"Barfüßerkariere" (Hobby? Barfuß! 1)

Jörg (Hanna), Wednesday, 16.12.1998, 01:06 (vor 9431 Tagen) @ Georg

Hi Georg,

zunächst einmal herzliche Grüße in die alte Heimat nach Kölle, ich habe da nämlich 5 Jahre gelebt. In Köln gibt es doch auch "Bläck Föös" oder :-)

Ich habe immer noch und weiterhin den Eindruck, daß es in der Bundesrepublik regionale Unterschiede in der Akzeptanz des Barfußlaufens gibt. Bayern gehört offenbar zu den barfußfreundlichsten Landstrichen. Ob die Lehren des bayrischen Pfarrers Kneipp dort mehr Beachtung finden als anderswo ?

Ob es an Kneipp liegt, weiß ich nicht, aber regionale Unterschiede was Toleranz und Akzeptanz angeht gibt es auf jeden Fall und die gelten bei weitem nicht nur für's Barfußlaufen. Auch wenn die Bayern zum großen Teil sehr konservativ sind, sind sie auf der anderen Seite doch auch sehr fortschrittlich ("Laptop und Lederhose") und tolerieren im großen und ganzen alles, was ihre Ordnung nicht stört und das schaffen nackte Füße dann doch nicht. Natürlich signalisieren auch bayerische Gehirne ihren Trägern beim Auftreten eines Barfüßigen im Gesichtsfeld: "Hey, da stimmt was nicht, schau'n mer mal genauer hin", aber während in Bayern die Reaktion "ah, bloße Füße" ist, scheint andernorts die Reaktion heftiger zu sein.

Hast Du Deine Freude am sommerlichen Barfußlaufen schon früh(er) entdeckt und gepflegt - oder ist es eher eine neue "Erkenntnis" ?

Tja, das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Daheim bin ich (im Sommer) eigentlich schon immer barfuß unterwegs gewesen. Von der "Norm" abgewichen bin ich dann so ab 14, als meine Eltern ein ganzes Haus mit Garten gemietet haben. Im Gegensatz zum Rest der Familie bin ich da nämlich auch im Garten barfuß rumgelaufen und habe das mehr oder weniger sinnliche Gefühl dabei schätzen gelernt. Wobei mir (Achtung, jetzt kommt was für's Best-Of!) meine Abneigung gegen Sandalen entgegenkam. Jawohl, Du hast richtig gelesen, ich hatte schon immer (bis heute) eine starke Abneigung gegen Sandalen! Ich finde, die Dinger sehen einfach furchtbar aus, von einigen eleganten Sandaletten oder offenen Schuhen für Frauen einmal abgesehen. Je gesünder die Sandalen aussehen, desto schlimmer! Frag' mich bloß nicht, warum das so ist, ich weiß es selber nicht. Die Konsequenz daraus war und ist, daß ich endweder in geschlossenen Schuhen oder barfuß gehen muß (ganz oder gar nicht sozusagen). Letzteres hat sich dabei zunächst auf Haus und Garten beschränkt.

Barfuß in die Schule oder in der Öffentlichkeit abseits vom Freibad ist in Osthessen (ich bin in der Nähe von Fulda aufgewachsen) absolut "anormal" und quasi unbekannt. Zu Schulzeiten hatten wir in der Klasse genau ein Mädchen, das (ganz selten) mal barfuß auftauchte. Sie sympathisierte aber im erzkonservativen und erzkatholischen Landkreis Fulda zu den damals gerade groß werdenden Grünen und ihre Barfüßigkeit passte somit gut ins Klischee. Im Nachhinein bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ob ich ihr diese Freiheit nicht damals schon geneidet habe.

Wenn man in der Provinz aufwächst, beginnt das eigentliche Leben erst mit dem Führerschein und vom Garten zum Auto vor'm Haus war's nur ein kleiner barfüßiger Schritt. Autogefahren bin ich somit eigentlich von Anfang an barfuß. Und die logische Folge war, daß ich auch an Tankstellen irgendwann mal ohne Schuhe zum Kassenhäuschen gegangen bin, ist ja auch Blödsinn, sich nur für's Tanken die Schuhe zu schnüren (wie gesagt, Sandalen sind seit meiner Kleinkindzeit kein Thema). Konsequenterweise war mein erstes Einkaufs-Barfuß-Erlebnis auch der örtliche Zubehörhandel für Autos. Neben den Tankstellen war das auch das erste Mal, daß ich mir zum Barfußlaufen einen Ruck geben mußte. An die Reaktionen der anderen im Laden habe ich aber nach über 10 Jahren keine Erinnerung mehr, es kann daher nicht so wild gewesen sein...

Nach einer barfußlosen Zeit bei der Bundeswehr habe ich in Köln studiert, wo ich bei entsprechendem Wetter im Studentenwohnheim auch barfuß unterwegs war. Da ich am technischen Teil der FH gewohnt und studiert habe, war der Männeranteil im Wohnheim recht groß und der Barfüßeranteil extrem klein, trotzdem hatte ich nie den Eindruck, großes Aufsehen zu erregen. In der Kölner Innenstadt war ich allerdings nie barfüßig unterwegs, vor allem weil mir die Zentren der Großstädte immer zu dreckig sind (gilt auch für München). Beim typ. Geruch aus dem U-Bahn-Schacht vergeht mir bis heute jede Lust auf's Barfußlaufen. Zu den Rheinwiesen oder in den Rheinpark bin ich aber oft barfuß geradelt, auch in den Getränkeabholmarkt (das einzige, was ich in Köln mit dem Auto geholt habe).

Extensiver wurde die Barfußlauferei eigentlich erst in Bayern (wo ich seit knapp vier Jahren arbeite), paradoxerweise gerade durch meinen Beruf, aber das ist eine Geschichte für spätere Postings. Fall überhaupt jemand bis hierhin gelesen hat ;-)

PS :
Ich bin über die DSS vor drei Tagen auf euer Forum gestoßen und habe mich mit Vergnügen durch einige Postings geklickt.
Wie war der Weg da genauer ? Über die Homepages von Andreas bzw. Lorenz oder .... ?

Auf die DSS bin ich Anfang letzter Woche durch eine Suchmaschine gestoßen, von dort ging's über Andreas' Homepage zu euch. Naja, und hier bin ich jetzt wohl hängengeblieben :-)

Jörg


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