Jetzt wird’s auch in der Zeitung dünner (3) (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Friday, 31.12.1999, 17:28 (vor 9030 Tagen)

Hallo Freunde,
ehe ich Euch die kärglichen Erfolge der Suche in Paperball aufliste - erst einmal eine schöne (vielleicht barfüßige ?) Silvesterfeier und dann ein gutes, erfolgreiches, barfüßiges Jahr 2000 !
Ich war in der vergangenen Woche im Schwarzwald, habe auch etwas zu erzählen und einige grundsätzliche Themen angedacht, davon mehr im neuen Jahr ...
Jetzt der Pressespiegel :

Interview Er mag Frauen - aber noch mehr Musik
Ingo Insterburg kommt [...]
Ingo Insterburg, 65 Jahre alt, lebt in Berlin. Der immer noch sportliche Mann schätzt das Leben ohne Anhang. In den 70er Jahren tourten Insterburg & Co. als Blödelbarden durch die Republik. Aus dem Insterburg-Stall kommt unter anderem Karl Dall. [...] Insterburg: Ich habe so 40 Veranstaltungen im Jahr. Das reicht mir. [...]
Da ist die Bühne schon angenehmer? Insterburg: Ja, die brauche ich. Und ich brauche Instrumente.
Wieviel Instrumente beherrschen Sie? Insterburg: So 15 bis 17. Mit 13 Jahren habe ich Geige angefangen. Danach habe ich viele andere Instrumente gelernt, mit 40 die Oboe.
Ihr Elternhaus hat Sie dabei unterstützt? Insterburg: Ja, mein Vater hatte eine Drogerie, meine Mutter war zu Hause bei mir und meinen Geschwistern. Sie war eine gebildete und musische Frau. Nur vom Staubsaugen hatte sie keine Ahnung. Als ich sie angebettelt hab', dass ich unbedingt ein Instrument wollte, da hat sie gesagt, dass ich eigentlich Schuhe brauche. Doch ich bekam mein Instrument - für Schuhe war kein Geld mehr da. So bin ich im November noch barfuss in die Schule gegangen. Das hatte den Vorteil, dass ich in der Pause nicht raus musste auf den Schulhof. [...] [Kölner Stadt-Anzeiger, 13. 12. 1999]

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Spezialist für naturnahe Gestaltung
Arbeitslosenprojekt hat Markt-Nische entdeckt [...]
BINGEN - Sie schütten Erde zu Hügeln auf, sie bauen Matschgruben und Barfuß-Pfade. Das Binger Arbeitslosenprojekt (BAP), Partner der diesjährigen AZ-Weihnachtsaktion, hat sich zum Spezialisten für naturnahe Gestaltung von Spielplätzen entwickelt. Es passte gut zusammen: Der Garten- und Landschaftsbau des BAP litt vor einem Jahr unter akuter Auftragsnot. Eine Idee musste her. Zeitgleich hielt der Trend zu mehr Natur in Kindergarten-Spielgeländen Einzug: Astige Stämme und tragfähiges Buschwerk anstatt vorgefertigtem Klettergestänge, Pfade aus Holz, Kieseln und Pflastersteinen anstelle langweiliger Asphaltwege - das ist heute der Wunsch der meisten Eltern und Erzieher. Die Umsetzung solcher Natur-Spielräume gemeinsam mit dem Kindergartenteam und helfenden Eltern ist mittlerweile ein Steckenpferd des BAP. [...] Die Auftragslage ist gut. Dabei stört sich niemand daran, dass die BAP- Mitarbeiter keine gelernten Landschaftsgärtner sind, eine lange Arbeitslosigkeit und Zeiten der Resignation hinter sich haben. [...]
[Main Rheiner, 13. 12. 1999]

