinen / Asphalt befestigt worden wären, und
- wir ein Menschenleben lang auf natürlichem Boden barfuß liefen.
Da letzteres aber nicht zutrifft, mag für manchen, der nachhaltige Vorschädigungen erworben hat, der künstliche Dämpfungseffekt der Sportschuhe ziemlich unentbehrlich sein - jedenfalls zunächst und erst recht, wenn es über befestigten Untergrund geht.
Aber jeder, der will, kann schon mal "klein anfangen" : kurze Barfußstrecken an geeigneter Stelle in den beschuhten Lauf einstreuen, und das Verhältnis dann langsam zugunsten der Barfußlaufstrecke verändern; ergänzend dazu das Barfußwandern beginnen und pflegen, um die Fußmuskulatur auf natürliche Weise zu kräftigen.
Wer keine Vorschädigungen und ein geeignetes Laufrevier hat, kann das natürlich auch so machen - oder seine Laufschuhe verschenken und ab sofort den Rest des Lebens barfuß joggen.

So oder so
viel Bewegungsfreude auf bloßen Sohlen wünscht Georg

PS : Wie andere Leute zum Tennisklub oder Golfplatz nehme ich auch ein Stück Anfahrtsweg zu meinem derzeitigen Barfußlaufrevier in Kauf - aber ansonsten handelt es sich um eine in jeglicher Hinsicht kostengünstige Sportart !

Diskussion um das Barfußjoggen /-laufen

Wolfgang @, Tuesday, 04.04.2000, 22:54 (vor 8935 Tagen) @ Georg

Hallo Georg!

Ich kann dem, was Du geschrieben hast, im Großen und Ganzen nur zustimmen. Auch ich gehe, wo und wann immer möglich, barfuß. Besonders joggen macht mir so erst richtig Spaß, allerdings sind bei meinen Laufstecken auch längere, mit Kies oder Asphalt dabei. Für mich ist dies eine andere Art des Erlebens und ich möchte es nach einer Anfangsphase des Gewöhnens nicht mehr missen.Ich würde mich von dem Gerede, das schade den Gelenken nicht irritieren lassen, da das für mich ein sehr geringes Risiko ist, für jede Sportart gibt es typische Folgeschäden.Außerdem ist das ganze Leben {theoretisch} mit "Risiken" behaftet ...

Diskussion um das Barfußjoggen /-laufen

Marco N., Wednesday, 05.04.2000, 00:54 (vor 8935 Tagen) @ Wolfgang

Hallo Georg!
Ich kann dem, was Du geschrieben hast, im Großen und Ganzen nur zustimmen. Auch ich gehe, wo und wann immer möglich, barfuß. Besonders joggen macht mir so erst richtig Spaß, allerdings sind bei meinen Laufstecken auch längere, mit Kies oder Asphalt dabei. Für mich ist dies eine andere Art des Erlebens und ich möchte es nach einer Anfangsphase des Gewöhnens nicht mehr missen.Ich würde mich von dem Gerede, das schade den Gelenken nicht irritieren lassen, da das für mich ein sehr geringes Risiko ist, für jede Sportart gibt es typische Folgeschäden.Außerdem ist das ganze Leben {theoretisch} mit "Risiken" behaftet ...

Das stimmt ja, aber muß man denn ein Risiko eingehen, daß man genau so gut vermeiden kann?

Und was du da als "Gerede" abtust, ist medizinisch erwiesen. Sei doch bitte etwas sachlicher in deiner Argumentation und nicht zweitausend Prozent "barfuß ist das einzig Wahre und Schuhe sind Scheiße" (sorry für die Ausdrucksweise, aber danach hören sich deine Aussagen an).

Diskussion um das Barfußjoggen /-laufen

Kai ⌂, Wednesday, 05.04.2000, 07:51 (vor 8935 Tagen) @ Marco N.

