Dazu paßt ein Bericht, der gestern im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung zu lesen war. Dort wird nämlich behauptet, daß sich für die Wertkauf-Kunden durch die Übernahme von WalMart (noch) nicht viel geändert habe. Da der Münchner Wertkauf als Beispiel genannt wird, kommt noch hinzu, daß die bayerische Mentalität Richtungswechsel noch weniger verkraftet, möglicherweise ist man da im Norden "fortschrittlicher".
In dem Bericht steht, daß sich die Amerikanisierung der Kette derzeit vor allem bei den Mitarbeitern, Einkaufsbedingungen etc, also firmenintern, auswirkt und die Amerikaner auch erkennen mußten, daß sich die amerikanischen Verhältnisse nicht 1:1 auf Deutschland übertragen lassen, schon allein aus (wettbewerbs-) rechtlichen Gründen.
Ich kann mir daher auch kaum vorstellen, daß ausgerechnet die Kleiderordnung der Kunden als erstes den amerikanischen Verhältnissen angepaßt wird. Du hast wahrscheinlich einfach nur Pech gehabt an den Falschen zu geraten. Im Best-Of kannst Du auch von einem Pärchen lesen, das in Würzburg barfuß nicht in ein Einkaufszentrum gelassen wurde; in Deutschland zwar eher die Ausnahme, kann aber trotzdem passieren. Meine Meinung ist ja immer noch, daß man das Hausrecht dann auch respektieren soll, vor allem, wenn man freundlich behandelt wird. Wer sich gar zu sehr ärgert, sollte sich direkt an die Geschäftsleitung wenden und um Gründe für das Verhalten bitten, da fallen Argumente für das Barfußlaufen möglicherweise eher auf fruchtbaren Boden als bei den Angestellten, die nur irgendwelchen Anweisungen folgen.
Normalerweise sind derartige Geschäfte - zumal in Großstädten - nicht unbedingt mehr mein Barfuß-Terrain, aber ich erklär mich im Sommer gerne bereit die Akzeptanz im Münchener Wertkauf mal zu testen. Aber vielleicht gibt es ja auch schon andere Erfahrungen.
Noch ein paar Worte zu den Amerikanern: Deren Moral-, Ethik- und Gesellschaftsvorstellungen sind für einen gesunden (Mittel-) Europäer in der Tat oft nur schwer nachzuvollziehen. Ich war im Herbst 1998 mit meiner Freundin drei Wochen im Südwesten unterwegs und bin kaum barfüßig gewesen, weil ich weder in großen Städten noch auf unbekanntem natürlichen Terrain (auf gut deutsch: in den Nationalparks) barfuß laufe, das gilt allerdings nicht nur für die USA. Hätte ich dieses Forum und vor allem die DSS mit ihren Problemen da schon gekannt, wäre ich allerdings schon aus Provokationslust barfuß in den ein oder anderen Supermarkt gelaufen, so mich meine Freundin gelassen hätte
Meine Barfüßgikeit haben sich so auf das Autofahren und den ein oder anderen kurzen Photostopp an der Strecke beschränkt. An den Tankstellen habe ich bei Sichtung der "No shirt, no shoes, no service"-Schilder mit der Kreditkarte am Automaten bezahlt, statt mir umständlich für eine halbe Minute die Schuhe anzuziehen. Im übrigen wird auch in den USA nicht alles so heiß gegessen wie's gekocht wird. Wenn ich denn wirklich mal zwanzig Meter barfuß unterwegs war, habe ich genauso wenig Aufsehen erregt, wie in Deutschland, und auch die Highway-Patrol, die im erzkonservativen Arizona direkt neben uns ihr Auto betankt hat (übrigens an so einer "No shirt, no shoes, no service"-Tankstelle), hat meine nackten Füße zwar zur Kenntnis genommen, aber weder schief geguckt, noch etwas gesagt, noch mich vom barfüßigen Autofahren abbringen wollen.
Ich bin auch der festen Überzeugung, daß in Amerika vor allem ästhetische Gründe zur Ablehnung der öffentlichen Barfüßigkeit führt, außerdem werden nackte Füße wohl oft als Respektlosigkeit empfunden, "der Amerikaner" hat eben oft ein gestörtes Verhältnis zu seinem Körper. Alle anderen Gründe (Hygiene etc.) sind bloß vorgeschoben und letztendlich auch nicht haltbar. An der Poolbar unseres Luxus-Hotels in Las Vegas haben wir ohne Probleme unser Drinks barfüßig bekommen, weil im Poolbereich natürlich fast alle barfuß unterwegs waren - sollte hier auf einmal die Hygiene/Gesundheit keine Rolle spielen? Über Geschmack hingegen läßt sich natürlich streiten. Während in Amiland nackte Füße als Geschmacklosigkeit gelten, empfand ich die in den USA dank Fast-Food üblichen 4-Zentner-Monster, die sich in viel zu engen kurzen Hosen auch abends durch die Casinos und feinen Restaurants wabbelten, als grobe Geschmacksbeleidigung. Die hätten wenigstens lange Hosen tragen können, in Südeuropa wären die so wiederum in kein Restaurant gekommen! Da ist doch eine (normalgewichtige) barfüßige Frau im hübschen Cocktail-Kleid passender angezogen, oder?
Aber so ist das nunmal: Andere Länder, andere Sitten.
Serfuß,
Jörg