Barfuss in London / Nordengland (Hobby? Barfuß! 2)

Kai @, Monday, 20.09.1999, 19:12 (vor 9197 Tagen)

Hi,

mein Urlaub in England war eine gute Gelegenheit, mich auch 'mal außerhalb
bekannten Terrains sohlenlos fort zu bewegen. Zuerst ging es für 6
Tage nach London. Hier war ich erst einmal einen halben Tag mit Sandalen
unterwegs um ein Gefühl für die Stadt zu bekommen und nicht als
erstes nur auf den Boden achten zu müssen. Nach den ersten Stunden,
es war die ganzen Tage herrlich warm und überwiegend sonnig bei 22-27
Grad, wanderten die Sandalen aber in die Rucksack-Netztasche und ich versuchte
mich mal barfüßig auf britischem Boden.

Entgegen den Befürchtungen waren auf dem Pflaster nur ganz wenige
Stellen mit einigen kleinen Scherben und überwiegend konnte ich ganz
normal gehen ohne besonders auf den Boden achten zu müssen. Tower
Bridge-Besichtigung, Themse-Ufer, St-Pauls-Kathedrale, etc. ließen
sich barfuß ohne Problem besuchen. Auch wenn ich in all den Tagen
nur einen einzigen Barfüßler in London herumgehen gesehen habe,
fiel ich bei den Londonern fast gar nicht auf. Die Stadt ist so kosmopolitisch
in ihrem Wesen, daß das Ungewohnte schon zum Gewohnten wird.

Nur an einer einzigen Stelle mußte ich meine Schuhe anziehen:
beim Besuch des unterirdischen ehemaligen "War Rooms", aus welchem die
Briten ihre Truppen im 2. Weltkrieg heraus kommandierten, verlangte ein
Wärter unbedingt Schuhe. Es gab zwar keine Begründung dafür,
eine Diskussion war es mit aber nicht wert und so ging ich halt mal mit
Schuhen runter auf absolut glattem und verletzungsungefährlichem Boden.

Auch öffentliche Verkehrsmittel sind barfuß kein Problem,
weder bei den Bussen, noch in der U-Bahn. Bei letzterer muß man zwar
wie immer etwas bei den Rolltreppen aufpassen, daß man den Absprung
nicht verpennt, ansonsten sind diese aber relativ sauber und gut zu begehen.
Es ist nur recht witzig, wenn man dann in den relativ engen Zügen
sitzt und gegenüber sitzen im klassischen Nadelstreifenanzug gekleidete
Geschäftsleute. Das führt dann schon mal zu etwas verwunderten
Blicken. Verwunderte Blicke und zwei oder drei Kommentare gabe es in meiner
Hörweite nur von Touristen. Die hatten immer die Befürchtung,
daß man ständig in Scherben treten würde. Ein australischer
Touri meinte nur lapidar, daß ich wohl sehr mutig sein müßte,
barfuß in London herumzugehen. Leider ließ er sich nicht vom
Gegenteil überzeugen.

In Geschäften und Kaufhäuser, z.B. Marks und Spencer, war
barfüßiger Einkauf auch kein Problem, auch wenn mir bei M&S
in der Tiefkühlabteilung beinahe die Füße abgefroren wären,
in den ewig langen offenen Tiefkühlregalreihen.

Barfuß eine Stadt zu erkundigen ist im Nachhinein betrachtet viel
angenehmer als mit Schuhen. Zumindest habe ich früher meine Füße
viel eher "gespürt", als dieses Mal, obwohl meine Freundin und ich
täglich ettliche Stunden herumgegangen sind. Ohne Druckstellen und
Hitzestau geht es sich einfach angenehmer.

Auch Abends ließ sich London ganz gut barfuß erkunden. Wir
waren viel im pulsierenden Soho unterwegs, doch trotz Gedränge stieg
mir keiner auf die Zehen und erwischte ich keine Scherbe oder sonstige
scharfkantigen Gegenstände. Allerdings hielt ich hier schon etwas
mehr Blickkontakt mit dem Boden um nicht doch noch Bekanntschaft mit einem
fallengelassenen Bierglas zu machen.

Der zweite Teil des Urlaubs ging in den Lake District (Nordengland)
zum Wandern. Dort war ich dann aber nur noch in der Jugendherberge bzw.
in der näheren Umgebung barfuß unterwegs, da die Wanderungen
meistens über recht groben Schotter bzw. in bergigem Gelände
verliefen. Ich hatte da weniger Angst um meine Fußsohlen, als
vielmehr um die Knöchel bei einem möglichen Abknicken beim begehen
der teilweise sehr rauhen und felsigen Pfade. Da bin ich lieber etwas weniger
puristisch und ziehe mein "Werkzeug" Wanderschuh an, als daß ich
einer der vielen Kunden der lokalen Bergrettung werde.

In der Jugendherberge traf ich dann auch erstmals andere Barfüßler,
denen nach einem Tag in Wanderschuhen der Sinn nach mehr Fußfreiheit
war. Auffälligerweise aber waren es nur männliche Barfüßer,
ansonsten dominierten nackte Füße in Sandalen.

Alles in allem war es ein ganz gelungener, in weiten Teilen barfüßiger
Urlaub, der für mich eine erste schöne Barfußsaison (fast)
abschließt, bevor es vermutlich zu kalt werden wird.

Grüße

Kai


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