Hallo Marco,
hallo Wolfgang,

Und was du da als "Gerede" abtust, ist medizinisch erwiesen. Sei
doch bitte etwas sachlicher in deiner Argumentation und nicht
zweitausend Prozent "barfuß ist das einzig Wahre und Schuhe sind
Scheiße"

normalerweise jogge ich in Schuhen, bin aber garade dabei mal das barfüßige Joggen auszuprobieren. Es stimmt schon, dass sehr viele Jogger Probleme mit den Gelenken haben. Das sind jedoch zu 99,9% keine Barfußjogger, sondern Jogger mit High-tech-Dämpfungs-Schuhen. Ich meine, der Laufstil hat einen wesentlichen Anteil an Gelenkproblemen:
- fehlende Aufwärmphase / Stretching vor dem Lauf
- zu kräftiges Auftreten (Fallenlassen) auf die Schuhe voller Vertrauen auf die Dämpfung
- seltenes, dafür dann übertriebenes Jogging (Sonntagsjogger).

Ich habe die These, dass beim Barfußlauf die natürliche Dämpfung des Fußes (beim Auftritt mit dem Ballen) ausreichen sollte um beschwerdefrei auch auf härteren Untergründen laufen zu können. Vermutlich läuft man barfuß einfach auch etwas vorsichtiger als mit den vermeintlich sicheren Schuhen - so ähnlich wie sich Autofahrer mit ABS ggf. risikohafter verhalten.
Ich werde es diesen Sommer mal ausprobieren und mich langsam in der Barfußdistanz steigern - mal schaun was daraus wird.

Mich blind darauf zu verlassen, was "medizinisch erwiesen ist" tu ich nicht - dafür habe ich schon zu viele Änderungen in den medizinischen Ansichten erlebt.

Unten habe ich nochmals einen Link auf Ken Saxtons "Running Barefoot"-Seite gesetzt.

Kai

[image] Running Barefoot

Diskussion um das Barfußjoggen /-laufen

Andreas (Köln) @, Wednesday, 05.04.2000, 16:23 (vor 8935 Tagen) @ Kai

Hallo Zusammen,

kurz ein paar Punkte, die ich zum Thema Joggen aus einem Faltblatt der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln entnommen habe:

1.) Dass Barfuß-Joggen den Gelenken schadet stimmt nicht. Im Gegenteil - auf weichen Böden (also nicht auf Asphalt) soll man dies tun, mit dem Ziel, die Fußmuskulatur zu stärken.

2.) Die Erschütterungen vom Joggen werden durch die Wadenmuskulatur "abgefangen", so dass Gelenkprobleme hauptsächlich auf eine untrainierte Wadenmuskulatur zurcükzufuehren sind. Diese wird nur durch regelmäßiges laufen trainiert.

3.) Auch Beschwerden der Achilles-Sehne sind auf eine untrainierte Wadenmuskulatur zurückzuführen, die die Erschütterungen des Laufens nicht abfangen kann.

Meiner Meinung nach, kann man nach einer gewissen Zeit und nach eigenem Ermessen schließlich auch barfuß auf Asphalt joggen. Ich selbst habe dies allerdings bisher kaum gemacht.

Viel Spaß beim Barfußlaufen und Joggen (auf weichem Boden),

Andreas

Was ist bewiesen???

Lorenz, Wednesday, 05.04.2000, 21:04 (vor 8935 Tagen) @ Marco N.

Hallo Marco,

Und was du da als "Gerede" abtust, ist medizinisch erwiesen. Sei doch bitte etwas sachlicher in deiner Argumentation ....

Dann versuche ich's mal ganz sachlich.
Um etwas medizinisch zu beweisen, braucht man korrekt angelegte Studien mit klar beschriebenen Gruppen von Probanden und großen Fallzahlen. Und die Leute, die eine Studie auswerten, sollten nicht wissen, welche Person zu welcher Gruppe gehört, um nicht durch ein bestehendes Vorurteil in ihrer Analyse beeinflußt zu werden! Deshalb ist ein medizinischer Beweis sowohl pro als auch kontra barfuß gar nicht zu führen -- man bekommt keine vernünftig große Gruppe zusammen, die unter unseren Lebensbedingungen fast ausschließlich barfuß gelaufen ist.

