Broder Johannes' Ode ans Barfußlaufen Teil 2 - Der Staatsempfang (Hobby? Barfuß! 2)

Bruder Johannes @, Friday, 09.07.1999, 11:51 (vor 9270 Tagen)

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Werte Forums-Leser!

Meine heutigen Erlebnisse bei einem Staatsbesuch habe ich zu einer
neuerlichen Ode verarbeitet:

Steh ich auf ganz in der Früh'
in meinem großen Schloß Bellevue

sagt meine Frau: "Ach, Bruder Joh,
die Füße sind bloß, das macht dich froh!"

Ich geb' ihr recht und stehe auf
und mach barfuß einen Dauerlauf

auf meines Schlosses weiten Wiesen
wo schon die Blümchen heftig sprießen

Dann sagt die Haushälterin, die gute Trine:
"Joh, zieh dich an, du hast Termine"

Dann ist's vorbei mit Entspannung und Ruh'
ich muß mich einzwängen in meine Schuh

Das ist mir aber gar nicht recht
denn mit Schuhen läuft sich's nun mal schlecht

Schuhe zu tragen finde ich unnatürlich
doch barfuß zu laufen ist für mein Amt ungebührlich

Dann schlüpf ich also widerwillig in meine Schuhe rein
und steige in meinen Dienstwagen ein

Und auf dem Weg, so auf der Straße
gucke ich verloren durch's Fensterglase

Und plötzlich ruft da mein Chauffeur:
"Bruder Johannes, hör doch, hör!"

Ich gucke hin und gucke her
und frag ihn: "Was ist dein Begehr'?"

Er sagt: "Siehst du die Leute da, oh Mannomann
die haben keine Schuhe an!"

Ich sag zu ihm: "Ohne Schuh' ist's bequemer,
diese Leute sind sicherlich Forumsteilnehmer.

Humorvoll, freundlich, immer nett
ich kenne sie aus dem Internet."

Er registriert's und er fährt weiter
doch mir wird's langsam nicht mehr heiter

Langsam wird mir Angst und Bang'
vor dem blöden Staatsempfang

Nicht etwa vor den Staatsministern,
nein, meine Lackschuh tun so knistern.

Sie sind halt wirklich unbequem
ich möcht' so gerne barfuß geh'n.

Während des Staatsessens halt ich's nicht mehr aus
und zieh' heimlich unter dem Tisch meine Schuhe aus.

Der Staatsgast, so merke ich, guckt ganz gequält
ich frage mich, welcher Gedanke ihn beseelt

Bei Gelegenheit frage ich ihn dann
ob ich ihm vielleicht helfen kann

Er sagt: "Mein Schuhwerk, das hat seine Tücken
es tut an jeder Stelle drücken!"

Um acht Uhr, es wird gerade zum Zapfenstreich geblasen
verschwinden wir heimlich und gehen zum Rasen

und entledigen uns uns'rer Schuhe
jetzt haben wir vom Drücken Ruhe!

Entledigt von Schuhen und Gedanken an Gut und Geld
träumen wir von einer besseren Welt

Mit ganz, ganz vielen Barfußläufern
und ganz, ganz wenig Schuhekäufern

Der Staatsgast kam auch als Repräsentant
von einem großen Schuhfabrikant

Doch nun nehmen wir Schuhe auf, baldigst schon
in die Liste der Folterwerkzeuge der Genfer Menschenrechtskonvention

Neun Uhr, der Empfang ist vorbei, der Chauffeur muß mich abholen
ich steige ins Auto mit ganz schmutzigen Fußsohlen

Ich fang an zu dichten, denk mir aus meine Oden
mit nackten Füßen auf dem Boden

Und weiß, vor dem Gang ins Bett
gehe ich noch mal ins Internet

Und mache mit meiner Dichtung heute
den Forumslesern eine kleine Freude.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Ihr

Bruder Johannes

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