Dornstette ein Erfolg - Presseartikel (Hobby? Barfuß! 2)
Hallo zusammen,
nachfolgenden Artikel fand ich heute in der Zeitung. Er beschreibt ganz nett den Erfolg des Barfußpark
Dornstetten, über den hier im Forum ja auch schön öfters geschrieben wurde.
Gruß Kai
aus: Stuttgarter Zeitung, Sa/So 28./29.8.99
Mit konzentrierter Miene durch
Schlamm
Der Schwarzwälder Kurort Dornstetten hat mit
einem Barfußpark unerwartet großen Erfolg
Im Wettbewerb um die Touristen hat sich der Kurort
Dornstetten in der Nähe von Freudenstadt etwas
ganz Besonderes einfallen lassen: einen Barfußpark.
Von Eva Drews
Seltsame Szenen spielen sich seit einigen Monaten
am Rande des idyllischen Nordschwarzwald-Kurorts
Dornstetten-Hallwangen ab. Bis zum letzten freien
Fleck ist der Waldrand vollgeparkt, und rund um die
vielen Autos laufen lauter Menschen herum, die keine
Schuhe tragen. Wagt man sich etwas näher heran,
stößt man auf eine Art Wasserstelle, an der Scharen
darauf warten, sich die Füße zu waschen. Und aus
der Ferne tönen dazu befremdlich hohle Flötenklänge.
Was entfernt an eine Kultstätte erinnern mag, ist in
Wahrheit die allerneueste Einrichtung der
"Infrastruktur Kur'' von Hallwangen, der erste
Barfußpark Baden-Württembergs. Schon auf dem
Parkplatz ziehen sich die Leute die Schuhe aus, um
sich auf ihre Barfußwanderung zu begeben. Die
seltsamen Töne, so wird nach etwa hundert Metern
Weges klar, rühren vom "Wassererlebnisspielplatz''
her, wo man mit einer Pfeifenwippe "nasse'' Musik
machen kann.
Bis zu 1500 Besucher, so schätzt die Leiterin der
Dornstettener Tourismusinformation, Birgit Kristin
Meng, lockt der Park an Spitzentagen an, am
Wochenende seien es etwa 800 bis 1000. Mit einem
solchen Ansturm hatte in Hallwangen keiner
gerechnet. Der Parkplatz ist zum Beispiel viel zu klein,
sodass die Barfüßler schon bei geringem Andrang auf
Feld- und Waldränder ausweichen müssen. Auch vor
dem kleinen Kiosk des Sportvereins, der eigentlich für
die Skifahrer gedacht ist, die im Winter die
Langlaufloipe benutzen, bilden sich regelmäßig
Warteschlangen.
Vor allem Familien tummeln sich auf dem Spielplatz
am Beginn des Barfußpfades, doch nicht nur die
Kleinen sind von dem ungewöhnlichen Spielplatz
begeistert. Auch Väter drehen mit heiligem Ernst an
der "archimedischen Spirale'', die Wasser bergauf
transportieren kann, oder stauen das Nass an dem
Dämmen rund um den so genannten Matschtisch. Die
Mütter stehen derweil in aller Regel daneben und
warten mehr oder minder geduldig, dass es
weitergehen kann. Sie sind aber spätestens dann
wieder bei der Sache, wenn es in die Schlammstrecke
geht. Denn im Anschluss an ein Kneippbecken führt
der Weg etwa zehn Meter lang durch knöcheltiefe
Lehmpampe. Von der Möglichkeit, diesen Breigang zu
umgehen, macht kaum einer Gebrauch. Menschen
jedes Alters stapfen mit konzentrierter Miene, die
Hand am Geländer, durch den Matsch und entsteigen
ihm mit Lehmsocken, die den Schlammgänger noch
Stunden später kennzeichnen.
Die Kneippanlage und der anschließende
Trimm-dich-Pfad waren die Keimzelle des
Hallwangener Barfußparks. Auf der Suche nach einer
neuen Attraktion für den Kurort, der wie alle anderen
auch unter den Gesundheitsreformen der neunziger
Jahre gelitten hat, stieß der Ortschaftsrat auf einen
Barfußparcours im rheinland-pfälzischen Bad
Sobernheim. Die Idee gefiel den Hallwangern.
Zu etwa den 350000 Mark Eigenmitteln trieben sie
etwa 250000 Mark Landesmittel auf. So schlängelt
sich seit dem 21.Mai ein Barfußpfad über rund
zweieinhalb Kilometer vorbei an einer Rasenfläche,
einem privaten Teich mit Plastikreihern und durch
einen Kiefernwald mit Heidelbeerstauden und
Moospolstern. Doch von alledem bekommt man nur
dann etwas mit, wenn man stehen bleibt und sich
umschaut. Ansonsten empfiehlt es sich, den Blick auf
den Weg zu heften. Zwar besteht der Boden des
idyllischen Pfades über weite Strecken hinweg aus
weichem Rindenmulch, doch immer wieder gibt es
Abschnitte aus anderen Materialien. Kopfsteinpflaster
und Holzbohlen sind ebenso dabei wie kleine und
große Kiesel, rund oder kantig. Je nach Untergrund
kann da der etwa einstündige Spaziergang für
Ungeübte schon mal zum Eiertanz geraten.
Sinn und Zweck des Ganzen ist unter anderem, die
Blutzirkulation in den Beinen zu verbessern, die
Reflexzonen in den Fußsohlen zu massieren und
motorische Fähigkeiten zu trainieren. Genau aus
letzterem Grund ist Marita Bojen mit ihrem Sohn
Daniel aus dem Emsland hier. Daniel leidet an einer
linksseitigen Spastik - für ihn ist das Barfußgehen
eine gute Übung. Abgesehen davon macht es ihm
aber auch noch Spaß. "Vor allem die Pfützen'', sagt
er.
Und warum? "Da wird man dreckig.''
Erlaubtermaßen im Dreck herumzumarschieren
scheint für viele Kinder auf diesem riesigen
Abenteuerspielplatz eine wahre Wonne zu sein. "Ey,
das ist ja cooler Matsch hier'', kräht mit strahlendem
Gesicht ein etwa dreijähriges Mädchen im adretten
Blümchenkleid. Kaum eine Lache, kaum eine
matschige Ecke am Wegesrand, in der nicht kleine
Fußspuren zu sehen wären. Die Großen dulden das
Treiben währenddessen amüsiert und balancieren auf
Moospolstern um den Matsch. Die Erleichterung, zu
Hause eine Waschmaschine zu wissen, steht ihnen
ins Gesicht geschrieben. Bei den Kindern stößt so
wenig Interesse am Dreck auf wenig Verständnis:
"Mann, die Erwachsenen stellen sich echt blöd an'',
erklärt eine Neunjährige ihrer Freundin auf der Jagd
nach dem nächsten Matsch, "die gehen überall
drumrum.''
Quelle: Stuttgarter Zeitung, 28./29.8.99