Deshalb gehören Annahmen über die Schädlichkeit des Barfußlaufens eher in die Kategorie Vorurteil. Und die These, daß Fußschäden ausschließlich von Schuhen stammen, kann man ebensoleicht aufstellen und ebensowenig beweisen. Man kann nur die Träger verschiedener Arten von Schuhen vergleichen; und das führt dann zu der Feststellung, daß manche Schuh-Designs durch besondere Schädlichkeit auffallen.

Mein Vorschlag: verlassen wir uns doch auf das Körpergefühl, jeder von uns kann ja spüren, was ihm gut tut und was nicht. Mir tut Jogging auf Asphalt grundsätzlich nicht gut, egal ob barfuß oder mit Schuhen. Also laß ich's bleiben. Normales Laufen bekommt mir auf jedem Boden barfuß besser als mit Schuhen, weil ich ganz sachte auftrete -- der Genuß ist mit viel Gefühl am größten. Und die Bandscheiben machen mir so keine Beschwerden! Wenn ich Schuhe tragen muß, versuche ich bewußt, den "barfüßigen" Bewegungsablauf beizubehalten, dann ist's auch o.k.

Du siehst, ich argumentiere hier nur mit dem Einzelfall, weil es aus o.g. Gründen nicht zielführend ist, die medizinische Statistik zu bemühen. Bitte beachten: jeder Einzelfall liegt anders, und jeder muß für sich ausprobieren, wie es ihm am besten geht. Und wer mit einem guten Laufschuh am besten läuft, soll das auch tun -- aber nicht eine Weltanschauung daraus machen und darauf bestehen, daß dies für jedermann ideal sei!

Serfuß, Lorenz

Diskussion um das Barfußjoggen /-laufen

Wolfgang @, Wednesday, 05.04.2000, 23:22 (vor 8934 Tagen) @ Marco N.

Hallo Marco!

Als erstes gebe ich zu, daß Fortbewegen ohne Schuhe für mich tatsächlich das einzig wahre ist und ich der Meinung bin, daß wenn mehr Leute die Ausdauer hätten, es zu trainieren, es auch machen würden.
Nach welchen Unterlagen kommst Du auf die Idee, es sei medizinisch ERWIESEN, daß Barfußgehen den Gelenken schade? Erwiesen bedeutet, daß etwas zweifelsfrei und nachprüfbar so IST.
Um so eine Aussage aufzustellen, müssen Daten gesammelt und ausgewertet werden, die dann hochgerechnet werden zu einer scheinbar allgemeingültigen Aussage.Bei jedem einzelnen Schritt sind Fehler möglich, was zu einem Schluß führen kann, der den tatsächlichen Sachverhalt nicht wiedergibt.
Beispiele hierfür wären der SOGENANNTE Treibhauseffekt [nicht geeignete Computermodelle]{soll nicht heißen, daß es ihn nicht gibt, sondern daß, wissenschaftlich betrachtet, bessere Verfahren angewendet werden sollten} wie die Bewegung bestimmter Galaxien [die der Relativitätstheorie widersprechen, etc.
Wenn ich das ganze dann als "Gerede" bezeichne, habe ich diese Sachverhalte bereits berücksichtigt.
Außerdem sehe ich ein "Risiko" erst als solches an, wenn es tatsächlich ERWIESEN ist.
Selbst wenn dem so wäre, bin ich der Meinung, daß man nicht alles bleiben lassen soll, was irgendwo und irgendwie einen Nachteil haben könnte.
Beispiele hierfür wären das trinken von Alkohol über das Bergklettern über das Drachenfliegen bis zum Motorradfahren,tec .
Ein rechnerisches Risiko gibt es außerdem immer für alles, was man tut,siehe auch die Unfälle, die in Krankenhäusern behandelt werden. Egal, wie weit man das "Risiko" minimiert, es gibt immer weitere, die man auch minimieren müßte...
Ich bleibe uaf jeden Fall dabei, daß überall Barfußlaufen, auch auf Asphalt das beste ist, weil es FÜR MICH das beste ist, werde aber nicht auf die Idee kommen, jemandem vorzuschreiben, es auch so zu machen, wenn er nicht will, da ich auch nicht haben will, daß mir jemand vorschreibt, ich soll Schuhe anziehen.

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