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Die Moderne kommt barfuss
Pramoedya Ananta Toers Roman «Die Spur der Schritte»
Von Angelika Overath Ein junger Mann landet mit dem Schiff aus Surabaya, der östlichen Provinz Javas, in der Hauptstadt Batavia im Westen der Insel. [...] Man schreibt das Jahr 1901. [...] Minke, javanischer Fürstensohn, sagt sich seelisch los von der vergangenen frühen Ehe, los vom patriarchalischen Regenten- Vater und dem «Adat» (dem die traditionelle Gesellschaft prägenden, auf Harmonie und Konsens ausgerichteten Brauchtum der Alten), verabschiedet sich endlich auch von seiner Jugend. In Batavia wird der Sohn aus gutem Hause in die einzige koloniale Ärzteschule der Holländer eintreten, die Einheimische ausbildet. [...] Er reist mit «freiem Herzen, freiem Körper und freier Seele». [...]
Zunächst wird Minke, auf der Suche nach seinem eigenen Pol, wie eine Magnetnadel immer wieder neu ausgerichtet. Schon der Eintritt in die emanzipatorische Ausbildungsstätte gerät zu einer Übung paradoxer Selbstverleugnung. Der moderne Javaner im europäischen Anzug muss sich zur Einschreibung erst wieder im Stil seiner Vorfahren einkleiden. Rituell geht er auf dem Weg vorwärts einen Schritt zurück: «Erst zog ich meine Schuhe aus, dann die Hose und die Socken. Statt des Filzhutes trug ich nun ein Kopftuch. Ungewohnt, da ich es in den letzten Jahren nicht mehr getragen hatte. Die prachtvollen Füsse, die bisher immer in Socken und Schuhen gesteckt hatten, sahen nun nackt auf dem kalten Fussboden wie Hühnerkrallen aus. Wie ein begossener Vogel unterschrieb ich schliesslich den Vertrag.» Die Moderne auf Java muss von dem Einheimischen barfuss erdienert werden. [...]
«Die Spur der Schritte» ist für europäische Leser des ausgehenden 20. Jahrhunderts in mehrfacher Weise erstaunlich. Der lange, leise Roman bewegt sich jenseits stilistischer Modernismen. Ein allwissender auktorialer Erzähler führt in die politische Innenwelt einer fremden Insel, die sich an Minke als private, in sehr schönen Szenen als intime Geschichte erklärt. [...]
[Neue Zürcher Zeitung, 18. 12. 1999]

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Sixpack, Cola und Kaugummi auf den Hügelgrab
[...] Dem Aufruf des SÜDKURIERS an seine Leser, ihre Lieblingsplätze vorzustellen, folgte ein Anruf. Seine Frau und die gemeinsamen Enkelkinder seien Dauerbesucher der alten Eiche am Magdalenenbergdenkmal, ließ Malermeister Edgar Sturm wissen, und neben Spaziergang und Naturbeobachtung würden die Kinder einsammeln, was rücksichtslose Zeitgenossen an diesem schönen Fleckchen Natur zurückließen. [...] Treffpunkt Magdalenenberg - Eiche an einem der letzten sonnigen Herbsttage. Elena Wöhrle ist acht, ihr Bruder Gabriel fünf; hier oben kennen sie sich aus, und das zu jeder Jahreszeit. [...] Die Oma hat den Kindern vom Schäferlauf in Markgröningen erzählt und sie erleben lassen, wie sich ein frisch abgeerntetes Kornfeld unter den nackten Füßen anfühlt. Hannelore Sturm schaut nach oben: "Ich möchte, dass die Kinder diesen wunderschönen Baum kennen und in Erinnerung behalten. Ich bin nicht sicher, ob sie, wenn sie selber einmal Großeltern sind, ihren eigenen Enkeln die Eiche noch zeigen können. Dann sollen sie wenigstens von ihren eigenen Kindheitserlebnissen erzählen können." [...] "Abfalltüte oblegatorisch", schmunzelt Hannelore Sturm, als Elena und Gabriel sich längst Richtung Keltengrabhügel getrollt haben. Dort sammeln sie die Hinterlassenschaften abendlicher Zusammenkünfte ein, und schimpfen wie die Rohrspatzen über leere Bierflaschen, Getränkedosen und Papierreste. "Das ist ein Grab, da feiert man doch nicht drauf", mosert Gabriel, der unlängst bei einem Spaziergang seiner Kindergartentruppe rund um den Warenberg mit einem enormen Wissensvorsprung beeindrucken konnte. [...] Elena kommentiert das Ergebnis der Sammelaktion dieses Nachmittags kurz und knapp: "Mit denen möchte ich mal so richtig goschen. "
Die Bedenken, dass Zecken das Naturerlebnis nachhaltig trüben könnten, hat Hannelore Sturm auf ihre Weise im Griff: "Wir vertrauen darauf, was der Volksmund sagt, dass nämlich ab Höhenlagen um 700 Meter die Viecher selten bis gar nicht vorkommen. Dennoch schaut sie ihre Enkelkinder sehr genau an, wenn sie durch das Gras den grünen Hügel herunterkommen. Die entledigen sich längst unaufgefordert ihrer Schuhe und Strümpfe, und mit einem "Oma guck" strecken sich der Bilderbuch - Großmutter am Wegrand zwei Paar nackte Kinderfüße und Beine entgegen - die intensive Ganzkörperschau folgt dann daheim.
[Südkurier, 18. 12. 1999]

