Im Schnee barfuss in Zürich (Hobby? Barfuß! 1)
Ich hatte geplant, diesen Sonntag sowohl die stattfindende
Computer-Börse, sowie den Antiquitätenmarkt barfuss zu be-
suchen. Schliesslich muss man ja etwas bieten, wenn man hier
mitmacht!
Vorgestern und gestern hatte es ziemlich geschneit, bei Tem-
peraturen um 0 Grad. Heute morgen war es etwa 1-2 Grad warm,
respektive kalt. Ich machte mich also auf die Socken - äh
Sohlen und lief durch den Schnee zur Strassenbahnhaltestel-
le. Unterwegs treffe ich einen Kunden, der mir schweres
Siechtum prophezeit. "Er laufe auch gern barfuss, aber nicht
bei solchen Bedingungen. Klar, ich haette es auch lieber
etwas waermer!
Das Tram kommt, ich steige im Seefeld ein und fahre bis
Bürkliplatz. Von dort sind es noch einige hundert Meter zu
laufen bis zum Kongresshaus, fast alles durch den Schnee.
Ich bin froh, als ich endlich dort eintreffe. Augenblicklich
friere ich nicht mehr.
Kaum angelangt, treffe ich dort meinen Bruder, der 13 Jahre
jünger ist als ich. Er kennt mich, er ist also überhaupt
nicht überrascht, weil ich trotz Schnee barfuss bin.
Ich mache meine Einkäufe, dann trinken wir Kaffee im Gebaeu-
de, in einem sehr vornehmen Lokal. Ich falle nicht auf, in
Zuerich ist einfach alles moeglich. Selbst eine im Winter
splitternackt durch die Stadt trabende Gruppe Jugendlicher
oder ein Total-Nackt-Protest gegen Pelztragen, ebenfalls
im Winter, wurde durch die Polizei nicht gestoert und die
Leute hatten ihre helle Freude. Aber das war letztes Jahr, nicht heute.
Etwas spaeter marschierte ich dann forschen Schrittes in
Richtung Bahnhofstrasse, wo bald meine Strassenbahn ein-
traf, mit welcher ich an die Zuespa beim Hallenstadion fuhr.
Ich loeste meine Eintrittskarte und war dann etwa drei Stun-
den an der Antiquitaetenmesse. Viele kennen mich dort, vom
Flohmarkt her, wo ich seit ueber 20 Jahren fast immer bar- fuss herumlaufe. Einmal bei strahlender Sonne aber nur 4
Grad Celsius redeten alle um mich herum von ihren kalten
Fuessen, waehrend ich zwar auch nicht schwitzte, aber sicher
nicht so fror wie die Beschuhten rund um mich herum.
Jetzt bedaure ich nur, dass ich schon 63 Jahre alt bin, so.
dass ich das Barfusslaufen nicht mehr so lange geniessen
kann wie Ihr!
Nachdem ich auch an dieser Messe einiges eingekauft hatte,
marschierte ich wieder Richtung Haltestelle und fuhr bis zum
Hauptbahnhof. Dort spazierte ich durch den Weihnachtsmarkt,
besorgte mir eine Zeitung und dann gings heimzu, nochmals
mit der Strassenbahn. Die letzten 200m musste ich nochmals durch den Schnee. Ich war dann doch froh, als ich schwer
beladen mit meinen Einkaeufen endlich wieder zuhause anlang-
te.
Ich bin froh, dass ich das alles wirklich barfuss gemacht
habe. Es ist schon vorgekommen, dass ich wegen schlechter
Witterungsverhaeltnissen ploetzlich kneifte und mich danach
fuerchterlich aergerte. Wenn ich mal Schuhe anhabe, das
heisst Sandalen oder hinten offene "Clogs", dann behalte ich
sie auch an. Irgendwie finde ich es idiotisch, mit den Schu-
hen in der Hand einen echten Barfuessler zu mimen.
Ich habe heute einige Lacher geerntet, aber sie waren nicht
boesartig. Einer hat mir ein Paar Schuhe offeriert, zu 25
Franken. Als ich sagte: "Ich brauche keine", ging das Ge-
laechter los. Mir machte es nichts aus, es haette mich eher
gestoert, wenn ueberhaupt niemand reagiert haette. Das waere
fast wie eine Zirkusvorstellung ohne Applaus gewesen.
Jetzt wuensche ich Euch allen echt kalte Fuesse!
Roli