Kleine Anläufe III: Barfuß zur Tagung (Hobby? Barfuß! 2)
Hi zusammen,
letztes Wochenende fuhr ich auf eine Tagung bei der ev. Akademie in
Tutzing. Nach den Barfuß-Erfahrungen der letzten Wochen war auch
relativ schnell klar, daß ich das Wochenende im Wesentlichen (vielleicht
sogar ganz) barfuß verbringen wollte.
Gedacht, nochmals darüber nachgedacht .... getan! Barfuß
ging es mit der S-Bahn nach Stuttgart - die ersten etwas erstaunten Blicke
einiger Jugendlicher, aber keine Kommentare. Im Zug nach München sahen
einige Leute im EC schon etwas verwunderter aus. Ich kann da die Fahrgäste
schon verstehen: Es wirkt in einem klimatisierten Großraumwagen wirklich
etwas ungewohnt, einen Erwachsenen in ansonsten "normaler" Kleidung barfuß
zu sehen, insbesondere wenn dieser beim Verlassen des Platzes nicht etwa
einfach die vermeintlich ausgezogenen Schuhe wieder anzieht, sondern barfuß
durchs Abteil "stiefelt". Vor einigen Monaten hätte ich mir da sicher
auch den einen oder anderen befremdlichen Gedanken gemacht.
Meine Freundin, bereits vorausgefahren, erwartete mich in München-Pasing,
von wo aus wir dann die Regionalbahn nach Tutzing nahmen. Sie ist meine
Barfüßigkeit zwar schon so langsam gewohnt, daß ich barfuß
auf Reise gehe war aber dann doch etwas ungewohnt für sie (und für
mich zugegebenermaßen auch!). Aber sie läßt mir da meinen
Willen und ich ihr ihren. Sie fragt mich nur immer, ob der Boden nicht
unangenehm (Kies, Splitt) wäre oder zu heiß. Ansonsten hat sie
keine Probleme damit, einen Barfüßer neben sich zu haben.
Bei der Tagung waren dann etwa 80 TeilnehmerInnen, ca. 4/5 Frauen, die
meisten unter 35. Mit Ausnahme einiger, die am See die Schuhe auszogen
(Tutzing liegt am Starnberger See, südlich von München), war
ich der einzige Barfüßer wähend des ganzen Wochenendes.
Sehr viele trugen allerdings sockenlos Sandalen, ließen sich aber
nicht von mir anstecken, die Schuhe ganz auszuziehen. Die Männer trugen
dafür in der Mehrzahl normale Straßenschuhe und Socken, also
so ziemlich das Gleiche, was sie vermutlich auch im Herbst und Winter bei
einer solchen Tagung getragen hätten wenn es deutlich kälter
wäre. Deren Füße dürften ganz schön dampfgegart
worden sein.
Natürlich fiel ich barfüßig auf und es sprachen mich
auch mehrere Leute an. Ich hatte aber den Eindruck, daß Barfußlaufen
etwas in die Rubrik "skuril" fiel, nicht aber als realistische Geh-Alternative
angesehen wurde. Netterweise wurde ich aber bei Gesprächen in den
Kaffepausen im Freien hin und wieder gefragt, ob ich mich lieber auf die
Wiese stellen möchte, anstatt auf dem Kiesweg zu stehen. Auch wenn
die Wiese deutlich bequemer als der Kiesweg war, schlug ich diese netten
Angebote meistens aus - irgendwo wollte ich ja auch demonstrieren, daß
Barfußlaufen eben nicht nur für die Wiese, den Strand oder das
Wohnzimmer taugt, sondern durchaus alltagstauglich ist.
Für die Modeinteressierten: Ich trug ansonsten übrigens eine
weiße Jeans und kurzärmliche Hemden. Ich hatte zwar zuerst eine
kurze Hose anziehen wollen, fand aber dann für die Tagung eine lange
Hose passender. Außerdem war damit auch klar, daß ich barfuß
nicht aus temperaturgründen ging.
Ich hatte es früher schon mal geschrieben: junge Frauen scheinen
im Gegensatz zu den späten Achtziger / frühen Neunziger Jahren
deutlich barfußskeptischer zu sein, einhergehend mit einem gestiegenen
Modebewußtsein. Die Beobachtung einiger Forumsteilnehmer/innen, daß
mehr Männer als Frauen barfuß gesehen werden, bestätigte
sich in den Reaktionen der Tagungsteilnehmer/innen (auch wenn die Stichprobe
durch den deutlich höheren Frauenanteil verzerrt ist).
Auch schien mir, daß etwas ältere Leute (hier meine ich
jetzt Leute jenseits der 40, also ca. 10 Jahre älter als ich) deutlich
legerer auf meine Barfüßigkeit reagierten, sie überwiegend
negierten.
Insgesamt verbrachte ich ein sehr angenehmes Barfuß-Wochenende
bei dieser Tagung. Wie in einem kleinen Dorf kannte bald jede/r jede/n
und meine Barfüßigkeit wurde offensichtlich als Teil meiner
Persönlichkeit angesehen. Würde ich Teilnehmer/innen nochmals
treffen, bekäme ich sicher die Frage (sollte ich dann gerade Schuhe
tragen), warum ich nicht barfuß bin.
Zurück mußte ich dann aber leider doch leichte Segeltuch-Schuhe
anziehen, da der Asphalt sich in der hochsommerlichen Mittagssonne ziemlich
erhitzte. Doch im Zug konnte ich mich dann wieder von den Schuhen befreien.
Im Zug fielen mir dann auch mehrere Leute auf, überwiegend in
kurzen Hosen, die auch ihre Schuhe ausgezogen hatten, die Socken aber anbehielten
und teilweise dann auch in Socken rumliefen. Rein optisch nach meinem ästhetischen
Empfinden ein Graus: kurze Hose und Socken.
Alles in allem - ein angenehmes Wochenende: eine erste Zugfahrt barfuß
gemacht, erstmals eine (teil-)öffentliche Veranstaltung barfuß
teilnehmend bestritten und die eigene Barfuß-Grenze wieder ein Stückchen
weiter rausgeschoben.
Macht's gut
Kai