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NIA - Schlagwort für Wellness [...]
Ende November hat Monique Gächter vom Tanz- und Therapiestudio Monique aus Schöftland die NIA-Lizenz erworben und gleichzeitig das Lehrerinnen-Zertifikat entgegennehmen dürfen. Somit ist die diplomierte Tanzpädagogin und Naturärztin im Kanton Aargau die dritte Person, die im Besitz dieser hohen Auszeichnung ist.
NIA steht für Fitness, Gesundheit und Wellness, ein neuer Trend aus den USA. Mit dieser Methode wird der Körper nicht ausgelaugt, sondern genährt. NIA ist eine Mischung verschiedenster Bewegungsformen wie Aikido, Tai Chi, Yoga, Jazz Dance und Modern Dance - und in dieser ganzheitlichen Richtung arbeitet das Tanz- und Therapiestudio aus Schöftland schon längere Zeit mit seinem breiten Spektrum an Angeboten. Die Bewegungen sind bei NIA so kombiniert, dass sie den Energiefluss im Körper aktivieren und damit gesundheitsfördernd wirken. Mit wechselnden Bewegungen, fliessend, langsam, schnell, wird die Geschicklichkeit gefördert, um die Beweglichkeit zu erhalten.
Die Bewegungen sind ausdrucksstark und sollen den Abbau von Stress unterstützen. Mit den schnellen Bewegungen aus den asiatischen Kampfsportarten wird zurückgehaltene Energie freigesetzt. Herz und Kreislauf werden angeregt, ohne den Gelenken zu schaden. Es gibt keine Sprünge, die Übungen werden barfuss ausgeführt. Übungen, die den Körper öffnen und wieder zusammenziehen, regen die Lymphe an, und durch verstärktes Atmen verändert sich die Chemie im Körper. Deshalb werden verschiedene Atemtechniken praktiziert, und dieser Wechsel macht flexibler und hilft, mit Alltagsproblemen und Alltagsstress besser umzugehen. [...]
NIA ist ausgewogen, während einer Lektion von einer Stunde Dauer werden Beweglichkeit trainiert, Muskeln gestärkt, der Atem wird optimiert, es wird meditiert, und man lernt sich zu zentrieren, was das Körperbewusstsein erhöht. Es lohnt sich, diese Stunde regelmässig zu investieren. st
[Zofinger Tagblatt, 21. 12. 1999]

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Der "junge Wilde" zeigt Gelassenheit
Heribert warnt vor Weltuntergangs - Hysterie und fordert verstärkte wirtschaftliche Anstrengungen
Von Carl Dietmar Seit einer Woche hat Köln einen neuen Erzbischof. Was erwarten die Kölner von ihm, wie sieht man ihn nach dieser einen Woche, die er in Köln weilt? Die Stadt ist momentan eine einzige Gerüchtebörse, auf Märkten und Plätzen, auch in der Rheinvorstadt ist der neue, noch jugendlich wirkende Bischof Heribert, der gleichzeitig kaiserlicher Kanzler ist, das Gesprächsthema Nummer eins [...]
Christian, ein Mönch aus St. Pantaleon, den wir am Griechenmarkt treffen, erinnert an den Einzug des Erzbischofs am 24. Dezember [999]: "Es war eine denkwürdige Szene, als er trotz bitterer Kälte barfuß in Köln eingezogen ist. Ich sehe darin eine Geste der Demut, die tiefen Eindruck bei den Gläubigen hinterlassen hat." Der Mönch gehörte zu den Auserwählten, die dabei waren, als Heribert am Weihnachtstag im Dom auf den Stuhl des heiligen Maternus gesetzt wurde und die Bischofsweihe empfing. [...] Heribert selbst hat am Anfang der Woche, bei einem Treffen mit dem Domkapitel und den Vorstehern der wichtigsten Kirchen des Bistums seine Laufbahn in einer launigen Ansprache skizziert: "Geboren wurde ich am Mittelrhein, in der Wetterau, vor 29 Jahren - ich bin also Rheinländer wie ihr." [...] "Mit sieben Jahren musste ich in die Wormser Kathedralschule eintreten, und da hieß es, Latein pauken bis zum Umfallen - Grammatik, Rhetorik, Logik." [...]
"Vor allem seine gestrige Ansprache an das Volk hat Skeptiker eines Besseren belehrt und ihm viele Sympathien eingebracht." Im Domhof sprach Heribert vor Freien und Hörigen, die in den Grundherrschaften des Umlandes ein eher karges Dasein fristen, über die auf dem Land weit verbreitete Endzeitstimmung - und er rief die Gläubigen zu mehr Gelassenheit auf: "Allen, die den Weltuntergang für morgen oder übermorgen voraussagen, halte ich entgegen, dass das erste Jahrtausend seit der Fleischwerdung des Herrn erst am 31. Dezember des Jahres 1000 endet - wir haben also noch ein Jahr Zeit, um uns auf das Jüngste Gericht vorzubereiten. Glaubt ihr denn, ich hätte mich überreden lassen, den Kölner Erzstuhl gerade 'mal für eine Woche zu besteigen?" Kleriker wie Laien lachten - und klatschten erleichtert Beifall [...]
[Kölner Stadt - Anzeiger, 31. 12. 1999]
Belesene - und warme - Füße
Georg


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